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Schlagwort: ArbG Karlsruhe

Atheistin als Kirchensekretärin: Zugehörigkeit zu einer bestimmten Religionsgemeinschaft taugt nicht als berufliche Anforderung

Viele Rechtsstreitigkeiten wegen Ungleichbehandlungen ließen oftmals den Aspekt der Konfessionszugehörigkeit außen vor. Doch dass Diskriminierungen wegen des Glaubens selbst bei Stellenanzeigen der Kirche verboten sind, sofern die ausgeschriebene Position keine derartig rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung bedingt, machte im folgenden Fall das Arbeitsgericht Karlsruhe (ArbG) eindeutig klar.

Eine Kirche schrieb eine Sekretariatsstelle aus, und Bewerberinnen und Bewerber wurden aufgefordert, ihre Bewerbungsunterlagen „unter Angabe der Konfession“ zuzusenden. Eine Bewerberin teilte dann mit, dass sie konfessionslos und Atheistin sei. Als die Stelle an eine andere Arbeitnehmerin vergeben wurde, verlangte die Bewerberin die Zahlung einer Entschädigung von drei Bruttomonatsgehältern – insgesamt etwas mehr als 10.000 EUR.

Das ArbG sah das genauso, hat allerdings lediglich eine Entschädigung von eineinhalb Bruttomonatsvergütungen als gerechtfertigt angesehen – also etwas mehr als 5.000 EUR. Die Aufforderung in der Stellenanzeige, die Konfession anzugeben, war ein ausreichendes Indiz für eine unterschiedliche Behandlung wegen der Religion. Als berufliche Anforderung taugte die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Religionsgemeinschaft nicht. Diese sei nur dann gerechtfertigt, wenn sie angesichts des Ethos der Kirche und der Art der Tätigkeit oder der Umstände ihrer Erbringung eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung darstelle. Und dies war nach Ansicht der Richter hier nicht der Fall gewesen.

Hinweis: Falls Arbeitnehmer der Auffassung sind, diskriminiert oder gemobbt zu werden, sollten sie zunächst unbedingt ein Tagebuch über die Vorkommnisse anfertigen. Denn solche ausführlichen Aufzeichnungen sind oft der Schlüssel für einen erfolgreichen Rechtsstreit.

Quelle: ArbG Karlsruhe, Urt. v. 18.09.2020 – 1 Ca 171/19

zum Thema: Arbeitsrecht

Keine Urlaubsabgeltung: Zeitablauf und vorliegender Umstandsmoment können berechtigte Ansprüche verwirken lassen

Dass insbesondere Arbeitnehmer aufpassen müssen, ihre Ansprüche rechtzeitig geltend machen, zeigt der folgende Fall, den das Arbeitsgericht Karlsruhe (ArbG) zu bewerten hatte.

Eine Arbeitgeberin befand sich in der Liquidation, stellte ihren Betrieb ein und sprach Kündigungen aus. Über ein Jahr später forderte einer der Arbeitnehmer noch fehlendes Geld ein, das schließlich auch bezahlt wurde. Fast ein Jahr später verlangte der Arbeitnehmer auch noch eine Urlaubsabgeltung für 19 Urlaubstage und klagte schließlich 1.300 EUR brutto ein. Doch hier stieß der Kläger beim ArbG nicht auf Verständnis.

Das Geld musste die Arbeitgeberin nicht zahlen, da der Anspruch bereits verwirkt war. Der Zeitablauf kann für sich alleine genommen zwar nicht die Verwirkung eines Rechts rechtfertigen, denn es müssen vielmehr auch besondere Umstände sowohl im Verhalten des Gläubigers als auch des Schuldners zu dem Zeitmoment hinzutreten. Dabei muss der Gläubiger den Eindruck erweckt haben, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen will. Und genau das war laut dem ArbG hier der Fall. Die Arbeitgeberin hatte im Zeitpunkt der Geltendmachung des Anspruchs ihren Geschäftsbetrieb seit über zwei Jahren stillgelegt und zwischenzeitlich abgewickelt. Außerdem hatte der Arbeitnehmer ein Jahr vorher bereits Geld gefordert, das er dann auch erhalten hatte. Die Arbeitgeberin musste nicht damit rechnen, dass der Arbeitnehmer zehn weitere Monate später eine Urlaubsabgeltung einfordert. Daher war der Anspruch des Arbeitnehmers verwirkt.

Hinweis: Ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung kann also wie andere Ansprüche auch verwirken, wenn zum nötigen Zeitablauf auch das sogenannte Umstandsmoment hinzutritt. Dieses bildeten in diesem Fall eine neue Arbeitsstelle und die Stilllegung des Betriebs des Arbeitgebers.

Quelle: ArbG Karlsruhe, Urt. v. 16.03.2018 – 7 Ca 214/17

Thema: Arbeitsrecht