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Diskriminierung unehelicher Kinder: EGMR rügt Deutschland wegen der Ungleichbehandlung nichtehelicher Kinder im Erbrecht

Inzwischen ist es nicht mehr unüblich, dass unverheiratete Partner gemeinsam Kinder bekommen. Lange Zeit waren nichteheliche Kinder jedoch nach dem deutschen Erbrecht benachteiligt und von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen, so dass ihnen kein Pflichtteil zustand.

Durch eine Gesetzesänderung im Jahr 1998 wurde die Unterscheidung zwischen ehelichen und nichtehelichen Kindern aufgehoben. Dies gilt jedoch nicht für nichteheliche Kinder, die vor dem 01.07.1949 geboren worden sind.

Eine Frau wurde 1940 als nichteheliches Kind geboren. Ihr Vater, der sie anerkannt hatte, verstarb im Januar 2009. Nach dem damals geltenden deutschen Erbrecht konnte sie keine Rechte am Erbe ihres Vaters geltend machen, da das Gesetz vorsah, dass vor dem 01.07.1949 geborene, nichteheliche Kinder erbrechtliche Ansprüche nur gegenüber ihren Müttern und deren Verwandten zustanden – nicht jedoch gegenüber ihren Vätern.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat entschieden, dass die Frau durch diese Regelung in ihren Rechten aus Art. 14 (Diskriminierungsverbot) in Verbindung mit Art. 8 (Recht auf Achtung des Familienlebens) der Europäischen Menschenrechtskonvention verletzt wurde. Die Richter wiesen darauf hin, dass Gründe wie Rechtssicherheit und Vertrauensschutz eine solche Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen können. Das Gericht wird noch darüber entscheiden, ob der Frau eine Entschädigung zusteht.

Hinweis: Das deutsche Erbrecht war bereits wegen einer früheren Entscheidung des EGMR aus dem Jahr 2009 geändert worden, so dass nichteheliche Kinder, die vor dem 01.07.1949 geboren worden sind und deren Väter nach dem 29.05.2009 gestorben waren, ehelichen Kindern gleichgestellt waren. Das aktuelle Urteil ist zwar noch nicht rechtskräftig, aber es ist zu erwarten, dass die deutschen erbrechtlichen Regelungen im Hinblick auf uneheliche Kinder erneut angepasst werden und dann auch nichteheliche Kinder, deren Väter vor 2009 gestorben sind, erbberechtigt sind.

Quelle: EGMR, Urt. v. 09.02.2017 – 29762/10
Thema: Erbrecht

Kollision mit Überholer: Wer ein Grundstück befährt oder verlässt, den treffen besondere Sorgfaltspflichten

Kommt es im unmittelbaren zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit dem Ein- oder Ausfahren aus einem Grundstück zu einer Kollision mit dem fließenden Verkehr, spricht der Beweis des ersten Anscheins für ein Verschulden des Ein- bzw. Ausfahrenden.

Vom Gelände einer Schlachterei kommend wollte ein Verkehrsteilnehmer rechts abbiegen. Als er sich bereits auf der Fahrbahn befand, kam es zu einer Kollision mit einem von rechts entgegenkommenden Fahrzeug, das gerade eine Radfahrerin überholte. Unklar blieb, wie weit der Abbiegende bereits auf der Fahrbahn gefahren war, als es zur Kollision kam. Der Abbiegende verlangte von dem entgegenkommenden Pkw-Fahrer Schadensersatz.

Das Landgericht Kiel hat die Schadensersatzansprüche abgelehnt, weil der Verkehrsunfall allein von dem Abbiegenden verursacht wurde. Dieser habe sich beim Abbiegen so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Kommt es im unmittelbaren zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit dem Ein- und Ausfahren zu einer Kollision mit dem fließenden Verkehr, spricht der Beweis des ersten Anscheins für ein Verschulden des Ein- bzw. Ausfahrenden. Er kann sich dabei nicht darauf berufen, dass der Entgegenkommende nicht hätte überholen dürfen. Überholverbote bezwecken nicht den Schutz des aus einem Grundstück in die Fahrbahn einfahrenden Verkehrsteilnehmers. Das Vorfahrtsrecht der auf der Straße fahrenden Fahrzeuge gegenüber einem auf eine Straße Einfahrenden gilt grundsätzlich für die gesamte Fahrbahn. Der aus einem Grundstück kommende Fahrer muss sich darauf einstellen, dass der ihm gegenüber Vorfahrtberechtigte in diesem Sinne von seinem Recht Gebrauch macht.

Hinweis: Das Urteil macht deutlich, welche besonderen Sorgfaltspflichten an denjenigen gestellt werden, der ein Grundstück verlässt. Er darf sich nicht nur nach links absichern, sondern muss auch den von rechts kommenden Verkehr beobachten, insbesondere daraufhin, ob Fahrzeuge möglicherweise zum Überholen ansetzen. Gleiches gilt im Übrigen auch für denjenigen, der vom Fahrbahnrand anfährt.

Quelle: LG Kiel, Urt. v. 13.05.2016 – 1 S 2/15
Thema: Verkehrsrecht

Verliehene Rotkreuzschwester: Jahrzehntelange Beschäftigungspraxis stellt verbotene dauerhafte Arbeitnehmerüberlassung dar

Dass es sich beim Tätigwerden von Rotkreuzschwestern um Leiharbeit handelt, hätte wohl auf Anhieb niemand vermutet.

Es ging um Krankenschwestern, die für das Deutsche Rote Kreuz als Mitglied einer DRK-Schwesternschaft tätig waren. Ein Krankenhaus wollte eine solche Rotkreuzschwester einsetzen. Der Betriebsrat des Krankenhauses verweigerte aber seine Zustimmung, da es sich seiner Ansicht nach um eine verbotene dauerhafte Arbeitnehmerüberlassung handeln würde. Das damit befasste Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) die Frage gestellt, ob auch die Überlassung solcher Vereinsmitglieder, wie hier der DRK-Schwestern, Leiharbeit darstellen würde. Der EuGH hatte das im Grundsatz bejaht. Deshalb urteilte das BAG nun, dass der Betriebsrat die Zustimmung zur Einstellung der Krankenschwester zu Recht verweigert hatte, da es sich tatsächlich um Arbeitnehmerüberlassung handelte.

Hinweis: Seit Jahrzehnten ist die Beschäftigung von Rotkreuzschwestern in Krankenhäusern gut gegangen. Doch so einfach geht das jetzt nicht mehr. Unter Umständen wird der Gesetzgeber diesen Zustand korrigieren müssen.

Quelle: BAG, Beschl. v. 21.02.2017 – 1 ABR 62/12
Thema: Arbeitsrecht

Facebook löscht Unterhalt: Offensiv dargestellte neue Beziehung kann Anspruch auf Trennungsunterhalt verwirken

Trennen sich Ehegatten, ist zu prüfen, ob einer dem anderen Unterhalt zahlen muss. Einer der Gründe, aus denen der Unterhaltsanspruch entfallen kann, ist der, dass eine neue verfestigte Lebensgemeinschaft vorliegt. Diese nachzuweisen, ist nicht immer leicht. Aber das Internet und dessen Soziale Medien können helfen.

Zu entscheiden war folgender Fall: Der Mann war nach der Trennung bedürftig und erhielt Trennungsunterhalt. Als dieser sich mit seiner früher von ihm geschiedenen Frau wieder versöhnt hatte und zu ihr gezogen war, machte die unterhaltspflichtige Frau geltend, sie habe nichts mehr zu bezahlen. Der Mann hielt entgegen, er wohne zwar bei seiner Ex, habe dort aber lediglich ein Zimmer – regulär liiert seien die beiden aber nicht.

Das Gericht versagte ihm jedoch den Unterhalt für die Zukunft. Eines der wesentlichen Argumente war, dass der Mann bei Facebook unter seinem Profil ein Hochzeitsfoto mit der früheren Frau mit dem Kommentar gepostet hatte: „Geduld zahlt sich aus. Endlich habe ich meine große Liebe zurück.“ Ähnliches hatte die betreffende Ex-Frau auf ihrem Profil geschrieben. Zudem bildeten die beiden als Bezieher öffentlicher Leistungen nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch eine Bedarfsgemeinschaft.

Ein Facebookeintrag allein hätte dem Gericht womöglich nicht ausgereicht, um sogleich den Unterhalt zu versagen. Nach allgemeinen Kriterien ist es erforderlich, dass eine neue Lebenspartnerschaft über einen Zeitraum von zwei bis drei Jahren besteht, bevor sie als verfestigt gilt. Aufgrund des Eintrags ging das Gericht allerdings davon aus, dass die neue Partnerschaft nun schon so offensiv nach außen tritt, dass der Unterhaltsanspruch sofort abgelehnt wurde.

Hinweis: Es lohnt sich, auf die Internetauftritte des Ex-Partners zu achten, wenn gegenseitige Forderungen und Verpflichtungen bestehen. Gleichermaßen ist es auch wichtig, darauf zu achten, wie die eigene Darstellung ausfällt. Facebook ist also für das Familienrecht in jedem Fall von Bedeutung.

Quelle: KG, Beschl. v. 28.04.2016 – 13 UF 17/16
Thema: Familienrecht

Über Warenpalette gestolpert: Ist ein Geschäft vor der offiziellen Öffnung begehbar, gelten die allgemeinen Sicherungspflichten

Verkehrssicherungspflichten gibt es für Ladenbetreiber viele. Die beginnen aber nicht erst mit den offiziellen Öffnungszeiten.

Eine Kundin betrat eine Bäckerei bereits vor der offiziellen Ladenöffnungszeit. Leider stolperte sie dabei über eine Palette, die auf dem Fußboden lag, und verletzte sich schwer. Schließlich klagte sie unter anderem ein Schmerzensgeld ein. Das Oberlandesgericht hat eine Verkehrssicherungspflicht der Ladeninhaberin bejaht. Die Pflicht, den Boden frei von Stolperfallen zu halten, bestand auch schon vor der Ladenöffnungszeit, sofern Kunden bereits den Laden betreten und Geschäfte abschließen können. Allerdings gab das Gericht der Kundin einen Mitverschuldensanteil von 40 %. Denn wer vor den angegebenen Öffnungszeiten ein Ladenlokal betritt, muss damit rechnen, dass Waren angeliefert und eingeräumt werden. Außerdem war die Palette gut zu erkennen gewesen.

Hinweis: Betritt ein Kunde bereits vor der offiziellen Ladenöffnungszeit ein Geschäft und kauft ein, muss der Geschäftsinhaber zu dem Zeitpunkt also bereits seine Verkehrssicherungspflichten beachtet haben.

Quelle: OLG Nürnberg, Urt. v. 21.12.2016 – 4 U 1265/16
Thema: Sonstiges

Feuer aus, Schaden da: Ermessensfehlerhafter Einsatz umweltgefährdenden Löschschaums führt zu Ersatzansprüchen

Die Feuerwehr hilft, wenn es brennt. Aber nicht jede Hilfe ist gern gesehen.

Auf einem Firmengelände hatte der den Brandeinsatz leitende Kommandant der Berufsfeuerwehr im Jahr 2010 den Einsatz von Perfluoroctansulfat(PFOS)-haltigem Löschschaum angeordnet. Teile des Löschschaums, der wegen des Inhaltsstoffs PFOS bereits seit Ende 2006 nicht mehr in den Verkehr gebracht und nur noch bis zum 27.06.2011 aufgebraucht werden durfte, gelangten in den Boden des Grundstücks der Klägerin und somit auch in das Grundwasser. Die Eigentümerin des Firmengrundstücks musste daraufhin umfangreiche Sanierungsmaßnahmen auf eigene Kosten durchführen und verlangte dafür Schadensersatz, den sie auch erhielt.

Der Einsatz des Löschschaums war ermessensfehlerhaft. Nach Einschätzung des Brandsachverständigen war der besondere Vorteil dieses Löschschaums – nämlich die Bildung eines Flüssigkeitsfilms auf einer ebenen Fläche (z.B. auf Flüssigkeiten) – in der konkreten Situation des Brandes einer Halle mit einem Trümmerfeld nicht nutzbar. Da die umweltgefährdenden Eigenschaften des Löschschaums zum Zeitpunkt des Löscheinsatzes in Feuerwehrkreisen bekannt waren, hätte der Einsatzleiter damit nicht löschen dürfen.

Hinweis: Natürlich muss sich auch die Feuerwehr an gesetzliche Vorschriften halten. Andernfalls haftet der Träger der Feuerwehr; hier die Stadt. Darüber hinaus kann ein Rückgriff auf den Einsatzleiter durchaus in Betracht kommen.

Quelle: OLG Karlsruhe, Urt. v. 23.01.2017 – 1 U 146/14
Thema: Mietrecht

Schiedsverfahren im Erbrecht: Schiedsklauseln zu Pflichtteilsansprüchen überschreiten die Grenzen der Verfügungsfreiheit

Um jahrelange kostenintensive Erbstreitigkeiten vor Gericht zu vermeiden, kann eine sogenannte Schiedsklausel in das Testament aufgenommen werden. Bei Streitigkeiten entscheiden dann nicht die ordentlichen Gerichte, sondern spezialisierte Schiedsgerichte.

Der Vorteil solcher Schiedsgerichte ist, dass sie in nur einer einzigen Instanz entscheiden und damit Erbstreitigkeiten schneller, kostengünstiger und u.U. sachgerechter regeln. Bei der Aufnahme solcher Schiedsklauseln ist jedoch einiges zu beachten.

Ein Mann setzte in einem notariellen Testament seine Tochter zur Alleinerbin ein und enterbte damit gleichzeitig seinen Sohn. Zudem bestimmte er, dass über alle Streitigkeiten, die das Testament betreffen, ausschließlich ein Schiedsgericht nach den Regeln des Schlichtungs- und Schiedsgerichtshofs deutscher Notare entscheiden sollte. Das Schiedsgericht entschied in Abwesenheit der Tochter, dass sie ihrem Bruder den Pflichtteil auszuzahlen habe. Dagegen erhob sie Klage.

Das Gericht entschied, dass der gesetzliche Pflichtteilsanspruch nicht durch einseitige Verfügung von Todes wegen einem Schiedsverfahren unterstellt werden darf. Da der Pflichtteilsanspruch ein wichtiges Recht ist, kann der Erblasser nicht einseitig darüber entscheiden. Eine einseitige letztwillige Anordnung, die dem Berechtigten den Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten entzieht und ihm ein Schiedsgericht aufzwingt, überschreitet die Grenzen der Verfügungsfreiheit, die dem Erblasser durch das materielle Recht gezogen sind.

Hinweis: Eine testamentarische Schiedsklausel bindet nur Erben, Vermächtnisnehmer, und Testamentsvollstrecker, nicht jedoch Pflichtteilsberechtigte. Will der Erblasser, dass alle Streitigkeiten über seinen Nachlass dem Schiedsverfahren unterstellen werden, muss er mit allen Beteiligten einen notariellen Erbvertrag abschließen. Bei einem solchen Vertrag erfolgt die Festlegung nicht einseitig, sondern wird gemeinsam mit dem Pflichtteilsberechtigten als Vertragspartner wirksam vereinbart.

Quelle: OLG München, Beschl. v. 25.04.2016 – 34 Sch 12/15
Thema: Erbrecht

Aspekt der Waffengleichheit: Kosten für ein Gegengutachten zum Prüfbericht der Versicherung sind durch diese zu erstatten

Die Kosten für die Stellungnahme eines Sachverständigen zu einem von der gegnerischen Versicherung vorgelegten Prüfbericht sind erstattungsfähig.

Nach einem Unfall ließ der Geschädigte ein Gutachten erstellen, das er der gegnerischen Haftpflichtversicherung zur Verfügung stellte. Im Rahmen eines von der Versicherung beauftragten Prüfberichts waren Beilackierungskosten, UPE- und Kleinteileaufschläge sowie Verbringungskosten gekürzt worden. Um sich gegen diese Kürzungen zu verteidigen, beauftragte der Geschädigte seinen Sachverständigen mit einem Zusatzgutachten, das sich inhaltlich mit dem Prüfbericht auseinandersetzte. Die hierfür entstandenen Kosten wurden von der gegnerischen Versicherung nicht übernommen.

Das Amtsgericht Dortmund verurteilte die Versicherung zur Übernahme der Kosten von 170 EUR. Nach Auffassung des Gerichts stand dem Geschädigten die Erstattung der Kosten als notwendiger Schadensersatz zu. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind die Kosten eines Sachverständigen zu ersetzen, soweit sie aus Sicht des Geschädigten zum Zeitpunkt der Beauftragung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich waren. Da sich die Haftpflichtversicherung hinsichtlich der von ihr vorgenommenen Kürzungen auf ein Sachverständigengutachten bezieht, durfte der Geschädigte hierauf aus Gründen der Waffengleichheit mit einem Ergänzungsgutachten antworten. Insofern kommt es auf den Beurteilungshorizont des Geschädigten an, der naturgemäß aus eigener Sachkunde zu den vorgenommenen Kürzungen keine Angaben machen kann.

Hinweis: Unter dem Aspekt der Waffengleichheit gehen Gerichte zunehmend davon aus, dass der Geschädigte bei gutachterlichen Stellungnahmen oder Prüfberichten der Haftpflichtversicherer berechtigt ist, einen Sachverständigen zu kontaktieren, um sich mit den Argumenten des Versicherers auseinanderzusetzen.

Quelle: AG Dortmund, Urt. v. 27.04.2016 – 413 C 5352/15
Thema: Verkehrsrecht

Die Firma auf Facebook: Onlinebewertungen über Mitarbeiter berühren klar das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats

Zum Thema Betriebsrat und Facebook gibt es etwas Neues.

Eine Arbeitgeberin betrieb einen Blutspendedienst. Als Maßnahme der unternehmenseigenen Marketing-Kommunikation unterhielt sie eine Facebook-Präsenz, auf der Nutzer eigenständig Postings einstellen konnten. Im Folgenden äußerten sich dort einige Nutzer auch kritisch über einzelne, namentlich benannte Arbeitnehmer. Daraufhin machte der Konzernbetriebsrat geltend, dass die Einrichtung und der Betrieb der Facebook-Seite mitbestimmungspflichtig seien, und verlangte vor dem Arbeitsgericht die Unterlassung. Und das Bundesarbeitsgericht entschied zugunsten des Konzernbetriebsrats. Der Arbeitgeber musste seine Facebook-Seite überarbeiten und das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats beachten.

Hinweis: Bei der Nutzung einer betrieblichen Facebook-Seite hat der Betriebsrat also immer dann mitzubestimmen, wenn über die Kommentarfunktion einzelne Arbeitnehmer von Kunden bewertet werden können.

Quelle: BAG, Beschl. v. 13.12.2016 – 1 ABR 7/15
Thema: Arbeitsrecht

Grob unbilliger Versorgungsausgleich: Einmalzahlungen aus einer Versorgungsanwartschaft können zu Ausgleichskorrekturen führen

Mit der Scheidung wird von Amts wegen der Versorgungsausgleich durchgeführt. Das bedeutet, dass mit der Scheidung die in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechte jeweils hälftig vom Rentenversicherungskonto des einen Ehegatten auf das des anderen übertragen werden. Das geschieht zwar schematisch, unterliegt aber einer Billigkeitskontrolle.

Der Versorgungsausgleich unterliegt dem Prinzip der Halbteilung. Die in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechte der Ehegatten sollen hälftig auf diese verteilt werden. Ergibt sich bei schematischer Durchführung dieses Prinzips ein grob unbilliges – sprich ungerechtes – Ergebnis, soll eine Korrektur erfolgen. Dabei ist auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen. Eine der möglichen Situationen, in denen eine solche Korrektur in Betracht kommt, ist, wenn ein Ehegatte dem Versorgungsausgleich ein Versorgungsanrecht entzieht. Wie kann es dazu kommen?

Es gibt Versorgungsanwartschaften, bei denen ein Wahlrecht besteht. Der Inhaber der Versorgungsanwartschaft kann dabei wählen, ob er die Versorgung kapitalisiert und als Einmalzahlung erhält oder als echte monatliche Rente. Wählt er die Möglichkeit der Einmalzahlung, fällt das Anrecht nicht mehr in den Versorgungsausgleich. Stattdessen fällt dieser Betrag nun in den sogenannten Zugewinnausgleich und ist damit güterrechtlich zu behandeln. So weit, so gut. Dabei gibt es allerdings ein entscheidendes Problem: Haben die Ehegatten nämlich die Gütertrennung vereinbart, hilft dies dem anderen Ehegatten nicht, da durch die Vereinbarung dieses Güterstands güterrechtliche Ausgleichsansprüche ausgeschlossen wurden. Wenn auf diese Weise ein Ehegatte dem Versorgungsausgleich ohne Ausgleich in der sonstigen vermögensrechtlichen Auseinandersetzung ein Versorgungsanrecht entzieht und dabei ansonsten auf der Durchführung des Versorgungsausgleichs besteht, kann dies als grob unbillig anzusehen sein.

Hinweis: Die Einzelheiten des Versorgungsausgleichs sind schwierig. Fachmännischer Rat ist in jedem Fall einzuholen.

Quelle: BGH, Beschl. v. 21.09.2016 – XII ZB 264/13
Thema: Familienrecht