Wechselbezügliche Verfügungen: Die nachträgliche Anfechtung der Schlusserbeneinsetzung gefährdet die Alleinerbenstellung
Ehe- bzw. Lebenspartner errichten häufig gemeinschaftliche Testamente. Dies kann jedoch problematisch werden, wenn sich nach dem Tod eines Partners die Umstände ändern, der überlebende Partner jedoch weiterhin an den gemeinsam getroffenen Vereinbarungen gebunden ist.
Ein Ehepaar errichtete ein gemeinschaftliches Testament, in dem sich die Ehegatten gegenseitig zu Alleinerben und die gemeinsamen Söhne zu Erben des Letztversterbenden einsetzten. Nach dem Tod der Ehefrau ging der Mann eine eingetragene Partnerschaft ein. Daraufhin focht er die Schlusserbeneinsetzung der Söhne aus dem Testament wegen Übergehen eines Pflichtteilsberechtigten – nämlich seines neuen Lebenspartners – an. Nun stellte sich die Frage, wer Erbe der verstorbenen Ehefrau geworden war.
Das Gericht führte aus, dass der überlebende Ehegatte nach dem Eingehen einer neuen Ehe bzw. Lebenspartnerschaft seine eigenen, in einem gemeinschaftlichen Testament getroffenen wechselbezüglichen Verfügungen wegen Übergehens eines Pflichtteilsberechtigten anfechten kann. Tut er dies, fällt jedoch auch seine eigene Einsetzung als Alleinerbe der Ehefrau weg, da diese mit der Schlusserbeneinsetzung der gemeinsamen Kinder wechselbezüglich war. Damit ist sowohl die Alleinerben- als auch die Schlusserbeneinsetzung im Testament unwirksam – die gesetzliche Erbfolge tritt ein. Der Ehemann wird folglich zur Hälfte neben seinen Söhnen zum Erbe der Ehefrau, kann aber über sein Vermögen wieder frei verfügen.
Hinweis: Verfügungen in gemeinschaftlichen Testamenten sind in dem Fall wechselbezüglich und damit für den überlebenden Ehegatten bindend, wenn anzunehmen ist, dass die Verfügung des einen Ehegatten nicht ohne die Verfügung des anderen Ehegatten getroffen worden wäre – wenn also jede der beiden Verfügungen mit Rücksicht auf die andere getroffen worden ist und nach dem Willen der gemeinschaftlich Testierenden die eine mit der anderen stehen oder fallen soll. Die Wechselbezüglichkeit kann (und sollte) im Testament entweder ausdrücklich angeordnet werden oder wird durch Auslegung ermittelt.
Quelle: OLG München, Beschl. v. 24.07.2017 – 31 Wx 335/16
Thema: Erbrecht