Identische Stellenausschreibungen: Vorwurf der Benachteiligung Schwerbehinderter bei Bewerbung greift nicht immer
Wann eine offensichtliche Benachteiligung wider Erwarten doch nicht zu einem Entschädigungsanspruch führt, zeigt dieser Fall.
Öffentliche Arbeitgeber müssen schwerbehinderte Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einladen. In einem vom Arbeitsgericht Karlsruhe entschiedenen Fall gab es allerdings eine Besonderheit. Hier bewarb sich ein Schwerbehinderter im April 2015 auf eine vom Landkreis ausgeschriebene Stelle als Unterkunftsleiter in einer Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber. Er wurde zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen und erhielt daraufhin eine Absage. Drei Monate später bewarb er sich erneut beim selben Landkreis um eine Stelle als Leiter einer Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber. Die Stellenausschreibung war identisch mit der vorherigen, zuständig war derselbe Sachbearbeiter. Auch dieses Mal erhielt der schwerbehinderte Bewerber eine Absage – allerdings ohne zuvor zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden zu sein. Er verlangte deshalb die Zahlung einer Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG), da die unterbliebene Einladung seines Erachtens nach eine Diskriminierung indiziere.
Das Gericht machte da allerdings nicht mit. Da es sich um identische Auswahlverfahren gehandelt hatte, wirkte die sogenannte Chanceneröffnung durch das bereits durchgeführte Bewerbungsgespräch auch für das neue Bewerbungsverfahren fort. Der Arbeitnehmer erhielt also keine Entschädigung.
Hinweis: Nach § 22 AGG ist grundsätzlich eine Benachteiligung wegen der Behinderung zu vermuten, wenn ein öffentlicher Arbeitgeber einen nicht offensichtlich ungeeigneten schwerbehinderten Bewerber nicht zu einem Vorstellungsgespräch einlädt. Diese Verpflichtung hat ein privater Arbeitgeber allerdings nicht.
Quelle: ArbG Karlsruhe, Urt. v. 26.01.2016 – 2 Ca 425/15
Thema: Arbeitsrecht