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Krankenversicherung

Für den Großteil der Bevölkerung – rund 90 % – erfolgt die Sicherung im Krankheitsfall durch die gesetzliche Krankenversicherung. Grundsätzlich besteht in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherungszwang. Träger sind die Krankenkassen, z.B. die AOK, Barmer GEK, BKK Pfalz, TKK. Nicht dort versicherte Personen sind privat krankenversichert oder werden von sonstigen Sicherungssystemen erfasst (z.B. Sozialhilfe).

Versicherungspflichtig sind vor allem Arbeiter, Angestellte und Auszubildende, soweit ihr Jahresarbeitsentgelt nicht die Entgeltgrenze übersteigt. In diesem Fall besteht Versicherungsfreiheit mit der Folge, dass sich der oder die Betroffene privat oder freiwillig gesetzlich versichern kann. Versicherungspflichtig sind unter anderem auch Bezieher von Arbeitslosengeld oder Arbeitslosengeld II. Rentner sind versicherungspflichtig, wenn sie unter die Krankenversicherungspflicht der Rentner (KVdR) fallen. In der KVdR pflichtversichert ist, wer seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrags mindestens neun Zehntel der zweiten Hälfte des Zeitraums Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung oder dort familienversichert war.

Das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung ist im Fünften Sozialgesetzbuch (SGB V) geregelt. Das Recht der privaten Krankenversicherung ist geregelt im Versicherungsvertragsgesetz (§§ 192 bis 208 VVG) sowie in den zum einzelnen Vertrag zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer vereinbarten Bedingungen. Die Bedingungen sind an die vom Verband der privaten Krankenversicherer e.V. herausgegebenen „Musterbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung“ (MB/KK) sowie die „Musterbedingungen für die Krankentagegeldversicherung“ (MB/KT) angelehnt.

Die Beobachtung, dass ca. 200.000 Einwohner über keinen angemessenen und bezahlbaren Krankenversicherungsschutz verfügten, hat den Gesetzgeber seinerzeit dazu bewogen, eine Krankenversicherungspflicht (sog. Bürgerversicherung) sowie einen Kontrahierungszwang zu Lasten der privaten Krankenversicherer im Basistarif einzuführen. Letzteres regeln die „Allgemeinen Versicherungsbedingungen für den Basistarif“ (MB/BT).

Freiwillige Versicherung

Bestimmte Personengruppen können sich freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versichern. Hierzu zählen unter anderem Personen, die nicht mehr versicherungspflichtig sind und bestimmte Vorversicherungszeiten erfüllen, oder solche, die aus der Familienversicherung ausscheiden oder versicherungsfrei sind. Die Mitgliedschaft Versicherungsberechtigter beginnt in der Regel mit dem Tag ihres Beitritts zur Krankenkasse.

Ein wichtiger weiterer Fall ist die sog. obligatorische Anschlussversicherung, die der Gesetzgeber mit Wirkung zum 1. August 2013 eingeführt hat (§ 188 Abs. 4 SGB V). Für Personen, deren Versicherungspflicht oder Familienversicherung endet, setzt sich die Versicherung als freiwillige Mitgliedschaft fort, es sei denn, das Mitglied erklärt innerhalb von zwei Wochen nach Hinweis der Krankenkasse über die Austrittsmöglichkeiten seinen Austritt. Der Austritt wird nur wirksam, wenn ein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall nachgewiesen wird. Das bedeutet, dass nach dem Ausscheiden aus der Versicherungspflicht automatisch eine freiwillige Versicherung einsetzt, wenn nicht für anderweitigen Versicherungsschutz rechtzeitig gesorgt wird. Mit dieser Regelung soll eine durchgehende Krankenversicherung gewährleistet werden.

Sofern eine gesetzliche Krankenkasse mit Beitragsforderungen an Sie herantritt, sollten Sie durch einen Rechtsanwalt überprüfen lassen, ob die Voraussetzungen einer Pflichtversicherung überhaupt erfüllt sind und somit auch eine Beitragspflicht besteht. Wünschen Sie umgekehrt eine Rückkehr in die gesetzliche Versicherung, die Ihnen aber verweigert wird, sollten Sie anwaltlichen Beistand im Widerspruchsverfahren suchen. Hierbei unterstützen und beraten wir Sie gern.

Leistungsprinzipien in der Krankenversicherung

Die hauptsächlichen Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherer sind Leistungen zur Krankheitsverhütung und -behandlung und Rehabilitation. Es gilt das Sachleistungsprinzip, das heißt, Versicherte erhalten die ihnen zustehenden Leistungen grundsätzlich als Sach- und Dienstleistungen. Bewirkt werden die Leistungen durch Leistungserbringer, z.B. Ärzte, Zahnärzte, Krankenhäuser, Rehabilitationseinrichtungen, Krankengymnasten, Masseure, Apotheken usw., die zur Versorgung der gesetzlich Krankenversicherten zugelassen sind. Die Leistungserbringer rechnen mit den Krankenkassen ab, die Versicherten werden, ausgenommen Zuzahlungen und Eigenbeteiligungen, nicht mit Kosten belastet.

Im Gegensatz dazu erbringen private Krankenversicherer Geldleistungen (Kostenerstattungsprinzip). Der Versicherer ist zur Erstattung der Aufwendungen für medizinisch notwendige Heilbehandlungen oder sonstige vereinbarte Leistungen verpflichtet, wenn der Versicherte den geforderten Nachweis erbringt, also beispielsweise eine Arztrechnung einreicht.

Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen

Versicherte haben insbesondere Anspruch auf Krankenbehandlung. Eine Leistung der Krankenbehandlung wird erbracht, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Krankheit ist definiert als ein regelwidriger Körper- oder Geisteszustand, der entweder Behandlungsbedürftigkeit oder Arbeitsunfähigkeit oder beides zur Folge hat. Unter den Krankheitsbegriff fallen z.B. auch Alkoholismus, Neurosen, Schizophrenie oder Zeugungsunfähigkeit.

Bei Arbeitsunfähigkeit oder stationärer Behandlung erhalten Mitglieder nach Ablauf der Entgeltfortzahlung vom Arbeitgeber (sechs Wochen) Krankengeld. Das Krankengeld beläuft sich auf 70 % des infolge der Krankheit ausgefallenen Bruttoarbeitsentgelts. Wegen derselben Krankheit wird Krankengeld innerhalb von drei Jahren längstens für 78 Wochen gezahlt. Bei nicht wiederherstellbarer Arbeitsfähigkeit sollte beachtet werden: Im Vergleich zum Krankengeld ist die Höhe der Rente wegen Erwerbsminderung in der Regel niedriger. Arbeitsunfähige Versicherte sollten daher die höchstmögliche Bezugsdauer des Krankengeldes ausschöpfen und nicht vorschnell Rente beantragen.

Wir unterstützen Sie bei der Durchsetzung Ihrer versicherten Ansprüche auf Krankenbehandlung oder auf Zahlung von Krankengeld.

Beiträge

Die Mittel der Krankenversicherung werden vor allem durch Beiträge aufgebracht. Der allgemeine Beitragssatz beträgt 14,6 % der beitragspflichtigen Einnahmen. Das sind insbesondere das Arbeitsentgelt aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung oder der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung.

Für freiwillige Mitglieder wird die Beitragsbemessung einheitlich durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen geregelt. Dabei gilt, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt, beispielsweise werden auch Einkünfte des Ehegatten zugerechnet. Die Einzelheiten sind in den „Einheitlichen Grundsätzen zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder“ des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenversicherer geregelt, auf welche die Satzungen der Krankenkassen jeweils Bezug nehmen.

Mit dem „Gesetz zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung“ sind Regelungen eingeführt worden, die Mitglieder mit hohen Beitragsrückständen betreffen. Eingeführt wurde mit dem neu eingefügten § 256a SGB V eine Regelung zu Ermäßigung und Erlass von Beitragsschulden und Säumniszuschlägen (1 % für jeden Monat auf den gesamten bis dahin aufgelaufenen Beitragsrückstand). Denn wer nicht versichert ist, fällt automatisch in die Bürgerversicherung. Zeigt der Versicherte diesen Umstand verspätet an, kann bereits eine hohe Beitragsschuld rückwirkend angefallen sein. Nunmehr soll die Krankenkasse die für die Zeit seit dem Eintritt der Versicherungspflicht nachzuzahlenden Beiträge „angemessen ermäßigen“. Säumniszuschläge sind vollständig zu erlassen. Für Versicherte, die sich bis zum 31. Dezember 2013 meldeten, galt sogar eine vollständige „Beitragsamnestie“, das heißt, sie konnten in das Versicherungssystem zurückkehren, ohne eine damit einhergehende Verschuldung befürchten zu müssen. Mittlerweile hat der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen eine Richtlinie für Fälle von Beitragsschulden vorgelegt, nämlich die „Einheitlichen Grundsätze zur Beseitigung finanzieller Überforderung bei Beitragsschulden“.

In der privaten Krankenversicherung werden die Beiträge nach versicherungsmathematischen Prinzipien berechnet. Je nach Vorerkrankung können sich Beiträge in unterschiedlicher Höhe ergeben. Im Fall von Beitragsschulden ruht der Vertrag mit der Folge, dass der Versicherer keine Leistungen zu erbringen braucht. Ausgenommen sind nur Leistungen im Notlagentarif, der ausschließlich Leistungen vorsieht, die zur Behandlung von akuten Erkrankungen und Schmerzzuständen sowie bei Schwangerschaft und Mutterschaft erforderlich sind.

Mit der Gesundheitsreform 2007 ist zum Schutz der Versicherten der sog. „Basistarif“ eingeführt worden. Das Ruhen des Vertrages tritt danach nicht ein oder endet, wenn der Versicherungsnehmer hilfebedürftig im Sinne des Zweiten oder Zwölften Sozialgesetzbuchs (SGB II/XII) wird. Der Beitrag für den Basistarif darf den Höchstbeitrag der gesetzlichen Krankenversicherung nicht übersteigen. Entsteht allein durch die Zahlung des Beitrags Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II/XII, vermindert sich der Beitrag für die Dauer der Hilfebedürftigkeit um die Hälfte. Diesen Tarif zahlt dann das zuständige Jobcenter bzw. die Gemeinde als Sozialhilfeträger.

Sofern Ihnen ein Beitragsbescheid zugeht, der nicht korrekt erscheint, sollten Sie sich von uns anwaltlich beraten lassen. Die komplizierten Regelungen zur Beitragsbemessung in Gesetz und Satzungen der Krankenkassen und des Spitzenverbandes sollten von einem spezialisierten Juristen geprüft werden, der ausschließlich Ihre Interessen vertritt. Unsere Kenntnisse der Materie stellen wir gerne in Ihre Dienste.