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28. Dezember 2019
Anfechtungsfrist bei Abstammungsfragen: Die Frist zur Anfechtung der Vaterschaft kann durch Drohungen und Loyalitätskonflikte gehemmt sein

Bei Kindern geht die gesetzliche Vermutung generell davon aus, dass ein Kind, das von einer verheirateten Frau geboren wird, von ihrem Gatten abstammt. Da das jedoch bei weitem nicht immer der Fall ist, können sich diverse Probleme ergeben. Mit einer dieser Herausforderungen wurde im folgenden Fall das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) betraut.

Ein wesentliches Problem ist bei Vaterschaftsfragen die gesetzlich geregelte Frist zur Anfechtung der Vaterschaft. Wer die Vaterschaft eines Kindes anfechten möchte, muss seinen entsprechenden Antrag binnen zwei Jahren bei Gericht einreichen. Die Frist läuft ab dem Zeitpunkt, zu dem der Anfechtungsberechtigte von jenen Umständen Kenntnis erlangt, die gegen die Vaterschaft sprechen. In diesem Zusammenhang ist natürlich zu prüfen, wann der mutmaßlich Gehörnte diese Kenntnis erlangt hat.

Im hier behandelten Fall war die Lage eine andere. Die Kindesmutter war von ihrem Mann getrennt und lebte mit dem Vater des 2013 geborenen Kindes zusammen. Der damit zwar leibliche, aber nicht rechtliche Vater hätte zwar die Ehelichkeit des Kindes anfechten können, tat dies aber ebenso wenig wie alle anderen Beteiligten. Erst 2017, als sich die Mutter und der leibliche Vater trennten, entschloss sich dieser, das Verfahren doch noch einzuleiten. Die Verzögerung von deutlich mehr als zwei Jahren begründete er damit, dass die Frau und Kindesmutter ihm immer gedroht habe, jeglichen Kontakt mit dem Kind zu unterbinden, sobald er das Anfechtungsverfahren betreibe.

Amts- und Oberlandesgericht wiesen den Anfechtungsantrag des Mannes zunächst als verspätet zurück. Sie wiesen auch darauf hin, dass ihm in seiner Situation schließlich ein Umgangsrecht zustehe – mit oder ohne Anfechtungsverfahren. Das BVerfG sah den Sachverhalt jedoch anders. Da das Kind in der gegebenen Situation eventuell in einen erheblichen Loyalitätskonflikt geraten wäre, könne es durchaus sein, dass das Verhalten des Mannes zu akzeptieren sei, indem von einer Hemmung der Anfechtungsfrist ausgegangen werden müsse. Da die Einzelheiten des Vortrags des Mannes aber bisher von den Vorinstanzen nicht geprüft wurden, wurden die Akten an die Vorinstanz zur weiteren Prüfung zurückgegeben.

Hinweis: Wie auch immer dieser Fall endet: Es sollte zur eigenen Sicherheit stets darauf geachtet werden, die Anfechtungsfrist einzuhalten.

Quelle: BVerfG, Beschl. v. 12.08.2019 – 1 BvR 1742/18

Thema: Familienrecht