Verschuldensunabhängige Haftung entfällt: Wer außerhalb von Fußgängerüberwegen achtlos über die Straße läuft, trägt die alleinige Schuld
Kommt es zu einer Kollision außerhalb eines Fußgängerüberwegs zwischen einem Fußgänger und einem Autofahrer, den kein Verschulden an dem Unfall trifft, überwiegt das Mitverschulden des Fußgängers derart, dass eine Haftung des Pkw-Fahrers vollständig zurücktritt.
Ein 14-jähriges Mädchen lief innerhalb einer geschlossenen Ortschaft über die Straße, ohne auf den Straßenverkehr zu achten. Es kam zu einer Kollision mit einem aus Sicht des Mädchens von links kommenden Fahrzeug.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts München (OLG) trifft das Mädchen die alleinige Schuld. Zwar kommt grundsätzlich eine Haftung des Pkw-Fahrers auch aus verschuldensunabhängiger Haftung in Betracht – doch diese entfällt hier, da das Verschulden des Mädchens so schwer wiegt, dass eine Mithaftung des Autofahrers zurücktritt. Nach Auffassung des OLG ist der Unfall allein dadurch zustandegekommen, dass das Mädchen die Fahrbahn ohne Beachtung des Verkehrs überquert hatte. Sie achtete nicht auf das für sie deutlich sichtbar von links kommende Fahrzeug und lief in dessen hinteren Bereich förmlich hinein. Anhaltspunkte dafür, dass der Pkw-Fahrer mit überhöhter Geschwindigkeit gefahren ist, lagen nicht vor.
Hinweis: Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass ein Fußgänger, der außerhalb eines Fußgängerüberwegs die Fahrbahn überschreiten will, besondere Vorsicht zu beachten hat. Er hat insoweit zu berücksichtigen, dass der Fahrzeugverkehr Vorrang gegenüber Fußgängern hat. Fußgänger dürfen die Fahrbahn erst dann betreten, wenn sie sich davon überzeugt haben, dass der Fahrzeugverkehr nicht gefährdet oder auch nur in der Weiterfahrt behindert wird. Bei Annäherung eines Fahrzeugs muss der Fußgänger also warten.
Quelle: OLG München, Urt. v. 10.11.2017 – 10 U 491/17
Thema: Verkehrsrecht