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Schlagwort: Beschl. v. 27.01.2017 – 3 Ss OWi 50/17

Irrtum im Schilderwald: Nur Augenblicksversagen oder Nachvollziehbarkeit verhindern im Normalfall das Fahrverbot

Wenn ein Autofahrer ein Verkehrszeichen zur Höchstgeschwindigkeit wahrnimmt, wegen eines darunter befindlichen Überholverbotszeichens und hierzu angebrachter Zusatzschilder dann aber der Meinung ist, dies beziehe sich nicht auf ihn, unterliegt er einem Verbotsirrtum. Ein (vermeidbarer) Verbotsirrtum führt nicht zwangsläufig zum Wegfall des an sich verwirkten Regelfahrverbots.

Wegen einer außerorts begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung um 44 km/h verhängte das Amtsgericht gegen den Betroffenen eine Geldbuße von 500 EUR. Von der Verhängung eines Fahrverbots wurde abgesehen, weil der Betroffene nach Auffassung des Amtsgerichts einem vermeidbaren Verbotsirrtum unterlag. Er war nämlich der Meinung, die Geschwindigkeitsbeschränkung würde nicht für ihn, sondern nur für Fahrzeuge über 2,8 t sowie für Pkw mit Anhänger und für Omnibusse gelten.

Es entspricht allgemeiner Ansicht, dass derjenige, der sich über den Bedeutungsgehalt verkehrsrechtlicher Anordnungen irrt, einem Verbotsirrtum unterliegt. Hieraus ergibt sich aber nicht zwangsläufig, dass von einem Fahrverbot abzusehen ist. Dies ist nur bei einem sogenannten Augenblicksversagen möglich. Kennzeichnend hierfür ist, dass es sich um eine spontane Fehlreaktion innerhalb eines Verkehrsgeschehens handelt. Eine derartige Situation lag in diesem Fall aber nicht vor. Der Beschränkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf 60 km/h gingen Geschwindigkeitsbeschränkungen auf zunächst 100 km/h und anschließend auf 80 km/h bei gleicher Wechselbeschilderung voraus. Schon deshalb kann hier von einer lediglich spontanen Fehleinschätzung nicht die Rede sein.

Hinweis: Die obergerichtliche Rechtsprechung stellt auf den Grad der Vermeidbarkeit ab und geht von einem Absehen vom Regelfahrverbot aufgrund eines vermeidbaren Verbotsirrtums nur dann als gerechtfertigt aus, wenn es sich um einen naheliegenden Irrtum handelt.

Quelle: OLG Bamberg, Beschl. v. 27.01.2017 – 3 Ss OWi 50/17

  Verkehrsrecht