Skip to main content

Schlagwort: Aufenthaltsbestimmungsrecht

Kindeswohl im Mittelpunkt: Maßnahme des Kindesschutzes darf nicht zur Bestrafung der Eltern herhalten

Um Kinder zu schützen, kann es notwendig werden, diese ganz oder teilweise aus der Obhut ihrer Eltern zu nehmen. Entscheidungsgrundlage muss dabei immer das Kindeswohl sein. Zur Bestrafung der Eltern darf eine so einschneidende Maßnahme nicht erfolgen, wie dieser Fall des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (OLG) beweist.

Weiterlesen

Nicht nur Wissensvermittlung: Bei Verweigerung der Schulpflicht droht Sorgerechtsentzug

Der Entzug des Sorgerechts sollte in Familiensachen immer das letzte Mittel sein. Im Folgenden gab das Oberlandesgericht Karlsruhe (OLG) den Eltern des betreffenden Kindes das Sorgerecht, das ihnen vom Familiengericht (FamG) bezüglich Aufenthaltsbestimmungsrecht, Entscheidungen in schulischen Angelegenheiten sowie Beantragung öffentlicher Hilfen entzogen war, zwar zurück, doch nicht ohne den ernsten Hinweis, das dies durchaus nicht auf Dauer gelten muss.

Weiterlesen

Elterliche Sorge: Vollmacht anstelle einer Übertragung der elterlichen Sorge an einen Elternteil ist möglich

Sind sich Eltern in grundlegenden Dingen nicht einig, kommt ein Verfahren der Übertragung der elterlichen Sorge auf einen Elternteil allein in Betracht. Solche Verfahren enden oft damit, einem Elternteil gewisse Vollmachten zu übertragen, es aber bei der gemeinsamen elterlichen Sorge zu belassen. Inwieweit dies ein probater Weg ist, war in der Bewertung Aufgabe des Bundesgerichtshofs (BGH).

Eine kroatische Mutter und ein bosnischer Vater stritten um das Sorgerecht für ihren Sohn. Beide hatten eine gemeinsame Sorgeerklärung abgegeben, trennten sich aber recht bald nach der Geburt des Kindes, wobei der Sohn bei der Mutter blieb. Das Aufenthaltsbestimmungsrecht übertrug das Gericht schließlich auch auf die Mutter. In einem weiteren Verfahren beantragte sie dann die vollständige Übertragung der elterlichen Sorge. Dieses Verfahren endete mit einer umfassenden Vollmacht, die der Vater der Mutter erteilte. Erneut beantragte die Mutter später die vollständige Übertragung der elterlichen Sorge, da die erteilte Vollmacht nicht ausreiche. Dies sei insbesondere bei der Vertretung gegenüber dem Konsulat aufgefallen. Der BGH hat den Fall umfassend untersucht, aber nicht abschließend entschieden und ihn stattdessen an die Vorinstanz zurückverwiesen.

Die Beibehaltung der gemeinsamen Entscheidungsbefugnis scheiterte vorliegend am erheblichen Kommunikationskonflikt. Zur Frage, ob solche Probleme durch eine Vollmacht gelöst werden können, hat der BGH die bisher divergierende Rechtsprechung ausgewertet. Seiner Auffassung nach ist es durchaus möglich, dass ein Elternteil dem anderen eine umfassende Vollmacht in Fragen der elterlichen Sorge erteilt. Geschieht dies und kann damit ein Elternteil alle relevanten Fragen der elterlichen Sorge in der täglichen Praxis allein regeln, bedarf es keiner weiteren Entscheidung zur elterlichen Sorge. Im vorgelegten Fall war jedoch zu klären, ob die erteilte Vollmacht ausreichend war oder eben nicht. Dem nachzugehen, sei laut BGH Aufgabe der Vorinstanz, an die dieser Fall zur Entscheidung somit auch zurückging.

Hinweis: Eine Vollmacht kann eine Entscheidung zur elterlichen Sorge also durchaus ersetzen. Da auch hier der Teufel im Detail liegt, ist jede der Parteien stets gut beraten, solche Schriftstücke mit fachlich professioneller Unterstützung anzugehen.

Quelle: BGH, Beschl. v. 29.04.2020 – XII ZR 112/19

 Thema: Familienrecht

Trotz väterlichen Widerspruchs: Frankfurter Gericht setzt Hürden für Namensänderungen von Kindern herab

Bislang war es (zumeist) Frauen nach der Scheidung zwar möglich, den Geburtsnamen wieder anzunehmen – mit der Folge, dass die in der Ehe geborenen Kinder nicht mehr denselben Nachnamen trugen wie sie. Selbiges Problem trat dann natürlich auch bei einer erneuten Eheschließung mit Namensänderung ein, denn die Kindernamen zu ändern, war – zumindest bislang – nahezu unmöglich. Doch das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) sorgt hierbei nun für Neuigkeiten.

Die Ehegatten bekamen 2008 ihr Kind. Nach Trennung wurde der Frau – unter anderem wegen der psychischen Belastungen des Mannes – das Aufenthaltsbestimmungsrecht über das Kind übertragen. 2010 erfolgte die Scheidung. Seit 2014 hat das Kind keinerlei Kontakt mehr zum Vater. Schließlich heiratete die Mutter erneut und aus der neuen Ehe ging ein weiteres Kind hervor. Da nun alle drei den Namen des zweiten Mannes der Frau trugen, beantragte die Frau für das Kind aus erster Ehe bei Gericht die Ersetzung der Einwilligung des Vaters zur Einbenennung. Der Vater verweigerte jedoch seine Mitwirkung daran, dass seine Tochter denselben Namen erhalten solle wie ihre Mutter, ihr Stiefvater und das Geschwisterkind.

Nach der Gesetzesformulierung setzt die Einbenennung gegen den Willen eines Elternteils voraus, dass sie zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Bislang stellt der Bundesgerichtshof (BGH) hieran sehr hohe Anforderungen: Erforderlichkeit setzt demnach voraus, dass die Einbenennung aus Gründen des Kindeswohls unabdingbar geboten ist – und diese Hürde kann nur ganz ausnahmsweise genommen werden. Das OLG hängt diese Latte jedoch nun niedriger: Es verlangt lediglich, dass die Namensänderung in einem Maße Vorteile bringt, das die Aufrechterhaltung des bisherigen Namensbands nicht zugemutet werden kann. Weil bei Antragstellung 2018 bereits seit langem keinerlei Kontakte zum Vater mehr bestanden hatte, in der Familie ein weiteres Kind lebte und die anderen Familienmitglieder alle den anderen Namen trugen, ließ vor diesem Hintergrund das OLG die Namensänderung zu.

Hinweis: Es bleibt abzuwarten, ob der BGH bzw. weitere Gerichte dem Judikat des OLG folgen.

Quelle: OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 18.12.2019 – 1 UF 140/19

Thema: Familienrecht

Gemeinsame Gesundheitssorge: Bei einem Mindestmaß an elterlicher Übereinstimmung muss die Verantwortung geteilt werden

In der Praxis ist die gemeinsame elterliche Sorge bei getrennt lebenden bzw. geschiedenen Eltern mittlerweile als Normalfall anzusehen. Schwierig ist es dabei häufig, dies zum Wohl des Kindes auch entsprechend zu leben – wie auch im folgenden Fall, den das Oberlandesgericht Brandenburg (OLG) zu entscheiden hatte.

Die geschiedenen Eltern stritten sich wegen der elterlichen Sorge für ihr minderjähriges Kind in den Teilbereichen Aufenthaltsbestimmungsrecht und Gesundheitssorge. Zum Aufenthalt des Kindes konnten sie dabei keine Einigung erzielen. Das Aufenthaltsbestimmungsrecht wurde daraufhin gerichtlich geregelt und auf die Mutter übertragen. Hinsichtlich der Gesundheitssorge wurden sich die Eltern dagegen einig und trafen eine Vereinbarung, nach der sie die Gesundheitsvorsorge gemeinsam wahrnehmen wollen. Doch der Vater legte Beschwerde ein und reklamiert beide Teilbereiche für sich – also sowohl Aufenthaltsbestimmungsrecht als auch Gesundheitssorge.

Bezüglich des Aufenthaltsbestimmungsrechts wurde die Erstentscheidung auch in der zweiten Instanz aufrechterhalten. Die Beschwerde zur Gesundheitssorge wurde durch das OLG zurückgewiesen. Es begründete seine Entscheidung damit, dass beide Eltern durch ihr Verhalten gezeigt hätten, dass sie ein Mindestmaß an Übereinstimmung haben. Sonst wäre es schließlich auch nicht zu der entsprechenden Vereinbarung gekommen. Sobald ein solches Mindestmaß vorliege, könne ein Gericht nicht die Gesundheitssorge auf einen Elternteil allein übertragen.

Hinweis: Die gemeinsame elterliche Sorge nach Trennung und Scheidung hat sich bewährt. Sie ist nicht für alle Fälle sinnvoll, aber doch für die überwiegende Anzahl. Eltern schaffen es meist, ihre Beziehungsprobleme irgendwann hintenan zu stellen, um die Interessen des Kindes entsprechend anzugehen. Gelingt dies allerdings nicht, sind die Gerichte am Zug.

Quelle: OLG Brandenburg, Beschl. v. 16.07.2019 – 13 UF 17/19

Thema: Familienrecht

Erstantrag oder Änderung? Wann ein neuer Antrag auf Regelung der elterlichen Sorge gestellt werden kann

Streitigkeiten zur Regelung der elterlichen Sorge sind von Natur aus unangenehm und werden auch zumeist hochemotional geführt. Liegt dann endlich eine gerichtliche Entscheidung vor, ist diese nicht für alle Zeiten bindend. Mit der sich daraus ergebenden Frage, unter welchen Umständen eine entsprechende Abänderung denn überhaupt verlangt werden kann, hatte sich kürzlich das Oberlandesgericht Oldenburg (OLG) zu beschäftigen.


2016 hatte die Kindesmutter beantragt, das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die gemeinsamen Kinder zusammen mit dem Entscheidungsrecht in allen Fragen der Schul- und Berufsausbildung auf sich zu übertragen zu lassen. Sie begründete den Antrag mit nachhaltigen Kommunikations- und Kooperationsstörungen zwischen sich und dem Kindesvater. Das Aufenthaltsbestimmungsrecht wurde ihr zwar dann auch übertragen – das weitere Entscheidungsrecht allerdings nicht. 2018 beantragte die Frau schließlich die Übertragung der elterlichen Sorge insgesamt, da die Kommunikations- und Kooperationsstörungen ihrer Meinung nach ein unerträgliches Ausmaß angenommen hätten.

Die Frage war für das OLG nun, nach welchem Maßstab der neuerliche Antrag zu behandeln ist. Denn gilt für einen Erstantrag, dass die elterliche Sorge auf einen Elternteil übertragen wird, wenn dies dem Wohl des Kindes am besten entspricht, kann eine Änderung wiederum nur dann verlangt werden, wenn diese aus triftigen, das Wohl des Kindes nachhaltig berührenden Gründen angezeigt ist. Somit trifft eine Abänderung ein deutlich strengerer Maßstab als einen Erstantrag. Aber liegt denn aber überhaupt schon eine gerichtliche Entscheidung vor, wenn ein Gericht zur elterlichen Sorge einen Beschluss erlassen hat – das heißt unabhängig davon, ob es dem Antrag eines Elternteils ganz oder teilweise entsprochen oder ihn abgewiesen hat? Oder ist das etwa nur dann der Fall, wenn das Gericht ausdrücklich die elterliche Sorge ganz oder teilweise auf einen Elternteil überträgt? Das OLG hat in diesem Fall so entschieden, dass die Ablehnung der Übertragung der elterlichen Sorge nicht als Erstentscheidung zu werten ist – ein neuerlicher Antrag kann also unter erleichterten Voraussetzungen gestellt werden.

Hinweis: Diese verzwickte Fragestellung beweist einmal mehr, dass Verfahren zur elterlichen Sorge nur mit juristischer Hilfe angegangen werden sollten.

Quelle: OLG Oldenburg, Beschl. v. 16.10.2018 – 11 WF 188/18

Thema: Familienrecht

Details der Vorsorgevollmacht: Eine nur eingeschränkte Bevollmächtigung kann eine spätere Betreuerbestellung nach sich ziehen

Vorsorgevollmachten haben unter anderem den Sinn, die Bestellung eines unbekannten Dritten zum Betreuer zu verhindern. Dabei ist aber auch wichtig, den genauen Inhalt und Umfang der Vorsorgevollmacht zu regeln. Wie differenziert diese Details zu definieren sind, musste der Bundesgerichtshof (BGH) im folgenden Fall entscheiden.

Eine 94-jährige Frau litt an mittelschwerer Demenz und lebte in einem Pflegeheim. Ihrem Sohn hatte sie Jahre zuvor eine Vorsorgevollmacht erteilt und ihm darin als Aufgabenbereiche die Gesundheitssorge, das Aufenthaltsbestimmungsrecht, den Abschluss eines Miet- und Heimvertrags, die Vertretung gegenüber Behörden sowie den Post- und Fernmeldeverkehr für den Ernstfall übertragen. Nicht erteilt war jedoch die Vollmacht für die Vermögenssorge und freiheitsentziehende Maßnahmen. Nach zwischenzeitlichen Entscheidungen über die Einrichtung einer Betreuung, Einschaltung eines Berufsbetreuers und Abänderungsentscheidungen über den Umfang der Kompetenzen wurde einem Berufsbetreuer schließlich der Aufgabenkreis Vertretung gegenüber Behörden, Einrichtungen und Gerichten, Vermögenssorge, Gesundheitssorge und freiheitsentziehende Maßnahmen übertragen – Letzteres, weil eine Entscheidung über das Hochstellen von Bettgittern zu treffen war.

Der BGH hatte nun zu entscheiden, ob der Sohn das Recht hat, selber Beschwerde gegen die Übertragung des Bereichs freiheitsentziehende Maßnahmen auf den Berufsbetreuer einzulegen – und hat dies verneint. Die Mutter hatte mit ihrer Vorsorgevollmacht ihrem Sohn die Vollmacht für den besonderen Bereich freiheitsentziehende Maßnahmen nicht erteilt. Insoweit lag keine eigene Betroffenheit des Sohns vor, indem das Gericht diesen Bereich auf den Berufsbetreuer übertrug. Die gesetzlich vorgesehene Situation für eine Beschwerde, dass die Mutter beim Sohn lebt bzw. bei Einleitung des gerichtlichen Verfahrens lebte, war ebenso wenig gegeben. Also hatte der Sohn die Entscheidung hinzunehmen.

Hinweis: Vorsorgevollmachten sind wichtig. Die Entscheidung zeigt, dass es auch wichtig ist, nicht einfach irgendein Muster zu nehmen und nach Gutdünken auszufüllen. Eine exakte Beratung ist wichtig; sie kann im Ernstfall entscheidende Folgen mindern.

Quelle: BGH, Beschl. v. 25.04.2018 – XII ZB 282/17

Thema: Familienrecht