Ersatznacherben bei Anwartschaftsübertragung: Kein Zustimmungserfordernis, wenn Vor- und Nacherbe aus mehr als einem Nachlassgegenstand bestehen
Bei Vor- und Nacherbschaften sind Vorerben dazu verpflichtet, Nacherben die Erbschaft in dem Zustand herauszugeben, der sich bei einer fortgesetzten ordnungsgemäßen Verwaltung der Erbschaft ergibt. Überträgt der Nacherbe sein zukünftiges Anrecht auf den Vorerben, wird dieser infolge einer sogenannten Konfusion zum Vollerben des Erblassers. In einem Rechtsstreit vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) musste sich dieses mit der Frage auseinandersetzen, ob und in welchem Fall die Übertragung dieser Anwartschaft der Zustimmung eines Ersatznacherben bedarf.
Die Erblasserin verfügte in einem privatschriftlichen Testament, dass ihre Nichte zur alleinigen Vorerbin eines Grundstücks eingesetzt wird, das den wesentlichen Teil des Erbes ausmachte. Zu Nacherben wurden die ehelichen Kinder der Vorerbin berufen. Sofern zum Zeitpunkt des Nacherbfalls keine ehelichen Kinder der Vorerbin vorhanden seien, hatte die Erblasserin verfügt, dass ein Neffe Nacherbe werden solle – ersatzweise dessen Abkömmlinge. Dieser Nacherbenvermerk wurde im Grundbuch eingetragen. Nach dem Tod der Erblasserin wurde mit notarieller Urkunde ein in die Nacherbschaft fallendes Grundstück mit Zustimmung der Nacherben in das Vermögen der Vorerbin übertragen. Das Grundbuchamt weigerte sich in der Folge, den Nacherbenvermerk im Grundbuch zu löschen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die möglichen Ersatznacherben der Grundstücksübertragung auf die Vorerbin nicht zugestimmt haben.
Das OLG hat der Beschwerde der Beteiligten stattgegeben und die Angelegenheit an das Grundbuchamt zurückverwiesen. Es hatte bereits in der Vergangenheit entschieden, dass ein solches Übertragungsgeschäft von der Zustimmung des Ersatznacherben abhängig ist, wenn der Nachlass nur aus einem einzigen Gegenstand besteht. Dies gilt aber nach nunmehr geänderter Rechtsprechung des OLG nicht für Fälle, in denen Vor- und Nacherbe nur über einen von mehreren Nachlassgegenständen verfügen. In diesen Fällen bedarf es keiner Zustimmung des Ersatznacherben für die Übertragung.
Hinweis: Fehlt die Zustimmung des Ersatznacherben und tritt der Ersatznacherbfall ein, endet die Wirkung der Konfusion und der Vollerbe wird wieder zum Vorerben.
Quelle: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 24.03.2022 – 3 Wx 130/20