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Schlagwort: Arbeitgeber

Probezeitkündigung: Fehlende Zustimmung des Personalrats gilt als erteilt, wenn er zuvor ordnungsgemäß angehört wurde

Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses in der Probezeit ist unter Beachtung der Kündigungsfristen jederzeit möglich. Insbesondere benötigt der Arbeitgeber keinen Kündigungsgrund. Jedoch ist stets der Betriebs- oder Personalrat zuvor anzuhören. Dass dessen Weigerung jedoch nicht bedeutet, dass keine Kündigung erfolgen darf, zeigt der folgende Fall des Thüringer Landesarbeitsgerichts (LAG).

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Zustimmungsersetzungsverfahren: Arbeitsgericht lehnt Kündigung von Betriebsratsvorsitzender nach Versehen bei Arbeitszeitnachweis ab

Mitglieder des Betriebsrats sind vor Kündigungen besonders geschützt. Denn der Betriebsrat selbst muss einer solchen Kündigung zustimmen. Wird eine solche Zustimmung verweigert, kann sie gerichtlich ersetzt werden, was das beauftragte Arbeitsgericht Gera (ArbG) im folgenden Fall jedoch nicht für nötig erachtete.

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Kündigung Schwerbehinderter: Ohne Zustimmung des Integrationsamts drohen Entschädigungsansprüche

Vor der Kündigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers ist unbedingt das Integrationsamt einzuschalten. Wird künftig eine Kündigung ohne die Beteiligung der Behörde durchgeführt, kann das für den Arbeitgeber teuer werden. Zwar hatte der Kläger im folgenden Fall nicht den erhofften Erfolg vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) zu verbuchen – das allerdings lag vielmehr an seiner Nachlässigkeit als an der geltenden Rechtslage.

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Besetzung der Einigungsstelle: Komplexe Sachverhalte können mehr als die Mindestanzahl von zwei Beisitzern pro Seite erfordern

Bei einer Einigungsstelle handelt es sich um ein Schlichtungsorgan, das Streitigkeiten zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber beenden soll. Sie tritt immer dann zusammen, sobald eine der Parteien sie „anruft“. Normalerweise sitzen dabei zwei Beisitzer pro Partei in einer solchen Einigungsstelle – doch der Fall des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg (LAG) zeigt, dass besonders herausfordernde Streitinhalte die hierfür notwendige Personenanzahl erhöhen können.

Die Arbeitgeberin dieses Falls betrieb mehrere Krankenhäuser und hatte eine Einigungsstelle zu der Streitigkeit „Abschluss einer Betriebsvereinbarung zur Durchführung von psychischen Gefährdungsbeurteilungen“ angerufen. Der Betriebsrat wollte nun, dass mehr als die in der Regel vorgesehenen zwei Beisitzer je Seite festgelegt werden. Er hielt das Thema für zu komplex für die Mindestbesetzung und zog dafür bis vor das LAG.

Das Gericht war dabei ganz auf Seiten des Betriebsrats. Im Regelfall ist eine Einigungsstelle zwar mit je zwei Beisitzern auf jeder Seite zu besetzen. Bei diesem Thema war wegen der Erforderlichkeit sowohl juristischen als auch arbeitspsychologischen Sachverstands jedoch eine Festlegung der Anzahl von drei Beisitern je Seite geboten.

Hinweis: Die Einigungsstelle ist in ganz bestimmten, durch das Gesetz festgelegten Streitigkeiten zuständig. Betriebsräte können sich auf Kosten des Arbeitgebers durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen.

Quelle: LAG Baden-Württemberg, Beschl. v. 01.10.2020 – 3 TaBV 4/20

Thema: Arbeitsrecht

Verbot von Gelnägeln: In der Altenpflege kommen Hygieneaspekte vor dem Persönlichkeitsrecht

Ein Dilemma, das heutzutage nicht nur Frauen betrifft: Während bei den einen Arbeitsstellen viel zu penibel auf das Äußere geachtet wird, ist das optische Tuning an anderen Arbeitsplätzen durchaus problematisch. Was der Arbeitgeber per Dienstanweisung vorgeben darf, wollte im folgenden Fall eine Frau mit künstlichen Fingernägeln wissen, so dass das Arbeitsgericht Aachen (ArbG) hier ein Machtwort sprechen musste.


Der Arbeitgeber der Dame war Betreiber eines Altenheims. Die Frau, die als Helferin im sozialen Dienst beschäftigt wurde, war mit dessen Anweisung „Fingernägel in der Pflege sowie in der Hauswirtschaft“ nicht einverstanden. Denn laut dieser durfte sie im Dienst keine Gelnägel tragen. Dadurch fühlte sie sich in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt. Doch der Arbeitgeber meinte, dass das Verbot der Gelnägel aus Gründen der Hygiene zum Schutz der Patienten zwingend erforderlich sei, da die Arbeitnehmerin regelmäßigen Kontakt mit Lebensmitteln und zeitweise sogar mit deren Zubereitung hat. Die Arbeitnehmerin klagte dagegen und wollte feststellen lassen, dass sie nicht verpflichtet sei, der Dienstanweisung Folge zu leisten.

Doch das ArbG verpflichtete die Arbeitnehmerin in der Tat, die Dienstanweisung zu befolgen und aus hygienischen Gründen auf das Tragen langer oder lackierter oder künstlicher Fingernägel (wie Gelnägel) zu verzichten. Denn das Interesse an der freien Gestaltung ihres äußeren Erscheinungsbilds musste hinter den Interessen der Arbeitgeberin zurücktreten.

Hinweis: Aus hygienischen Gründen darf ein Arbeitgeber das Tragen künstlicher Fingernägel nach diesem Urteil verbieten.

Quelle: ArbG Aachen, Urt. v. 21.02.2019 – 1 Ca 1909/18

Thema: Arbeitsrecht

Aufgepasst bei Lohnkürzungen: Mit seinem Schweigen erklärt ein Arbeitnehmer im Rechtsverkehr grundsätzlich keine Zustimmung

Viele Arbeitgeber schätzen es sicherlich, wenn von ihnen Gesagtes unwidersprochen akzeptiert wird. Doch Vorsicht! Dass es bei einer einseitig erklärten Lohnkürzung nicht damit getan ist, dass der betroffene Arbeitnehmer diese augenscheinlich stillschweigend hinnimmt, zeigt der folgende Fall des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern (LAG).


Ein Kfz-Mechaniker bekam einen Stundenlohn von 13,71 EUR brutto. Als das Arbeitsverhältnis gekündigt wurde, schloss der Arbeitnehmer mit seinem Arbeitgeber im anschließenden Kündigungsschutzprozess einen Vergleich. Das Arbeitsverhältnis sollte zu einem späteren Zeitpunkt enden und der Arbeitgeber verpflichtete sich, den Mechaniker unter Fortzahlung der Bezüge unwiderruflich von der Arbeit freizustellen. Außerdem sollte das Arbeitsverhältnis bis zum Beendigungstermin ordnungsgemäß abgerechnet werden. Der Arbeitgeber kürzte jedoch den Stundenlohn auf 12,89 EUR brutto. Er begründet das damit, dass der Kfz-Mechaniker nicht mehr als Servicetechniker tätig gewesen sei und ihm im Beisein des Serviceleiters mitgeteilt worden sei, dass der Stundenlohn gekürzt werde. Dagegen zog der Kfz-Mechaniker dann erneut vor Gericht – und gewann.

Eine Änderung der ursprünglichen Lohnvereinbarung war laut LAG nicht zustande gekommen. Schweigen ist im Rechtsverkehr grundsätzlich keine Willenserklärung. Jedenfalls ist bei einem Arbeitsverhältnis im Fall nachteiliger Änderungen im Bereich der Hauptleistungspflichten regelmäßig nicht von einer stillschweigenden Annahmeerklärung auszugehen, solange die Folgen der Änderung noch nicht hervorgetreten sind.

Hinweis: Wenn ein Arbeitgeber mitteilt, dass der Lohn gekürzt wird, bedeutet das Schweigen eines Arbeitnehmers also noch längst keine Zustimmung.

Quelle: LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 02.04.2019 – 5 Sa 221/18

Thema: Arbeitsrecht

Nach erfolgtem Vergleich: Ein Arbeitszeugnis ist vollstreckbar, wenn die Formulierungshoheit dem Arbeitnehmer übertragen wurde

Zwar gehört das Arbeitszeugnis zu den Klassikern des arbeitsrechtlichen Streits. Was für einen Arbeitnehmer jedoch vonnöten ist, um rechtlich auf seinen Entwurf beharren zu dürfen, zeigt der folgende Fall des Hessischen Landesarbeitsgerichts (LAG) auf.

Nachdem sich, wie so häufig, ein Arbeitgeber und ein Arbeitnehmer vor Gericht gestritten hatten, einigten sie sich unter anderem auf Folgendes: „Die Beklagte verpflichtet sich, dem Kläger ein wohlwollend formuliertes, qualifiziertes Endzeugnis unter dem Ausstellungsdatum 28.2.2018 zu erteilen. Die abschließende Leistungs- und Führungsbeurteilung entspricht der Note ,gut‘. Der Kläger ist hierzu berechtigt, einen schriftlichen Entwurf bei der Beklagten einzureichen, von dem die Beklagte nur aus wichtigem Grund abweichen darf.“ Als der Arbeitnehmer dann einen Zeugnisentwurf übersandte, wich der Arbeitgeber trotz des Vergleichs in seiner Ausführung davon ab. Der Arbeitnehmer beantragte deshalb, ein Zwangsgeld von 500 EUR und ersatzweise einen Tag Zwangshaft für je 100 EUR festzusetzen. Und das Gericht war hier ganz auf seiner Seite.

Wird in einem gerichtlichen Vergleich die Beurteilung „gut“ für die Führungs- und Leistungsbeurteilung im Arbeitszeugnis aufgenommen, fehlt es zwar an der für eine Zwangsvollstreckung notwendigen Bestimmtheit. Etwas anderes gilt laut LAG jedoch, wenn der Vergleich festlegt, dass das Zeugnis nach Maßgabe eines Entwurfs des Arbeitnehmers zu erstellen und eine Abweichung nur aus wichtigem Grund möglich sei. In einem solchen Fall haben die Parteien die Formulierungshoheit des Arbeitgebers maßgeblich eingeschränkt und diese dem Arbeitnehmer übertragen. Es liegt damit an ihm, zu entscheiden, welche positiven oder negativen Leistungen er stärker hervorheben will. Das Zeugnis war hier daher durchaus vollstreckbar –  der Arbeitgeber wird ein Zwangsgeld zahlen müssen.

Hinweis: Wird in einem gerichtlichen Vergleich festgelegt, dass das Zeugnis nach Maßgabe eines Entwurfs des Arbeitnehmers zu erstellen ist und eine Abweichung nur aus wichtigem Grund möglich sein soll, kann ein solches Zeugnis vollstreckt werden.

Quelle: Hessisches LAG, Beschl. v. 28.01.2019 – 8 Ta 396/18

Thema: Arbeitsrecht

Spirituell statt fortbildend: Eine Pilgerreise ist auch für eine Religionslehrerin kein Grund für Sonderurlaub

Eltern schulpflichtiger Kinder wissen, wie schwer es ist, mit ihnen auch nur einen Tag länger im Urlaub bleiben zu dürfen, als die Ferien es erlauben. Dass dies auch für Lehrkräfte und Schulleiterinnen schwer ist und wie besonders ein Grund für einen solchen Sonderurlaub im öffentlichen Dienst auszusehen hat, zeigt der folgende Fall des Verwaltungsgerichts Osnabrück (VerwG).


Eine Beamtin des Landes Niedersachsen war Leiterin einer Grundschule und verlangte die Bewilligung von Sonderurlaub, um an einer fünftägigen Pilgerschnupperreise nach Norwegen teilzunehmen. Der Antrag wurde jedoch abgelehnt. Zum einen sah der Arbeitgeber dienstliche Gründe, die dem Urlaub entgegenstanden. Zum anderen hatte die Schulleiterin keine ständige Vertretung in der Schule und zudem eine Unterrichtungsverpflichtung. Dennoch bestand die Frau mit der Lehrberechtigung für das Fach Evangelische Religion auf ihren Sonderurlaubsanspruch und klagte daraufhin im einstweiligen Verfügungsverfahren –  jedoch vergeblich.

Die Lehrerin hatte keinen Anspruch auf Sonderurlaub, da kein wichtiger Grund für dessen Gewährung vorlag. Das VerwG war der Auffassung, dass an die Annahme eines wichtigen Grunds hohe Anforderungen zu stellen sind. Sonderurlaub wird im öffentlichen Dienst grundsätzlich nur dann gewährt, wenn die Teilnahme der Fortbildungsveranstaltung für die dienstliche Tätigkeit von Nutzen ist. Das war hier jedoch nicht erkennbar. Außerdem standen dienstliche Gründe dem Antrag entgegen.

Hinweis: Eine evangelische Religionslehrerin hat also keinen Anspruch auf Teilnahme an einer Pilgerreise. Dieses Urteil ist zwar für eine Lehrerin ergangen, es zeigt jedoch, wann beantragter Sonderurlaub abgelehnt werden darf.

Quelle: VerwG Osnabrück, Urt. v. 28.08.2018 – 3 B 51/18

Thema: Arbeitsrecht

Unter Drogenverdacht: Vor einer Kündigung muss der mutmaßlich abhängige Arbeitnehmer stets angehört werden

Drogen und Alkohol haben am Arbeitsplatz bekanntlich nichts zu suchen. Dass ein reiner Verdacht den Arbeitgeber nicht zu einer Kündigung veranlassen sollte, zeigt der folgende Fall des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg (LAG).

 

Ein Mann wurde während seiner Arbeit von einem Kollegen dabei beobachtet, wie er ein weißes Pulver zu sich genommen haben soll. Der Arbeitgeber kündigte seinem unter dem Verdacht des Drogenkonsums stehenden Mitarbeiter daraufhin fristlos und ordentlich fristgerecht. Angehört wurde der Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber allerdings nicht. Gegen die Kündigung legte der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage ein.

Das LAG entschied, dass die Kündigung in der Tat rechtswidrig war. Der Drogenkonsum eines Arbeitnehmers kann zwar grundsätzlich auch eine fristlose Kündigung rechtfertigen – und dabei macht es noch nicht einmal einen Unterschied, ob der Drogenkonsum in der Freizeit oder während der Arbeitszeit erfolgt. Ein solcher Konsum muss durch den Arbeitgeber aber auch dargelegt und bewiesen werden können. Die Tatsache, dass der Arbeitnehmer ein weißes Pulver zu sich genommen hatte, reicht für eine Kündigung nicht aus. Selbst eine reine Verdachtskündigung bleibt unwirksam, solange der Arbeitnehmer nicht zuvor angehört worden ist.

Hinweis: Die Kündigung eines abhängigen und süchtigen Arbeitnehmers ist stets schwierig. Grundsätzlich kann der Drogenkonsum eines Arbeitnehmers eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Der Arbeitgeber muss aber den Drogenkonsum des Arbeitnehmers darlegen und beweisen können.

Quelle: LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 24.08.2018 – 2 Sa 992/18

Thema: Arbeitsrecht

Schluss mit „Machen und Hoffen“? Zehnte Kammer des Bundesarbeitsgerichts zweifelt Verfahrensweise zum Weisungsrecht an

Innerhalb seines Weisungsrechts kann ein Arbeitgeber Ort, Zeit und Art der Beschäftigung des Arbeitnehmers festlegen. Grenzen werden diesem Recht nur durch das Gesetz, einen Tarifvertrag, eine Betriebsvereinbarung oder den Arbeitsvertrag gesetzt. Vor allem hat der Arbeitgeber auch stets eine rechtmäßige Ermessensentscheidung zu treffen.

Zwischen dem Arbeitnehmer des Falls und seinem Arbeitgeber gab es eine Reihe von Streitigkeiten. Nach einem verlorenen Kündigungsrechtsstreit wollte der Arbeitgeber den Arbeitnehmer von Dortmund nach Berlin versetzen. Als der Arbeitnehmer sich weigerte, erhielt er zunächst Abmahnungen und schließlich eine fristlose Kündigung wegen Arbeitsverweigerung. Gegen die Kündigung klagte er, und die Angelegenheit landete bei der Zehnten Kammer des Bundesarbeitsgerichts (BAG).

Die Kammer konnte allerdings nicht abschließend entscheiden. Grundsätzlich schlossen sich die Richter zwar den Vorinstanzen an und meinten, die Versetzung von Dortmund nach Berlin würde eine unbillige Ermessensentscheidung darstellen. Der Fünfte Senat des BAG hatte jedoch in einem ähnlichen Fall entschieden, dass der Arbeitnehmer erst einmal eine solche Weisung befolgen muss, bis deren Unwirksamkeit rechtskräftig durch ein Gericht festgestellt wurde. Der Zehnte Senat möchte diese Meinung jedoch nicht länger teilen und fragte daher beim Fünften Senat offiziell nach, ob dieser an seiner Auffassung festhält. Tut er dieses, muss letztlich der sogenannte Große Senat entscheiden.

Hinweis: Beim Thema Weisungsrecht wird sich also aller Voraussicht nach in Kürze etwas ändern. Nach der Auffassung des Zehnten Senats des BAG können Arbeitnehmer die Arbeit bei einer unbilligen Ermessensentscheidung des Arbeitgebers verweigern. Vermutlich werden Arbeitnehmer nicht länger verpflichtet sein, eine unbillige Weisung des Arbeitgebers zunächst zu befolgen, bevor eine Gegenwehr erfolgen kann.

Quelle: BAG, Beschl. v. 14.06.2017 – 10 AZR 330/16

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