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Schlagwort: Beschl. v. 18.11.2015 – IV ZB 35/15

Erbscheinsverfahren: Kostenverteilung ist keine Frage des Verfahrensausgangs

Bei der gerichtlichen Durchsetzung von Ansprüchen spielt auch das Kostenrisiko eine große Rolle für die Beteiligten. Gerade in Fällen, die umfassendere Erbschaften betreffen, können schnell hohe Gerichtsgebühren zusammenkommen. Und besonders in Erbscheinsverfahren stellt sich dabei die Frage, wer diese Kosten am Ende tragen muss.

Eine Frau hatte ihre vier Enkel als Erben eingesetzt und ihre Tochter damit enterbt. Die Tochter wandte sich an das Nachlassgericht und beantragte einen Erbschein, der sie als (Mit-)Erbin auswies, da sie das Testament für ungültig hielt. Obwohl das Gericht ihr nicht Recht gab, ordnete es an, dass die Kosten für das Erbscheinverfahren zwischen ihr und dem ebenfalls beteiligten Enkel geteilt werden. Dagegen wehrte sich wiederum der Enkel und klagte in dieser Frage bis zum Bundesgerichtshof (BGH).

Der BGH stellte fest, dass die Aufteilung der Kosten sich nicht wie in normalen zivilrechtlichen Verfahren danach richtet, wer im Rechtsstreit unterliegt. Das Nachlassgericht muss darüber vielmehr nach billigem Ermessen entscheiden und dabei sämtliche in Betracht kommenden Umstände des Einzelfalls heranziehen, wovon der tatsächliche Ausgang des Verfahrens nur einer ist. Auch die Art der Verfahrensführung, die verschuldete oder unverschuldete Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse und die familiäre und persönliche Nähe zwischen dem Erblasser und den Verfahrensbeteiligten können für die Entscheidung eine Rolle spielen.

Hinweis: Während in normalen Zivilverfahren davon ausgegangen werden kann, dass die Partei, die den Prozess verliert, die Kosten dafür tragen muss, kann die Entscheidung in einem Erbscheinsverfahren anders ausgehen, so dass auch die obsiegende Partei an den Kosten beteiligt wird. Darüber hinaus kann das Gericht auch anordnen, dass zum Beispiel die Kosten für Sachverständige von der Partei getragen werden, die Einwendungen gegen die Echtheit eines Testaments oder die Testierfähigkeit des Erblassers vorbringt. Dies gilt insbesondere dann, wenn solche Einwendungen pauschal ins Blaue hinein gemacht werden. Da also alle Aspekte bei der Kostenentscheidung eine Rolle spielen können, sollte man in solchen Verfahren das Vorgehen genau bedenken.

Quelle: BGH, Beschl. v. 18.11.2015 – IV ZB 35/15
Thema: Erbrecht