Kleinbetriebsklausel greift nicht: Haben mehrere Betriebe ein und dieselbe Leitung, werden sie als Einheit angesehen
Da in Kleinbetrieben mit bis zu zehn Arbeitnehmern in Vollzeit das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) nicht gilt, benötigen die jeweiligen Arbeitgeber folglich auch keinen Grund, um einen Angestellten zu entlassen. Was hierbei aber gilt, wenn ein und derselbe Arbeitgeber gleich mehrere Kleinbetriebe unterhält, musste das Arbeitsgericht Gera (ArbG) im folgenden Fall klären.
Eine Reinigungskraft arbeitete auf den Campingplätzen des Arbeitgebers. Zudem wurde von diesem ein Elektroinstallationsunternehmen betrieben. Zusammengerechnet kamen beide Betriebe auf mehr als zehn Arbeitnehmer. Genau das war der Knackpunkt für die Klage. Hier stritten die Parteien nämlich darum, ob eine ordentliche Kündigung des Arbeitgebers, der diese auf die sogenannte „Kleinbetriebsklausel“ stützte, ein Arbeitsverhältnis wirksam beendet habe.
Nach § 23 Abs. 1 KSchG kommt es erst einmal nicht entscheidend darauf an, ob unterschiedliche Unternehmen vorliegen. Ebenso unerheblich ist es, ob die Unternehmen steuerrechtlich getrennt sind. Betriebsteile und Nebenbetriebe werden nach § 23 KSchG dann als Einheit mit dem Hauptbetrieb angesehen, sobald sie arbeitstechnisch nur Teilfunktionen wahrnehmen und über keinen eigenen Leitungsapparat verfügen. Hier erkannte das ArbG, dass zentrale unternehmenslenkende Entscheidungen einheitlich im zentralen Büro erfolgten und dort zudem die maßgeblichen Entscheidungen in personellen und sozialen Angelegenheiten für beide Unternehmen getroffen wurden. Das ArbG stellte daher fest, dass für die Kündigung durchaus ein Grund erforderlich gewesen sei – und den konnte der Arbeitgeber nicht nachweisen. Die Kündigung war somit unwirksam.
Hinweis: Mehrere steuerlich völlig unabhängige Betriebe können also kündigungsschutzrechtlich zusammenzufassen sein. Dann benötigt der Arbeitgeber einen Kündigungsgrund, wenn er sich von einem Mitarbeiter trennen möchte.
Quelle: ArbG Gera, Urt. v. 16.12.2021 – 2 Ca 329/20