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Schlagwort: ArbG Stuttgart

Streichung aus Personalakte: Die Amtsausübung als Betriebsratsmitglied darf nicht zur Abmahnung führen

Bekanntlich nehmen Mitglieder des Betriebsrats im Betrieb eine besondere Stellung ein. Dass sie beispielsweise auch nicht ohne weiteres abgemahnt werden dürfen, musste auch eine Arbeitgeberin vor dem Arbeitsgericht Stuttgart (ArbG) lernen.

Ein Betriebsrat forderte die Außendienstmitarbeiter seiner Arbeitgeberin auf, individuellen Arbeitsvorgaben zu widersprechen. Mit einem solchen Widerspruch würden sie dem Betriebsrat helfen, aus seiner Sicht falsch berechnete Prämienansprüche gerichtlich durchzusetzen. Die Arbeitgeberin mahnte daraufhin die Betriebsratsmitglieder ab, da sie die Aufforderung als schwerwiegenden Verstoß gegen das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit erachtet hatte. Das wiederum wollte sich der Betriebsrat nicht gefallen lassen und klagte.

Das ArbG teilte die Auffassung des Betriebsrats – die Abmahnungen waren aus den Personalakten der Betriebsratsmitglieder zu entfernen. Wenn überhaupt Amtspflichtverletzungen vorlagen, hatten diese jedenfalls nichts mit dem Arbeitsverhältnis der Betriebsratsmitglieder zu tun. Abmahnungen von Betriebsratsmitgliedern dürfen dann nicht in die Personalakte aufgenommen werden, wenn zwar individualrechtliche Sanktionen angedroht werden, jedoch die Verletzung betriebsverfassungsrechtlicher Amtspflichten gerügt wird. Außerdem war das ArbG der Auffassung, dass vieles dafür spricht, dass betriebsverfassungsrechtliche Abmahnungen gegenüber Betriebsratsmitgliedern ohnehin stets unzulässig sind. Für eine Amtsenthebung ist eine Abmahnung schließlich dem Gesetz nach gar nicht erforderlich.

Hinweis: Abmahnungen, mit denen der Arbeitgeber die Amtsausübung von Betriebsratsmitgliedern rügt, dürfen nicht in deren Personalakten aufgenommen werden.

Quelle: ArbG Stuttgart, Beschl. v. 30.04.2019 – 4 BV 251/18

Thema: Arbeitsrecht

Gegen Vorschriften verstoßen: Arbeitsgericht Stuttgart erklärt Daimlers Betriebsratswahl für ungültig

Betriebsratswahlen sind im Arbeitsrecht stets ein heikles Thema. Denn immer wieder passieren Fehler, die selbst in großen Unternehmen als solche bislang überhaupt nicht in Betracht gezogen wurden – bis jemand klagt. So passierte es nun auch dem Automobilhersteller Daimler, dessen Betriebsratswahl vom Arbeitsgericht Stuttgart (ArbG) just als ungültig einkassiert wurde.

Die Betriebsteile des Unternehmens mit rund 17.000 Arbeitnehmern liegen weit voneinander entfernt – teilweise bis zu 600 km. Als dann in der Stuttgarter Zentrale eine Wahl des Betriebsrats stattfand, an der alle Mitarbeiter sämtlicher Betriebe teilnehmen durften, kam es nicht nur in den Augen einiger Mitarbeiter, sondern auch in denen des ArbG zum entscheidenden Fehler.

Laut Ansicht der Richter sei bei der Wahl gegen wesentliche Vorschriften verstoßen worden. In den zwei weit entfernten Betrieben mit zehn bzw. 26 Wahlberechtigten hätten eigene Betriebsräte in selbständigen betriebsratsfähigen Einheiten gewählt werden müssen. Für eine optimale Betreuung dieser 36 Mitglieder von der Zentrale aus reiche selbst moderne Kommunikationstechnik nicht aus, so das ArbG. Die Zweifel der fünf anfechtenden Arbeitnehmer, ob es sich bei der Stuttgarter Zentrale des Autoherstellers mit unterschiedlichsten Tätigkeitsbereichen überhaupt um nur einen Betrieb handle, konnten die Richter jedoch nicht teilen. Es handle sich trotz der Unterteilung in MB-Cars, Trucks und Vans tatsächlich um einen einheitlichen Betrieb.

Hinweis: Befinden sich Betriebsteile weit entfernt vom zentralen Betrieb, ist eine einheitliche Betriebsratswahl mit der Wahl eines übergreifenden Betriebsrats nicht möglich. Darauf sollte künftig jeder Wahlvorstand vor der Wahl achten.

Quelle: ArbG Stuttgart, Beschl. v. 25.04.2019 – 21 BV 62/18

Thema: Arbeitsrecht

Nach Weigerung des Betriebsrats: Schwere Pflichtverletzung führt zur Kündigung einer ordentlich unkündbaren Betriebsrätin

Auch Betriebsräte sind nicht vor außerordentlichen fristlosen Kündigungen geschützt.

Eine Betriebsrätin war als Krankenpflegerin tätig. Nachdem sie ihre Überwachungspflichten verletzt hatte, war eine Patientin gestorben. Der Arbeitgeber wollte der Betriebsrätin deshalb kündigen. Dafür musste jedoch der Betriebsrat seine Zustimmung erteilen. Dieser stimmte der Kündigung nicht zu und verwies auf die Überlastung des Pflegepersonals.

Daraufhin beantragte der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht, die Zustimmung des Betriebsrats ersetzen zu lassen – und erhielt Recht! Denn der Betriebsrat hatte zu Unrecht die Zustimmung zur Kündigung verweigert. Die Betriebsrätin hatte es versäumt, ärztliches Personal zu rufen, nachdem die Vitalzeichen einer Patientin maschinell nicht überprüft werden konnten. Das stellte eine so schwere Pflichtverletzung dar, dass eine Kündigung möglich war.

Hinweis: Nachdem nun das Gericht die Zustimmung des Betriebsrats ersetzt hat, kann der Arbeitgeber kündigen. Vermutlich wird es dann den nächsten Rechtsstreit geben, wenn die Betriebsrätin gegen die Kündigung vorgeht.

Quelle: ArbG Stuttgart, Beschl. v. 05.04.2017 – 12 BV 64/15
Thema: Arbeitsrecht