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Schlagwort: Arbeitsentgelt

Unternehmerisches Risiko: Wer Mitarbeiter in ein Coronarisikogebiet schickt, erhält keine quarantänebedingte Entschädigung

Das Infektionsschutzgesetz regelt, dass der Staat Menschen in der Pandemie unter Quarantäne nehmen kann.  Aufgrund des Ausfalls von Arbeitslohn und fehlendem Umsatz bei Selbständigen zahlt er Entschädigungen. Doch wenn ein Arbeitgeber einen Arbeitnehmer in ein Risikogebiet schickt, sieht das Ganze laut folgendem Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe (VG) anders aus.

Ein Maschinenbauunternehmen hatte einen angestellten Servicemonteur zu einem Kunden nach Österreich geschickt. Zu diesem Zeitpunkt war Österreich jedoch bereits als Coronarisikogebiet eingestuft. Deshalb musste sich der Monteur nach seiner Rückkehr nach Deutschland 14 Tagen in die häusliche Quarantäne begeben. Während der Zeit zahlte der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt weiter, wollte es sich jedoch später vom Staat zurückholen. Das ist grundsätzlich nach dem Infektionsschutzgesetz möglich. Als das Land Baden-Württemberg den Betrag nicht überwies, klagte das Unternehmen – vergeblich.

Das VG konnte keinen Anspruch auf Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz erkennen. Denn nach Meinung der Richter sei die Dienstreise nach Österreich vermeidbar gewesen, da es sich nicht um ein außergewöhnliches Ereignis gehandelt habe. Das Unternehmen hatte daher jene Entgeltfortzahlung geleistet, zu der es arbeitsvertraglich verpflichtet war. Der Arbeitsausfall fiel zudem in dessen Risikosphäre und war nicht von dem Servicemonteur verschuldet worden. Denn dieser hatte ja lediglich eine Weisung seines Arbeitgebers zur Vornahme einer Dienstreise in das Risikogebiet Österreich befolgt.

Hinweis: Vielen Arbeitgebern droht es also, in entsprechenden Fällen auf den Kosten sitzen zu bleiben. Behörden werden nach diesem Urteil nicht so leicht Entschädigungszahlungen freigeben.

Quelle: VG Karlsruhe, Urt. v. 30.06.2021 – 9 K 67/21

Klage auf Annahmeverzugslohn: Arbeitgeber hat Anspruch auf Kenntnis der Stellenangebote von Arbeitsagentur und Jobcenter

Dieses Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) sollten Arbeitnehmer kennen, die gegen eine Kündigung gerichtlich vorgehen. Denn es zeigt auf, dass selbst nach einer erfolgreichen Klage auf Wiedereinstellung die daraufhin verlangte Lohnzahlung für die Zeit zwischen Kündigung und Wiedereinstellung (Annahmeverzugslohn) nicht ohne Fallstricke ist.

Ein Bauarbeiter hatte mehrere Kündigungen erhalten und musste schließlich wiedereingestellt werden. Für die Zwischenzeit hatte er keine Vergütung erhalten, die er nun aber von seiner Arbeitgeberin verlangte und einklagte. Die Arbeitgeberin verlangte allerdings ihrerseits im Wege einer Widerklage Auskunft über die von der Agentur für Arbeit und dem Jobcenter übermittelten Stellenangebote. Bestehe das Arbeitsverhältnis fort, müsse sich der Arbeitnehmer auf das Arbeitsentgelt, das ihm der Arbeitgeber für die Zeit nach der Entlassung schuldet, anrechnen lassen, was er durch anderweitige Arbeit verdient habe und was er hätte verdienen können.

Die Widerklage der Arbeitgeberin war in den Augen des BAG erfolgreich. Sie hatte einen Anspruch auf eine schriftliche Auskunft über die von der Agentur für Arbeit und dem Jobcenter unterbreiteten Vermittlungsvorschläge unter Nennung von Tätigkeit, Arbeitszeit, Arbeitsort und Vergütung. Sollte der Bauarbeiter Vermittlungsvorschläge abgelehnt haben, könne ihm folglich auch kein Annahmeverzugslohn mehr zustehen.

Hinweis: Dieses Urteil bedeutet, dass Arbeitnehmer künftig Stellenangebote der Bundesagentur für Arbeit oder des Jobcenters aufbewahren sollten, um sie gegebenenfalls ihrem Arbeitgeber vorlegen zu können. Das ist – wie hier ersichtlich – wichtig, wenn es um die Nachzahlung von Geld geht.

Quelle: BAG, Urt. v. 27.05.2020 – 5 AZR 387/19
Thema: Arbeitsrecht

Verfallene Ansprüche: Terminlich entscheidend ist der Eingang des Anspruchsschreibens beim Gegner

Ausschlussfristen sind für Arbeitnehmer etwas sehr Gefährliches.

In einem Fall vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) kam ein Tarifvertrag zur Anwendung, der eine Ausschlussfrist vorsah. Danach mussten Ansprüche binnen sechs Monaten schriftlich geltend gemacht werden, andernfalls verfielen sie. Ein Arbeitnehmer machte allerdings erst mit seiner am 18.12.2013 bei Gericht eingegangenen und dem Arbeitgeber am 07.01.2014 zugestellten Klage Ansprüche auf Arbeitsentgelt für den Monat Juni 2013 geltend. Deshalb meinte der Arbeitgeber, die Frist sei um sieben Tage überschritten, und der Schriftsatz hätte ihm bis zum 31.12.2013 – also binnen der Sechsmonatsfrist – zugehen müssen. Der Arbeitnehmer war dagegen der Auffassung, die Frist sei durch den fristgerechten Eingang der Klageschrift bei Gericht gewahrt. Doch das BAG teilte die Ansicht des Arbeitgebers. Die Klage war außerhalb der sechsmonatigen Verfallfrist zugestellt worden. Der Anspruch war damit verfallen – und die Klage abzuweisen.

Hinweis: Findet eine tarifliche Ausschlussfrist Anwendung, ist für den Zugang eines Anspruchsschreibens entscheidend, dass es dem Gegner selbst zugeht.

Quelle: BAG, Urt. v. 16.03.2016 – 4 AZR 421/15
Thema: Arbeitsrecht