Skip to main content

Schlagwort: BayObLG

Kein Studium, kein Höchstsatz: Erfahrener Altenpfleger als Berufsbetreuer formal weniger qualifiziert als ein Astrophysiker

Einst richtete sich die Eingruppierung von Berufsbetreuern nach konkret nutzbaren Fachkenntnissen. Gerichte stuften Betreuer daraufhin individuell ein. Seit einer Gesetzesänderung 2023 braucht man für die höchste Vergütungsgruppe jedoch ein abgeschlossenes Studium – egal, welcher Fachrichtung. Ein Astrophysiker ohne jegliche Betreuungserfahrung bekommt für Betreuungen mehr Geld als ein Altenpfleger. Gegen diese Regelung zog ein erfahrener Altenpfleger kürzlich vor das Bayerische Oberlandesgericht (BayObLG).

Weiterlesen

Handy beim Fahren: Verbotswidriges Halten eines Mobiltelefons gilt auch für dessen Positionierung auf dem Oberschenkel

Was halten Sie von dem Begriff „halten“? Neben dem Sinn des „Anhaltens“ womöglich das, was der Duden – zumindest auf den ersten Blick – sagt: „ergriffen, gefasst haben und nicht loslassen; festhalten“. Das Bayerische Oberlandesgericht in München (BayObLG) fasst den Begriff jedoch weiter – und zwar in jenen Fällen, in denen ein Mobiltelefon am Steuer eine Rolle spielt. Und das hat damit zu tun, was die oberste Sprachinstanz auf den zweiten Blick zu der Begriffsbedeutung sagt.

Weiterlesen

Kennzeichenverstoß: Auch durch Abstellen eines Anhängers am Straßenrand macht man von ihm im Straßenverkehr Gebrauch

Öffentliches Straßenland ist öffentliches Straßenland – ganz egal, ob Sie ein Fahrzeug bewegen oder es lediglich dort abstellen. Diese eigentlich logische Tatsache war dem Halter eines Fahrzeuganhängers offensichtlich nicht geläufig. Das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG) konnte im folgenden Fall Erleuchtung in Sinn und Zweck eines korrekt zugelassenen und angebrachten Kennzeichens bringen – und in den Umstand, ab wann man von seinem Fahrzeug (oder eben Anhänger) „Gebrauch“ macht.

Weiterlesen

Fahrverbot für Notaufnahmearzt: Die Rufbereitschaft rechtfertigt kein Absehen vom Regelfahrverbot

Spätestens seit der Pandemie ist die sogenannte Systemrelevanz bestimmter Berufgruppen ins Bewusstsein der Allgemeinheit geraten. Doch bei allem Respekt für jene Leistungsträger dürfen diese nicht vergessen, dass Verkehrsverstöße auch bei Berufsgruppen geahndet werden müssen, die augenscheinlich auf ihre Fahrerlaubnis angewiesen sind. Im folgenden Fall bestand die Staatsanwaltschaft auf die Erteilung eines Fahrverbots – das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG) musste entscheiden.

Nachdem im März 2020 ein Autofahrer innerhalb einer geschlossenen Ortschaft die zulässige Höchstgeschwindigkeit einer 30er-Zone um ganze 33 km/h überschritt, verurteilte ihn das zuständige Amtsgericht zu einer Geldbuße in Höhe von 480 EUR. Von einem Fahrverbot für die Dauer von einem Monat sah das Gericht jedoch ab. Es berücksichtigte insofern, dass der Autofahrer als stellvertretender Leiter der zentralen Notaufnahme eines Klinikums und der damit einhergehenden grundsätzlichen Rufbereitschaft am Wochenende, abends oder im Urlaub auf die Fahrzeugnutzung angewiesen sei. Die Staatsanwaltschaft sah dies jedoch anders und legte Rechtbeschwerde ein.

Das BayObLG entschied zugunsten der Staatsanwaltschaft und verhängte gegen den Betroffenen ein Fahrverbot von einem Monat. Zugleich reduzierte das Gericht die Geldbuße auf 320 EUR. Zwar sei es zutreffend, dass der Betroffene durch ein Fahrverbot empfindlich in seiner gewohnten Berufsausübung berührt sei. Dies rechtfertige aber angesichts des groben Pflichtenverstoßes nicht ein Absehen vom Regelfahrverbot. Der Betroffene könne aber der begrenzten Fahrverbotsdauer mit organisatorischen Maßnahmen und der Inanspruchnahme von Dritten in wirtschaftlich vertretbarer Weise begegnen, um seine Einsatzbereitschaft wahrzunehmen und die beruflichen Pflichten zu gewährleisten. Er könne etwa vorübergehend ein Zimmer in unmittelbarer Nähe zum Arbeitsplatz anmieten. Die dafür anfallenden Kosten seien schon deshalb als grundsätzlich zumutbar anzusehen, weil ihnen die ersparten Kosten für die private Fahrzeugnutzung gegenüberzustellen sind.

Hinweis: Aus der Bußgeldkatalogverordnung ergibt sich nicht, dass ausnahmslos ein Fahrverbot zu verhängen ist. Vielmehr steht dem Tatrichter ein Ermessensspielraum zu, um Verstößen im Straßenverkehr mit der im Einzelfall angemessenen Sanktion zu begegnen.

Quelle: BayObLG, Beschl. v. 19.01.2021 – 202 ObOWi 1728/20

Thema: Verkehrsrecht

Innendämmung als Alternative: Der Grundstücksüberbau durch Außendämmung des Nachbargebäudes muss nicht toleriert werden

Wenn ein Stück Kuchen gefragt ist, zeigen viele lieber auf den vollen Teller des Nachbarn, statt selbst etwas abzugeben. Dumm nur, wenn das gewisse Mehr einem selbst zugutekommen soll. Dass dann nicht mehr mit der Großzügigkeit des Nachbarn zu rechnen ist, musste sich ein Hauseigentümer in Sachen Außendämmung vom Bayerischen Obersten Landesgericht (BayObLG) jüngst bescheinigen lassen.

Der Hauseigentümer wollte an seinem Haus eine Wärmedämmung in einer Stärke von 18 cm anbringen. Da sein Haus jedoch direkt an der Grundstücksgrenze stand, würde auch das benachbarte Grundstück durch diese Dämmungsmaßnahme quasi überbaut werden. Das aber fand der Nachbar unakzeptabel und behauptete, ein vergleichbarer Dämmeffekt sei auch auf andere Weise – nämlich durch eine Innendämmung – zu erreichen. Deshalb wollte er den Überbau nicht dulden.

Und das BayObLG musste nach Einholung eines Sachverständigengutachtens feststellen, dass im vorliegenden Fall die Grenzwerte der Energieeinsparverordnung mit der behaupteten Innendämmung durchaus eingehalten werden könnten. Der Dämmungswillige muss sein Mobiliar daher wohl künftig etwas enger zusammenrücken, denn sein Grundstücknachbar bekam Recht: Sein Bereich darf nicht überbaut werden.

Hinweis: Ein Nachbar muss die Anbringung einer Wärmedämmung, die zu einem Überbau seines Grundstücks führt, also nicht dulden, wenn eine alternative Ausführung als Innendämmung mit vertretbarem Aufwand möglich ist.

Quelle: BayObLG, Urt. v. 01.10.2019 – 1 ZRR 4/19

Thema: Mietrecht