Erbausschlagung zugunsten der Mutter: Der Irrtum über die Rechtsfolgen kann einen berechtigten Anfechtungsgrund darstellen
Die Ausschlagung einer Erbschaft kann nicht nur finanzielle, sondern auch taktische Gründe haben. Tritt der durch die Ausschlagung beabsichtigte Erfolg jedoch nicht ein, stellt sich die Frage, ob die Ausschlagung angefochten werden kann.
Ein Mann hinterließ eine Ehefrau und einen Sohn, der seinerseits die Erbschaft ausschlug. Als ihn das Gericht darüber informierte, dass nun an seiner Stelle seine Kinder erben würden, focht er die Ausschlagung jedoch an. Er erklärte, dass er davon ausgegangen sei, dass durch seine Ausschlagung seine Mutter zur Alleinerbin werde und er sich somit über die Rechtsfolgen geirrt habe.
Das Gericht gab ihm Recht. Zwar liegt grundsätzlich kein wirksamer Anfechtungsgrund vor, wenn der Ausschlagende sich im Hinblick auf die Person irrt, die in der gesetzlichen Erbfolge an seine Stelle tritt. Dies gilt jedoch nur, wenn der Irrtum die konkrete Person betrifft. Verkennt der Ausschlagende hingegen wie in diesem Fall die Rechtsfolgen seines Handelns, liegt ein beachtlicher Irrtum vor.
Hinweis: Welche Irrtümer als beachtlich angesehen werden, wird von der Rechtsprechung teilweise unterschiedlich beurteilt. Höchstrichterlich entschieden wurde, dass ein wirksamer Anfechtungsgrund vorliegt, wenn der Erbe irrig annimmt, er dürfe die Erbschaft nicht ausschlagen, um seinen Pflichtteilsanspruch nicht zu verlieren. Auch der Irrtum über Überschuldung des Nachlasses oder über die Erbquote wurde als beachtlich angesehen, nicht jedoch zum Beispiel der Irrtum über die zu zahlende Erbschaftsteuer. Bevor ein Erbe ausgeschlagen wird, sollte man sich daher genau über die Konsequenzen informieren, da die Entscheidung unter Umständen nicht mehr rückgängig gemacht werden kann.
Quelle: OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 04.05.2017 – 20 W 197/16
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