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Schlagwort: Arbeitsverhältnis

Illoyales Verhalten: Intriganten Geschäftsführern droht die außerordentliche fristlose Kündigung

Hauptamtliche Mitarbeiter von Vereinen sollten sich gegenüber dem Vorstand stets loyal verhalten.

Die angestellte Geschäftsführerin eines Vereins stritt mit dem Vereinsvorsitzenden über Reisekostenabrechnungen und Überstunden. Daraufhin rief die Geschäftsführerin die Mitglieder des Vereins dazu auf, eine außerordentliche Mitgliederversammlung einzuberufen und die Vereinsspitze abzuwählen. Der Vorstand des Vereins erkannte in diesem Aufruf ein extrem illoyales Verhalten und kündigte das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos. Gegen diese Kündigung klagte die Geschäftsführerin mit mäßigem Erfolg.

Das Bundesarbeitsgericht urteilte, dass illoyales und intrigantes Verhalten grundsätzlich ein Grund für eine fristlose Kündigung sein kann. Durch dieses Verhalten wird die erforderliche Vertrauensbasis zerstört und der Betriebsfriede erheblich gestört. Allerdings muss der Arbeitgeber binnen zwei Wochen nach Kenntniserlangung der Kündigungsgründe die fristlose Kündigung aussprechen. Ob dieses erfolgt war, muss nun die Vorinstanz untersuchen.

Hinweis: Geschäftsführer sind alles andere als vor Kündigungen geschützt. Diese rechtlich sehr schwache Stellung sollte Geschäftsführern bewusst sein. Aber dafür bekommen sie auch monatlich in aller Regel viel mehr Geld als der durchschnittliche Arbeitnehmer. 
  
  Quelle: BAG, Urt. v. 01.06.2017 – 6 AZR 720/15

  Arbeitsrecht

Beidseitige Rücksichtnahmepflicht: Haltlose Strafanzeige gegen den Arbeitgeber kann schnell zur Kündigung führen

Bevor Arbeitnehmer Strafanzeigen gegen ihren Arbeitgeber stellen, gilt es, einige Dinge zu beachten.

Eine Fachanwältin für Arbeits- und Sozialrecht war bei einer Fachhochschule seit 2003 als Lehrbeauftragte angestellt. Dann ließ die Fachhochschule die Lehrveranstaltungen auf Grundlage einer sogenannten erlassenen Evaluierungsordnung bewerten. Die Rechtsanwältin hielt diese durchgeführte Evaluierung wegen der nach ihrer Auffassung nicht ordnungsgemäßen Bestellung eines Evaluierungsbeauftragten für rechtswidrig. Sie erstattete deshalb eine Strafanzeige wegen einer Straftat nach § 44 Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz. Die Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren aber ein.

Als die Fachhochschule von dem Strafantrag erfuhr, kündigte sie das Arbeitsverhältnis. Gegen die Kündigung erhob die Rechtsanwältin Klage. Die ordentliche Kündigung war jedoch wirksam. Insbesondere hätte die Anwältin auf die Arbeitgeberinteressen mehr Rücksicht nehmen müssen. Die Stellung des Strafantrags verstieß in besonderem Maße gegen diese Rücksichtnahmepflicht, da erkennbar eine Schädigungsabsicht der Fachhochschule fehlte. Die Rechtsanwältin hätte zunächst innerbetrieblich die Vorwürfe klären können.

Hinweis: Die Strafanzeige gegen den eigenen Arbeitgeber im laufenden Arbeitsverhältnis sollte die Ausnahme sein. Arbeitnehmer sollten sich vorher unbedingt beraten lassen, bevor sie solch einen Schritt unternehmen.

Quelle: BAG, Urt. v. 15.12.2016 – 2 AZR 42/16
zum Thema: Arbeitsrecht

Kehrtwende im Urlaubsrecht? Aus der Pflicht der Urlaubsbeantragung könnte bald eine Plicht zur Urlaubsgewährung werden

Entscheidet der Europäische Gerichtshof (EuGH) auf diesen Beschluss des Bundesarbeitsgerichts (BAG) hin zugunsten der Arbeitnehmer, wird es für Arbeitgeber richtig teuer.

Ein Arbeitnehmer war 13 Jahre lang durch mehrere befristete Arbeitsverträge bei seinem Arbeitgeber beschäftigt. Zum 31.12.2013 sollte dieses Arbeitsverhältnis enden. Im Oktober 2013 forderte der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer auf, den Urlaub noch vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu nehmen. Der Mann nahm jedoch nur zwei Tage Urlaub und verlangte kurz vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Abgeltung von 51 nicht genommenen Urlaubstagen. Als er das Geld nicht erhielt, klagte er.

Das BAG setzte das Verfahren aus und legte dem EuGH die Sache zur Vorabentscheidung vor. Das BAG möchte wissen, ob der Arbeitgeber verpflichtet ist, von sich aus einseitig und für den Arbeitnehmer verbindlich die zeitliche Lage des Urlaubs festzulegen. Ist das der Fall, wäre der Arbeitgeber verpflichtet, von sich aus den Urlaub zu gewähren. Dann würde der Mann seine Klage gewinnen. Das Urteil des EuGH bleibt also mit Spannung abzuwarten.

Hinweis: Das deutsche Recht sieht bislang keine Verpflichtung des Arbeitgebers vor, Arbeitnehmern von sich aus Urlaub zu gewähren. Ohne Antrag eines Arbeitnehmers auf Urlaub verfällt der Urlaub eben. Das könnte sich künftig ändern.

Quelle: BAG, Beschl. v. 13.12.2016 – 9 AZR 541/15 (A)
Thema: Arbeitsrecht

Fristlose Kündigung: Bei Drogenkonsum endet für Berufskraftfahrer die Trennung von Berufs- und Privatleben

Nur in Ausnahmefällen darf den Arbeitgeber das Freizeitverhalten seiner Arbeitnehmer insoweit interessieren, dass er daraus eigene Rechte ableiten kann. Das folgende Urteil zeigt aber, dass bei Berufskraftfahrern eine strikte Trennung zwischen Berufs- und Privatleben nicht immer möglich und deren „freie“ Zeit in Sachen Drogenkonsum eine solche eben nicht mehr ist.

Ein Lkw-Fahrer nahm an einem Samstag Amphetamine und Crystal Meth ein. Am nächsten Montag fuhr er wieder Lkw, am darauffolgenden Dienstag wurde bei einer Polizeikontrolle sein wochenendlicher Drogenkonsum festgestellt. Als der Arbeitgeber das erfuhr, kündigte er das Arbeitsverhältnis fristlos. Dagegen klagte der Arbeitnehmer.

Das Bundesarbeitsgericht stellte sich jedoch auf die Seite des Arbeitgebers. Die fristlose Kündigung hatte das Arbeitsverhältnis tatsächlich beendet. Ein Berufskraftfahrer darf seine Fahrtüchtigkeit nicht durch Drogenkonsum gefährden. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Droge vor oder während der Arbeitszeit genommen wurde.

Hinweis: Berufskraftfahrer riskieren also auch bei einem Drogenkonsum außerhalb der Arbeitszeit die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Es bleibt nun abzuwarten, auf welche weiteren Berufsgruppen sich dieses Urteil künftig übertragen lässt.

Quelle: BAG, Urt. v. 20.10.2016 – 6 AZR 471/15
Thema: Arbeitsrecht

Bundesarbeitsgericht: Rückforderung eines Provisionsvorschusses nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses

BGB §§ 305c, 307; HGB § 87 III – Eine Vertragsklausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nicht näher benannte Provisions- und Stornohaftungsbedingungen in Bezug nimmt und einen Provisionsanspruch daran knüpft, dass der Arbeitnehmer diese Bedingungen „anerkennt und als vertragsgemäß akzeptiert“, ist intransparent und daher unwirksam. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21.01.2015 – 10 AZR 84/14

Sachverhalt
Die Klägerin ist Versicherungsmaklerin. Der Beklagte war bis zu seiner Eigenkündigung für sie als Regionaldirektor im Anstellungsverhältnis tätig. Neben einem Grundgehalt erhielt er für seine Vermittlungsleistungen Provisionen, die ihm als Vorschuss gezahlt wurden. Im Arbeitsvertrag wurden nicht näher benannte Provisions- und Stornohaftungsbedingungen in Bezug genommen und der Provisionsanspruch des Beklagten davon abhängig gemacht, dass der Beklagte diese „anerkennt und als vertragsgemäß akzeptiert“. Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses verlangte die Klägerin vom Beklagten Rückzahlung von Provisionsvorschüssen, die nicht vollständig ins Verdienen gebracht wurden, weil es nach dem vermittelten Vertragsschluss zu keiner Leistung von Prämien der geworbenen Versicherungsnehmer gekommen war.

Das ArbG gab der Klage statt, die Berufung des Beklagten blieb erfolglos.

Entscheidung
Das Bundesarbeitsgericht hob das Urteil auf die Revision des Beklagten auf und verwies die Klage zur erneuten Prüfung an das LAG zurück.

Nach Ansicht des Bundesarbeitsgericht ist die Klage mangels hinreichender Bestimmtheit des Klageantrags unzulässig. Die Klägerin hatte ihrer Klageforderung einen Bruttobetrag zugrunde gelegt und es unterlassen, die Höhe der abgeführten Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung zu beziffern.

Das Bundesarbeitsgericht hält die Klage darüber hinaus auch in der Sache für bislang unbegründet.

Grundsätzlich sei zwar eine Vertragsklausel in AGB zulässig, wonach sich der Arbeitnehmer zur Rückzahlung geleisteter, jedoch noch nicht vollständig ins Verdienen gebrachter Provisionen verpflichtet. Vorliegend habe es die Klägerin aber versäumt, darzulegen, wie sich ihre Klageforderung zusammensetzt. Eine schlüssige Klage auf Rückforderung von Provisionsvorschüssen erfordert nach Ansicht des Bundesarbeitsgericht die Aufschlüsselung, für welchen Vertrag Provisionen in welcher Höhe als Vorschuss gezahlt wurden und inwieweit es nicht zur Prämienzahlung durch den Versicherungsnehmer gekommen ist. Eine solche Konkretisierung sei auch für kleine Rückforderungsbeträge (sog. Kleinstorni) erforderlich. Zur schlüssigen Begründung des Rückforderungsanspruchs gehöre ferner die Darlegung der ordnungsgemäßen Nachbearbeitung des einzelnen „notleidenden“ Versicherungsvertrags durch den Arbeitgeber nach § 87 III 2 HGB. Die Klägerin hatte keine Vornahme sog. Storno-Abwehrmaßnahmen vorgetragen.

Schließlich konnte die Klägerin ihren Rückforderungsanspruch auch nicht auf die arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Provisions- und Stornohaftungsbedingungen stützen. Die entsprechende Klausel hält das Bundesarbeitsgericht für intransparent i.S.d. § 307 III 2 BGB i.V.m. § 307 I 2 BGB, da die externen Regelwerke, auf die vertraglich verwiesen wurde, nicht hinreichend bestimmbar seien.

Praxishinweis
Arbeitgeber müssen auf eine transparente Vertragsgestaltung achten. Die Bezugnahme auf externe Klauselwerke in AGB ist in der Regel nur zulässig, wenn diese konkret bezeichnet und dem Arbeitnehmer auch zugänglich sind.

Referiert von: Rechtsanwalt Rainer Tschersich, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Fachanwalt für Handelsrecht und Gesellschaftsrecht

Aufhebung, Abwicklung, Abfindung

Aufhebung, Abwicklung, Abfindung

Wir beraten Unternehmen und Angestellte bei allen arbeitsrechtlichen Fragen, insbesondere im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Ein Schwerpunkt unserer Tätigkeit liegt dabei in der Gestaltung, Prüfung, Umsetzung und Durchsetzung arbeitsrechtlicher Aufhebungsverträge und Abwicklungsverträge durch unsere spezialisierten Rechtsanwälte und Fachanwälte.

Aufhebungsvertrag

Auch wenn sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber einig sind und sich ohne Streit trennen, sollte die Beendigung des Arbeitsverhältnisses stets im Rahmen eines Aufhebungsvertrages geregelt werden. Der Unterschied zwischen dem Aufhebungsvertrag und dem Abwicklungsvertrag besteht darin, dass der Aufhebungsvertrag ohne vorherige Kündigung abgeschlossen wird, während der Abwicklungsvertrag eine Regelung über die Folgen einer vorangegangenen Kündigung darstellt. Der Aufhebungsvertrag beendet damit das Arbeitsverhältnis und wirkt wie eine Kündigung.

Der Aufhebungsvertrag bedarf zwingend der Schriftform. Anderenfalls ist er unwirksam (§ 623 BGB). Ein Vorteil des Aufhebungsvertrages gegenüber der Kündigung ist der Wegfall etwaiger Kündigungsfristen für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Auch der Betriebsrat bzw. die sonstigen Organe der Mitarbeitervertretung sind nicht zu beteiligen. Eine Kündigungsschutzklage erfolgt nicht.

Der Aufhebungsvertrag birgt jedoch auch Risiken. Häufig kommt es nachträglich zur Anfechtung von Aufhebungsverträgen, weil der Arbeitnehmer sich durch den Abschluss des Aufhebungsvertrages überrumpelt oder benachteiligt fühlt. Die Anfechtung ist regelmäßig nur innerhalb von zwei Wochen ab Abschluss des Aufhebungsvertrages und nur unter den Voraussetzungen eines Anfechtungsgrundes möglich.

Ferner kann der Abschluss eines Aufhebungsvertrages dazu führen, dass die Bundesagentur für Arbeit gegenüber dem Arbeitnehmer eine Sperrzeit von bis zu 12 Wochen für den Bezug von Arbeitslosengeld I ausspricht. Dies wird insbesondere dann erfolgen, wenn dem Arbeitnehmer vorzuwerfen ist, dass er durch den Abschluss des Aufhebungsvertrages am Verlust des Arbeitsplatzes mitgewirkt hat.

Abwicklungsvertrag

  • Mit dem Abwicklungsvertrag können die Parteien nach dem Ausspruch einer Kündigung des Arbeitgebers einvernehmlich die Modalitäten des Ausscheidens des Arbeitnehmers, mithin also die Kündigungsfolgen, regeln. Der Abwicklungsvertrag wird zumeist dann gewählt, wenn sich die Beteiligten über die Kündigungsfolgen einig sind und einen Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht vermeiden wollen. Typische Inhalte eines Abwicklungsvertrages im Arbeitsrecht zur Regelung der Kündigungsfolgen sind vor allem:
  • Bestätigung der Kündigung, des Kündigungsgrundes (in der Regel: betriebsbedingt), und des Beendigungszeitpunktes
  • Regelung von Resturlaub bzw. Urlaubsabgeltung
  • Höhe einer etwaigen Abfindung
  • Möglichkeit des Arbeitnehmers, das Arbeitsverhältnis vorzeitig zu beenden. Wenn dem Arbeitnehmer zusätzlich die Möglichkeit eingeräumt wird, eine noch frühere Beendigung des Arbeitsverhältnisses als durch die arbeitgeberseitige Kündigung herbeizuführen, kann häufig vereinbart werden, dass sich dann die Abfindung erhöht. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einer sogenannten „Sprinter-Prämie“ oder „Turbo-Klausel“.
  • Regelungen über Freistellungen sowie Übergabe des Arbeitsplatzes
  • Regelungen über die Zeugniserteilung (Zwischenzeugnis, Schlusszeugnis, möglicherweise auch Notenstufe)
  • Regelungen über die sonstige Abwicklung, zum Beispiel Rückgabe des Dienstwagens und der Arbeitsmaterialien
  • Regelungen im Zusammenhang mit der betrieblichen Altersversorgung

Sind sich die Parteien über den Inhalt des Abwicklungsvertrages einig, besteht jedoch auch die Möglichkeit, den Inhalt der Einigung nach Erhebung einer Kündigungsschutzklage zeitnah gerichtlich protokollieren zu lassen (sogenanntes Verfahren nach § 278 Abs. 6 ZPO). Hierdurch wird eine besondere Rechtssicherheit geschaffen.

Dieses Verfahren ist eine zeit- und kostenneutrale Alternative zum Abwicklungsvertrag. Denn bei Vergleichsschluss fallen keine Gerichtsgebühren an. Es erfordert auch keinen zeitlichen Mehraufwand, da die Protokollierung schriftlich erfolgt und ein Gerichtstermin nicht wahrgenommen werden muss.

Rainer Tschersich

Rainer Tschersich

T. 0202-38902-12

Arbeitsrecht
  • Rechtsanwalt Peter Kania

    Peter Kania

  • Rechtsanwalt Rainer Tschersich

    Rainer Tschersich

  • Kati-Kirschstein-Rechtsanwältin

    Kati Kirschstein

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