Einsicht ins Grundbuch: Einem Miterben darf zur Klärung von Ausgleichspflichten die Einsicht nicht verweigert werden
Das Erbrecht lässt nur in Ausnahmefällen die Kinder eines Erblassers leer ausgehen. Deshalb müssen Abkömmlinge des Erblassers unter bestimmten Voraussetzungen lebzeitige Zuwendungen des Erblassers untereinander ausgleichen. Dass daraus resultierende Ansprüche nur schwer geltend zu machen sind, beweist der folgende Fall des Oberlandesgerichts Braunschweig (OLG).
Eine Frau wurde von ihrem Sohn, ihrer Tochter und den Erbinnen des vorverstorbenen Sohns beerbt. Noch vor ihrem Tod übertrug sie ein Grundstück an die Tochter, die dieses daraufhin verkaufte. Nach dem Tod der Mutter beantragte der Sohn Einsicht in das Grundbuch, um mehr über diesen Grundstücksverkauf zu erfahren. Dies lehnte das Grundbuchamt jedoch ab, da es kein berechtigtes Interesse an der Einsichtnahme erkennen konnte.
Das OLG gab dem Sohn jedoch Recht und führte aus, dass die Einsicht in das Grundbuch jedem gestattet ist, der ein berechtigtes Interesse darlegt. In diesem Fall war der Sohn Miterbe und benötigte die Informationen, um gegebenenfalls Ausgleichsansprüche für das noch zu Lebzeiten der Mutter an die Schwester übertragene Grundstück geltend machen zu können. Das Anliegen des Sohns war nach Auffassung des Gerichts vergleichbar mit dem eines Pflichtteilsberechtigten, dem in der Regel ein berechtigtes Interesse an der Einsicht zugestanden wird.
Hinweis: Ein berechtigtes Interesse an der Grundbucheinsicht ist gegeben, wenn ein verständiges, durch die Sachlage gerechtfertigtes Interesse des Antragstellers besteht. Dabei müssen sachliche Gründe vorgebracht werden, die die Verfolgung unbefugter Zwecke oder bloßer Neugier ausgeschlossen erscheinen lassen. Erbrechtliche Ansprüche allein reichen dafür grundsätzlich nicht aus, es muss vielmehr der Einzelfall geprüft werden.
Quelle: OLG Braunschweig, Beschl. v. 11.06.2019 – 1 W 41/19
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