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Schlagwort: berufsbedingte Aufwendungen

Ehegattenunterhalt: Der Erwerbstätigenbonus bleibt bei der Unterhaltsbestimmung weiterhin berücksichtigt

Im Unterhaltsrecht gilt der Halbteilungsgrundsatz. Dieser besagt, dass sich die Lebensstellung eines Ehegatten nicht nur aus seinem eigenen Einkommen ableiten lässt, sondern aus der Hälfte vom Gesamteinkommen beider Eheleute. Dieser Halbteilungsgrundsatz wird aber nur bedingt angewendet, sobald Erwerbseinkünfte zu berücksichtigen sind. Da diese Regelung in der letzten Zeit mehr und mehr in Frage gestellt wird, schafft das folgende Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) nun Klarheit.

Die Ehegatten heirateten 1978 und ließen sich nach ihrer Trennung  2002 im Jahr 2007 scheiden. Der Mann zahlte seither Unterhalt an seine Frau. Im Rahmen der Anpassung des Zahlbetrags kam es zum Streit. Die Frau machte geltend, vom Einkommen des Mannes sei nichts bei der Unterhaltsbestimmung abzuziehen, insbesondere kein Erwerbstätigenbonus, da er nicht mehr erwerbstätig sei. Die Einkünfte des Mannes sind unterdessen nämlich solche aus Rente; er arbeite dafür nicht mehr. Dagegen machte die Frau für sich geltend, dass in der Rechnung ihre Einkünfte zunächst um eine Pauschale für berufsbedingte Aufwendungen zu reduzieren seien und sodann noch um einen Erwerbstätigenbonus. Erst der so (zweifach) reduzierte Betrag sei dem Einkommen des Mannes gegenüberzustellen und aus der Differenz die Hälfte als Unterhalt geschuldet.

Der BGH gab ihr Recht. Er billigt damit weiterhin Erwerbstätigen zu, dass sie geltend machen können, berufsbedingte Aufwendungen zu haben. Dazu zählen vor allem die Fahrtkosten für die Fahrten zwischen der Wohnung und der Arbeitsstätte. Weiterhin wird ein Erwerbstätiger insoweit besonders behandelt, als dass er erwerbstätig sein muss, um seine Einkünfte zu erzielen. Nur das um die berufsbedingten Aufwendungen und den Erwerbstätigenbonus verringerte Einkommen wird in die Unterhaltsberechnung eingestellt. Den kritischen Stimmen gegen diese bisherige Rechtsprechung erteilt der BGH eine klare Absage, weshalb die bisherige Praxis also weiter Anwendung findet.

Hinweis: In der Entscheidung hat der BGH noch etwas anderes klargestellt: Mitunter kann neben dem Barunterhalt auch Geld für die Altersvorsorge verlangt werden. Dann ist diese Leistung aber auch für diesen Zweck einzusetzen. Unterbleibt dies, ist dieser Anspruch verwirkt.

Quelle: BGH, Beschl. v. 13.11.2019 – XII ZB 3/19

Thema: Familienrecht

Berufsbedingte Aufwendungen: Unterhaltspflichtiger Vater muss sich nicht an den Betreuungskosten für Tagesmutter beteiligen

Hat ein Elternteil nach Trennung und Scheidung Kosten, um die Kinder in der Zeit durch einen Dritten betreuen zu lassen, in der er zum Beispiel arbeitet, so stellt sich die Frage: Wie fließen diese Kosten in die Unterhaltsrechnung ein? Handelt es sich um für die Kinder anfallenden Mehrbedarf oder um berufsbedingte Aufwendungen des Elternteils, der so in die Lage versetzt ist, erwerbstätig sein zu können?

Diese Frage war offen und wurde vom BGH nunmehr entschieden. Worum geht es genauer? Die Kindesmutter hat ihre Kinder bei sich und betreut sie, der Vater zahlt Unterhalt. Die Kindesmutter beschäftigt eine Tagesmutter, die die Kinder von der Schule abholt, ihnen Essen macht, die Hausaufgabenbetreuung übernimmt und teilweise auch Hausarbeiten erledigt. Sie erhält dafür 450 EUR pro Monat. Die Mutter zahlt zudem 128 EUR an die Minijob-Zentrale. Einen eigenen Unterhaltsanspruch hat die Mutter nicht gegenüber dem geschiedenen Mann. Sie macht geltend, er habe sich an den monatlichen Kosten von zusammen 578 EUR zu beteiligen.

Sind die Kosten als Mehrbedarf der Kinder anzusehen, so wird der Vater an ihnen beteiligt, weil er Kindesunterhalt schuldet. Stellen die Kosten berufsbedingte Aufwendungen der Mutter dar, so ist dies nicht der Fall, da er der Mann seiner geschiedenen Frau gegenüber nicht (mehr) unterhaltspflichtig ist.

Der BGH hat sich für den zweiten Weg entschieden. Grundsätzlich sei ein Elternteil den Kindern gegenüber bar- und der andere naturalunterhaltspflichtig. Hier habe der Vater zu zahlen und die Frau zu betreuen. Wie die Frau es organisiere, die Betreuung zu gewährleisten und berufstätig zu sein, sei ihre Sache. Schalte sie wie geschehen eine Tagesmutter ein, so tue sie dies, um trotz bestehender Betreuungspflicht berufstätig sein zu können. Deshalb seien diese Kosten berufsbedingte Aufwendungen.

Hinweis: Hat der betreuende Elternteil noch einen eigenen Unterhaltsanspruch, so sind die Auswirkungen der hier vorgestellten Gerichtsentscheidung deutlich weniger gravierend. 
  
 
Quelle: BGH, Beschl. v. 04.10.2017 – XII ZB 55/17

Thema: Familienrecht