Der Mindestunterhalt für Kinder ist dem Gesetzgeber und den Gerichten heilig. Wer den nicht zahlen kann, braucht eine sehr gute Begründung. Die meinte ein Vater zu haben, denn er studierte und konnte deshalb den Mindestunterhalt für drei Kinder nicht aufbringen. Das Brandenburgische Oberlandesgericht (OLG) musste seinen Bildungshunger mit seiner Unterhaltspflicht abwägen.
Die „gesteigerte Erwerbsobliegenheit“ trifft jene Elternteile, die getrennt von ihren Kindern leben und ihnen Kindesunterhalt schulden. Wie sie ihre Arbeitskraft in welchem Maße einzusetzen haben, um dieser Pflicht möglichst nachzukommen, zeigt das folgende Urteil, das vom Oberlandesgericht Bamberg (OLG) kürzlich getroffen wurde.
Kindern sind die Kosten für eine angemessene Berufsausbildung zu bezahlen, so zum Beispiel nach dem Abitur im Regelfall auch der Unterhalt für die Studienzeit. Dabei gibt es aber auch gewisse Obliegenheitspflichten, deren Missachtung diesen Unterhaltsanspruch entfallen lassen kann.
Dazu hatte der Bundesgerichtshof (BGH) zu entscheiden: Eine Tochter machte im Alter von 20 Jahren ihr Abitur mit einem Notenschnitt von 2,3 und wollte Medizin studieren. Zunächst wurde sie jedoch nicht zum Studium angenommen. Daraufhin durchlief sie die Ausbildung zur anästhesietechnischen Assistentin und arbeitete knapp zweieinhalb Jahre in diesem Beruf. Zum Wintersemester 2010/2011 wurde sie dann zum Medizinstudium angenommen. Die Tochter beantragte daraufhin BAföG-Leistungen, die sie auch erhielt. Das Amt nahm daraufhin den Kindesvater im sogenannten Erstattungswege auf Unterhalt in Anspruch.
Der BGH erkannte darauf, dass bei diesem Berufsweg ein Unterhaltsanspruch gegen den Vater grundsätzlich durchaus in Betracht käme. Zwar habe das Kind eine Abiturleistung erbracht, die nicht unmittelbar zum Studium berechtigte, da der Notenschnitt hierfür zu schlecht war. Das stehe einem Unterhaltsanspruch aber nicht entgegen, sofern das Kind stattdessen eine das beabsichtigte Medizinstudium vorbereitende praktische Ausbildung durchläuft, die im Zusammenhang mit dem Studium steht. Das gilt umso mehr, wenn das Kind seine Eltern in dieser Zeit nicht auf Unterhalt in Anspruch nimmt und sich selbst unterhält, wie es hier der Fall war. Doch letztlich scheiterte der Unterhaltsanspruch hier aus einem ganz anderen, aber eben entscheidenden Grund: Zu einem letzten Kontakt zwischen Kind und Vater war es gekommen, als das Kind 16 Jahre alt war. Zum Abitur hatte der Vater noch geschrieben und mitgeteilt, er gehe davon aus, nun keinen Unterhalt mehr zahlen zu müssen. Das Kind hatte nicht geantwortet und meldete sich auch in den Jahren danach nicht mehr. Deshalb, so der BGH, habe der Vater annehmen dürfen, dass ihn sein Kind nicht mehr auf Unterhalt in Anspruch nehme. Das Ergebnis: Der Tochter wurde kein Unterhalt zugesprochen.
Hinweis: Unterhalt ist nicht allein eine Frage nackter Zahlen: Eltern müssen sich nach ihren Kindern erkundigen, Kinder ihre Eltern informieren.
Quelle: BGH, Beschl. v. 03.05.2017 – XII ZB 415/16