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Schlagwort: Bestimmtheitsgebot

Unkonkret definierte Maskenpflicht: Auch in Coronazeiten muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein

Bei aller Angst vor Infektionen und der gebotenen Vorsicht: Es sollte in den entscheidenden Stellen allgemeinhin bekannt sein, dass sowohl ein Bestimmtheitsgebot als auch ein Verhältnismäßigkeitsgebot bei der Verabschiedung von Maßnahmen zu beachten sind. Eine Missachtung dieser Bedingungen war Anlass für das Verwaltungsgericht Hannover (VG), einem Kläger zu seinem Recht zu verhelfen.

Der Mann klagte gegen die sich aus der Allgemeinverfügung der Region Hannover vom 26.10.2020 ergebende Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung (Maskenpflicht) für das Gebiet der Region Hannover in Ladengebieten, Einkaufszentren und Einkaufsstraßen. Und das VG Hannover hat dem Eilantrag stattgegeben.

Es bestanden für die VG-Richter erhebliche Zweifel an der konkreten Ausgestaltung dieser Allgemeinverfügung, insbesondere im Hinblick auf deren Bestimmtheit. Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Dazu muss die getroffene Regelung so vollständig, klar und unzweideutig sein, dass für die Adressaten ohne weiteres erkennbar wird, was genau von ihnen gefordert wird, damit sie ihr Verhalten entsprechend danach ausrichten könnten. Hier waren die Örtlichkeiten mit Maskenpflicht nicht konkret benannt worden. Was gilt als „Einkaufsstraße“, was als „Ladengebiet“ oder „Einkaufszentrum“? Aber Achtung für all jene, die nun geneigt sind, sich von ihrer Maskenpflicht entbunden zu fühlen: Die gerichtliche Entscheidung war nur für Antragsteller gültig!

Hinweis: Behördliche Maßnahmen müssen stets konkret genug sein. Schließlich müssen die Bürgerinnen und Bürger wissen, was von ihnen verlangt wird. Zudem sind die Maßnahmen auf ihre Verhältnismäßigkeit hin zu überprüfen. Sollten Sie ein Bußgeld wegen eines Verstoßes gegen eine Coronaschutzmaßnahme erhalten haben, sollten Sie diesen Bescheid von Ihrem Rechtsanwalt prüfen lassen.

Quelle: VG Hannover, Beschl. v. 10.11.2020 – 15 B 5704/20

Thema: Sonstiges

Ungenauer Gewerbemietvertrag: Um sämtliche Betriebskosten auf Mieter übertragen zu können, muss der Vertrag diese klar bestimmen

In Mietverträgen über Gewerberäume gelten zwar andere Regeln als bei Wohnraummietverträgen. Trotzdem müssen die Vertragsklauseln auch hier eindeutig sein. Wenn notwendige Details außer Acht gelassen werden, landen Unklarheiten schnell vor Gericht – im folgenden Fall vor dem Oberlandesgericht Celle (OLG).

Nach einem Gewerbemietvertrag waren sämtliche Betriebskosten von der Mieterin zu tragen. Darunter sollten insbesondere die Kosten der Be- und Entwässerung sowie der Heizung einschließlich Zählermiete und Wartungskosten fallen. Der Vermieter verlangte jedoch zusätzlich die Zahlung der Grundsteuern. Er meinte, schließlich seien sämtliche Betriebskosten nach dem Mietvertrag umgelegt, auch wenn nur einzelne Kosten ausdrücklich genannt seien. Schließlich trafen sich die Parteien vor dem OLG.

Und eben jenes teilte die Auffassung der Gewerbemieterin, dass die Klausel im Mietvertrag inhaltlich nicht bestimmt genug war. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) bedarf es einer ausdrücklichen und inhaltlich bestimmten Regelung, aus der sich ergibt, dass der Mieter neben der Grundmiete ganz oder anteilig Betriebskosten zu tragen hat. Auch ist es möglich, auf § 2 der Betriebskostenverordnung zu verweisen. Beides lag jedoch nicht vor. Deshalb hat der Vermieter den Rechtsstreit verloren.

Hinweis: Das Urteil überrascht, denn Mieter von Gewerberäumen sind generell wesentlich weniger schützenswert als Privatpersonen. Eine in einem Gewerberaummietvertrag enthaltene Regelung über die Umlage von Betriebskosten, nach der sämtliche Betriebskosten vom Mieter getragen werden müssen, genügt nach diesem Urteil nicht dem Bestimmtheitsgebot und ist somit unwirksam. Es wurde zwar Revision vor dem BGH gegen das Urteil eingelegt, vieles spricht allerdings für die Richtigkeit der OLG-Entscheidung.

Quelle: OLG Celle, Urt. v. 09.11.2018 – 2 U 81/18

Thema: Mietrecht

Landpacht und Kleingedrucktes: Wer Allgemeine Geschäftsbedingungen verfasst, muss sich am Transparenzgebot messen lassen

Der Landwirt des folgenden Falls wollte besonders schlau sein. Doch ein Verstoß gegen das Transparenzverbot ist mit augenzwinkernder Bauernschläue nunmal nicht zu rechtfertigen.

Ein Mann hatte vor vielen Jahren Land durch ein von ihm erstelltes Vertragsmuster gepachtet. Darin hatte er auch folgenden Passus eingefügt: „Dem Pächter wird … ein Vorpachtsrecht eingeräumt.“ Jahre später verpachtete der Eigentümer das Land dann an jemand anderes. Das wollte sich der ursprüngliche Pächter nicht gefallen lassen, machte von seinem vertraglichen Vorpachtrecht Gebrauch und klagte schließlich sein vermeintliches Recht ein – mit wenig Erfolg.

Die vereinbarte Klausel über das Vorpachtrecht stellte einen Verstoß gegen das Transparenzgebot dar und war nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam. Der Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist verpflichtet, den Regelungsgehalt einer Klausel möglichst klar und überschaubar darzustellen.

Hinweis: Das aus dem Transparenzgebot abgeleitete Bestimmtheitsgebot verlangt zudem, dass die Klausel die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen soweit erkennen lässt, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann. Ist nicht festzustellen, für welche Fälle das Vorpachtrecht gelten und auf welchen Zeitraum es sich erstrecken soll, ist die Klausel wie hier unwirksam.

Quelle: BGH, Urt. v. 24.11.2017 – LwZR 5/16
Mietrecht