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Schlagwort: Anfechtungsklage

Bestattungskostenbescheid: Miterbenstellung bedingt keine Klagebefugnis gegen Bescheid, der einem Miterben zuging

Nach einem Todesfall kann es nicht nur zu zivilrechtlichen Auseinandersetzungen zwischen den Erben, sondern auch zu verwaltungsrechtlichen Streitigkeiten mit Behörden im Zusammenhang mit dem Erbfall kommen. So musste das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (OVG) im Folgenden entscheiden, ob ein Miterbe gegen einen Leistungsbescheid klagen kann, der einem anderen Miterben zuging.

Ein Erbe wollte vor dem Verwaltungsgericht Klage gegen einen Leistungsbescheid über Bestattungskosten einreichen, der an seinen Bruder als Miterben gerichtet war. Das OVG lehnte dies jedoch ab und wies darauf hin, dass der Mann keine Klagebefugnis für eine solche Anfechtungsklage habe. Denn der Bescheid war ausschließlich gegen seinen Bruder gerichtet. Die zivilrechtliche Stellung als Miterbe begründet kein öffentlich-rechtliches Abwehrrecht gegenüber der Behörde, so dass der Mann nicht Klage erheben kann.

Hinweis: Für die meisten Klagearten – sowohl im Zivil- als auch im Verwaltungsrecht – ist die Klagebefugnis Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Klage. Klagen kann somit nur derjenige, der geltend macht, in seinen Rechten verletzt und nicht einfach nur tatsächlich betroffen zu sein. Damit soll verhindert werden, dass mit sogenannten Popularklagen die Gerichte unnötig in Anspruch genommen werden.

Quelle: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 18.04.2019 – 19 A 1143/19

Thema: Erbrecht

Insolvenz und Zwangsvollstreckung: Eine erteilte Restschuldbefreiung steht einer Gläubigeranfechtung nicht immer entgegen

Folgenden Fall hatte der Bundesgerichtshof (BGH) zu bewerten:


Ein Mann wurde zur Zahlung von 250.000 EUR verurteilt, die er nicht bezahlte. Die anschließende Zwangsvollstreckung blieb auch erfolglos, so dass er schließlich die eidesstattliche Versicherung abgab. Daraufhin wurde das Insolvenzverfahren über sein Vermögen eröffnet und die titulierte Forderung wurde zur Insolvenztabelle festgestellt. Etwa sieben Jahre nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens wurde dem Mann dann die Restschuldbefreiung erteilt und das Insolvenzverfahren aufgehoben. Erst danach ging die Vollstreckung mit einer Anfechtungsklage auf Duldung der Zwangsvollstreckung eines Grundstücks weiter, das der Mann – angeblich in der Absicht, seine Gläubiger zu benachteiligen – zuvor übertragen hatte. Die jetzige Eigentümerin des Grundstücks sollte also zahlen.

Die Anfechtungsklage hatte zunächst zwar keinen Erfolg, der BGH hob die Urteile jedoch auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurück. Denn die dem Mann erteilte Restschuldbefreiung stand der Anfechtungsklage nicht entgegen. Der Anfechtungsgegner – hier die Eigentümerin des Grundstücks – kann sich nicht auf die dem Mann gewährte Restschuldbefreiung berufen. Gegenstand der Anfechtung nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens war ehemaliges Vermögen des Schuldners, das eigentlich zur Insolvenzmasse gehört hätte. Die Anfechtungsgegnerin verdiente somit keinen Schutz.

Hinweis: Eine erteilte Restschuldbefreiung steht also der Gläubigeranfechtung nicht entgegen, die erst nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens erfolgt.

Quelle: BGH, Urt. v. 22.03.2018 – IX ZR 163/17

Thema: Sonstiges

Wohnungseigentum: Änderung von Sondernutzungsrechten durch Mehrheitsbeschluss?

In einer Wohnungseigentumsanlage werden häufig Sondernutzungsrechte für Eigentümer begründet, insbesondere an Gartenflächen oder Kfz-Stellplätzen. Diese Rechte sind in der Regel auch im Grundbuch eingetragen. Probleme können sich ergeben, wenn die Gemeinschaft sich dazu entschließt, Sondernutzungsrechte nachträglich zu ändern.

Das Amtsgericht Wuppertal (Urteil vom 15.07.2015 – 91b C 25/15) hatte einen Fall zu entscheiden, in dem es um die Veränderung von Sondernutzungsrechten an Stellplatzflächen auf dem Hof ging.

Das Problem war, dass, nachdem die Stadt die Auflage erteilt, einen Rettungsweg ständig freizuhalten, ein Stellplatz faktisch nicht mehr nutzbar war. Es wurde daher ein Architekt damit beauftragt, die Stellplätze neu aufzuteilen. Eine der vorgeschlagenen Lösungen wurde in der Eigentümerversammlung besprochen und dann mehrheitlich beschlossen. Hiergegen erhoben die betroffenen Sonderungsnutzungsberechtigten die Beschlussanfechtungsklage, weil sie mit den Änderungen der im Grundbuch verankerten Rechte ohne ihre Zustimmung nicht einverstanden waren.

Das AG Wuppertal gab den Klägern Recht.

Das Gericht stützte die Entscheidung im Wesentlich darauf, dass der Gemeinschaft für die Änderung von Sondernutzungsrechten die erforderliche Beschlusskompetenz gefehlt hatte.

Nach einer grundlegenden Entscheidung des Bundesgerichtshofs – der sog. „Zitterbeschluss“-Entscheidung (BGH, Beschluss vom 20. September 2000 – V ZB 58/99 –) – ist nämlich grundsätzlich zu fragen, ob die Gemeinschaft über die Angelegenheit überhaupt mit Mehrheitsbeschluss entscheiden darf. Der BGH hatte entschieden, dass die Begründung eines Sondernutzungsrechtes, welches andere Eigentümer von der Mitbenutzung ausschließt, nur durch einstimmige Entscheidung aller Wohnungseigentümer erfolgen darf. Ein hierüber ergangener bloßer Mehrheitsbeschluss ist von Anfang an nichtig und muss auch nicht mit der Beschlussanfechtungsklage angefochten werden. Er kann somit auch nicht dadurch wirksam werden, dass die einmonatige Frist für die Anfechtungsklage abläuft. Dies war früher anders gesehen worden, so dass nach derartiger Beschlussfassung die Gemeinschaft solange „zittern“ musste, bis klar war, dass niemand Anfechtungsklage erhoben hatte.

Ähnlich lag der Fall hier. Der Beschluss ging über eine bloße Benutzungsregelung, über die mit Mehrheit hätte entschieden werden können (§ 15 Abs. 2 WEG) hinaus, weil er die Grenzen und Anordnungen der einzelnen Sondernutzungsflächen veränderte. Ebenso wie ein Sondernutzungsrecht nur durch Vereinbarung, d.h. mit Zustimmung aller Eigentümer, begründet werden könne, bedürfe es auch für die beschlossene Änderung ebenfalls einer Vereinbarung. Zwar müssten in dem Fall, so das AG Wuppertal, nicht sämtliche Wohnungseigentümer zustimmen, jedenfalls aber die „verlierenden“ Eigentümer, die durch den Beschluss in ihren Rechten direkt betroffen sind. Daran fehlte es.

In bestimmten Konstellationen, beispielsweise wenn Sondernutzungsteilflächen innerhalb einer Gesamtfläche verschoben werden, brauchen zwar nach der Rechtsprechung nur die jeweils Betroffenen zuzustimmen. Daraus, so stellt das AG Wuppertal aber klar, folgt nicht ein allgemeiner Grundsatz dahingehend, dass Mehrheitsbeschlüsse bei der Veränderung von Sondernutzungsrechten entgegen dem Willen der Betroffenen zulässig seien.

Es ist also dringend darauf zu achten, dass die jeweils betroffenen Eigentümer in die Entscheidung eingebunden werden und eine rechtssichere vertragliche Grundlage geschaffen wird. Um spätere Rechtsnachfolger, insbesondere Käufer, an die Vereinbarungen zu binden, sollten die Ergebnisse dann unbedingt auch in das Grundbuch eingetragen werden!

Thema: Wohnungseigentumsrecht

Autor: Rechtsanwalt Matthias Juhre, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht in Wuppertal