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Schlagwort: Betriebsvereinbarung

Keine leitende Angestellte: Store-Managerin mit Personalverantwortung darf Betriebsratsmitglied werden

Der Betriebsrat besteht aus Arbeitnehmervertretern. Doch manchmal kann es auch Mitglieder geben, die in einer Führungsposition auch zum Entlassen und Einstellen von Mitarbeitern berechtigt sind. Bis wohin die beruflichen Befugnisse gehen dürfen, ohne in Konflikt mit der Betriebsratstätigkeit zu geraten, hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) nun anhand des folgenden Falls einer Store-Managerin klargestellt.

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Mündlich zählt nicht: Zusagen zu höheren Sozialplanabfindungen müssen unbedingt schriftlich fixiert werden

Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber werden fast immer in Form einer schriftlichen Betriebsvereinbarung getroffen. Dass diese Schriftform für den Ernst- bzw. Streitfall unumgänglich ist, zeigt der folgende Fall, den das Landesarbeitsgericht Düsseldorf (LAG) zu entscheiden hatte.

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Initiativrecht: Der Betriebsrat kann die Einführung einer elektronischen Zeiterfassung verlangen

Noch immer existieren Betriebe, in denen es keine elektronische Zeiterfassung gibt. Dass es Zeit wird, sich damit zu beschäftigen, zeigt neben der baldigen gesetzlichen Verpflichtung zur Einführung auch das folgende Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm (LAG). Denn dieses musste sich mit den Rechten des Betriebsrats bei der Einführung einer solchen Zeiterfassung beschäftigen.

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Keine Eilbedürftigkeit: Prozess muss klären, ob arbeitgeberseitige PCR-Testpflicht gegen Selbstbestimmungsrechte verstößt

Bei der engen Taktung neuer Coronaanordnungen kann einem durchaus schwindelig werden. Doch bei allem Recht auf Widerspruch ist dieser schnelle Wechsel von Vorschriften nicht automatisch Anlass genug, von einer Eilbedürftigkeit auszugehen, wenn Arbeitnehmer mit den Vorgaben der Arbeitgeber zur Pandemieeindämmung nicht einverstanden sind. Das beweist auch dieser Fall des Arbeitsgerichts Offenbach (ArbG).

In einer Betriebsvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat stand, dass Arbeitnehmer nur dann Zutritt zum Werksgelände erhalten, wenn sie vorher einen PCR-Test durchführen und dieser negativ verläuft. So sollten keine Coronaviren in den Betrieb gelangen. Das wollte sich ein Arbeitnehmer nicht gefallen lassen und beantragte den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Aus seiner Sicht verstieß die Anweisung, den Test durchzuführen, gegen das Recht auf Selbstbestimmung und war weder durch das Weisungsrecht noch die Betriebsvereinbarung gedeckt. Der PCR-Test sei unverhältnismäßig, weil er einen erheblichen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit bilden würde.

Das ArbG wies den Eilantrag des Arbeitnehmers jedoch zurück. Denn dieser hatte aus Sicht der Richter die Eilbedürftigkeit einer sofortigen Entscheidung nicht nachgewiesen. Ein besonderes und eiliges Beschäftigungsinteresse war somit nicht erkennbar, so dass sich der Arbeitnehmer nun auf einen langen Gerichtsprozess einstellen muss.

Hinweis: Wenn in etwa einem halben Jahr ein Urteil gefällt wird, weiß der Arbeitnehmer genau, ob er zur Arbeit habe kommen müssen oder eben nicht. Zu bedenken ist hierbei stets: Verliert man einen solchen Prozess, wird es auch kein Geld vom Arbeitgeber geben.

Quelle: ArbG Offenbach, Urt. v. 04.02.2021 – 4 Ga 1/21

Thema: Arbeitsrecht

Besetzung der Einigungsstelle: Komplexe Sachverhalte können mehr als die Mindestanzahl von zwei Beisitzern pro Seite erfordern

Bei einer Einigungsstelle handelt es sich um ein Schlichtungsorgan, das Streitigkeiten zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber beenden soll. Sie tritt immer dann zusammen, sobald eine der Parteien sie „anruft“. Normalerweise sitzen dabei zwei Beisitzer pro Partei in einer solchen Einigungsstelle – doch der Fall des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg (LAG) zeigt, dass besonders herausfordernde Streitinhalte die hierfür notwendige Personenanzahl erhöhen können.

Die Arbeitgeberin dieses Falls betrieb mehrere Krankenhäuser und hatte eine Einigungsstelle zu der Streitigkeit „Abschluss einer Betriebsvereinbarung zur Durchführung von psychischen Gefährdungsbeurteilungen“ angerufen. Der Betriebsrat wollte nun, dass mehr als die in der Regel vorgesehenen zwei Beisitzer je Seite festgelegt werden. Er hielt das Thema für zu komplex für die Mindestbesetzung und zog dafür bis vor das LAG.

Das Gericht war dabei ganz auf Seiten des Betriebsrats. Im Regelfall ist eine Einigungsstelle zwar mit je zwei Beisitzern auf jeder Seite zu besetzen. Bei diesem Thema war wegen der Erforderlichkeit sowohl juristischen als auch arbeitspsychologischen Sachverstands jedoch eine Festlegung der Anzahl von drei Beisitern je Seite geboten.

Hinweis: Die Einigungsstelle ist in ganz bestimmten, durch das Gesetz festgelegten Streitigkeiten zuständig. Betriebsräte können sich auf Kosten des Arbeitgebers durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen.

Quelle: LAG Baden-Württemberg, Beschl. v. 01.10.2020 – 3 TaBV 4/20

Thema: Arbeitsrecht

Mobiles Arbeiten: Sind sich Arbeitgeber und Betriebsrat uneins, kann eine Einigungsstelle angerufen werden

Da besonders durch die Coronapandemie vermehrt nicht in der Firma, sondern zu Hause oder gar an anderer Stelle gearbeitet wird, hat das folgende Urteil, das bereits im Februar erging, an Brisanz gewonnen. Was geschehen muss, wenn sich Arbeitgeber und Betriebsrat über Regelungen zur sogenannten mobilen Arbeit nicht einigen können, hat das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern (LAG) im Folgenden beantwortet.

Hierbei ging es um ein bundesweit tätiges Forschungszentrum mit rund 8.500 Beschäftigten an mehr als 20 Standorten im gesamten Bundesgebiet, bei dem der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst angewendet wird. Bereits seit mehr als vier Jahren strebte der von den örtlichen Betriebsräten gebildete Gesamtbetriebsrat eine Regelung zum mobilen Arbeiten an. Doch der vorgelegte Entwurf für eine Betriebsvereinbarung, der unter anderem eine Definition der mobilen Arbeit in Abgrenzung zur Telearbeit enthielt und einen grundsätzlichen Arbeitnehmeranspruch auf Teilnahme an der mobilen Arbeit vorsah, wurde seitens der Arbeitgeberin wegen dieser Regelung abgelehnt. Zudem bestritt sie Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats und verwies stattdessen auf individualrechtliche Regelungen im Einzelfall. Der Gesamtbetriebsrat beschloss daher, die Einigungsstelle anzurufen – und diese gerichtlich einsetzen zu lassen.

Mit diesem Antrag hatte der Gesamtbetriebsrat Erfolg. Die Einigungsstelle kann dem LAG zufolge für den Regelungsgegenstand „mobiles Arbeiten“ zuständig sein – und das reiche für die Möglichkeit der Einsetzung der Einigungsstelle aus.

Hinweis: Die Einigungsstelle kann also für Regelungen zum mobilen Arbeiten zuständig sein. Dabei kann es um Regelungen der damit zusammenhängenden Fragen des Arbeitsschutzes, der Arbeitssicherheit, der Arbeitszeit und der Arbeitsstätte gehen.

Quelle: LAG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 25.02.2020 – 5 TaBV 1/20

Thema: Arbeitsrecht

Versetzung des Gemobbten: Ist der Arbeitsort nicht vertraglich festgelegt, hat der Arbeitgeber freie Hand

Mobbing am Arbeitsplatz ist immer wieder ein Thema für die Arbeitsgerichte – leider. Auch der folgende Fall, den das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern (LAG) zu entscheiden hatte, beschäftigt sich mit den diesbezüglichen Pflichten der Arbeitgeber.

Eine Köchin benötigte für ihren Weg zu ihrer Arbeitsstelle mit dem Auto etwa 20 Minuten. Dann kam es zu einer Auseinandersetzung mit der Küchenleiterin. Die Arbeitnehmerin war seit diesem Tag ununterbrochen arbeitsunfähig. Daraufhin versetzte die Arbeitgeberin sie in eine andere von ihr ebenfalls betriebene Küche in einer nahe gelegenen Stadt. Für die Fahrt dorthin benötigte die Arbeitnehmerin etwa 50 Minuten und klagte deshalb gegen die Versetzungsentscheidung der Arbeitgeberin.

Die Versetzung war in den Augen des LAG jedoch durchaus rechtmäßig gewesen. Der Arbeitgeber darf Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch

  • den Arbeitsvertrag,
  • Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung,
  • einen anwendbaren Tarifvertrag oder
  • gesetzliche Vorschriften festgelegt sind.

Ein Arbeitsort war hier im Arbeitsvertrag nicht festgelegt. Die Bestimmung des Leistungsorts nach billigem Ermessen verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit. Die Arbeitgeberin hat infolge der seit längerem anhaltenden Konfliktlage in der ursprünglichen Küche ein berechtigtes Interesse an der Versetzung. Sie war insbesondere nicht dazu verpflichtet, die Streitursache oder einen Verantwortlichen für den Streit zu ermitteln, soweit das überhaupt möglich war.

Hinweis: Es ist also Sache des Arbeitgebers zu entscheiden, wie er auf Konfliktlagen reagiert. Er muss nicht erst die Ursachen und Verantwortlichkeiten aufklären, bevor er tätig wird. Was viele Arbeitgeber nicht berücksichtigen: Die Wahrscheinlichkeit ist sehr groß, dass ein Mobber immer wieder mobbt – bleibt der Auslöser für Streitigkeiten am Arbeitsplatz, wird es keine Ruhe geben.

Quelle: LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 30.07.2019 – 5 Sa 233/18

Thema: Arbeitsrecht

Allgemeines Persönlichkeitsrecht: Betriebsrat darf zu disziplinarischen Personalgesprächen nicht gleichzeitig eingeladen werden

Eine Betriebsvereinbarung ist eine Absprache zwischen dem Betriebsrat und dem Arbeitgeber, von der nur in Ausnahmefällen eine der beiden Parteien einen Rückzieher machen kann. Bei Verstößen gegen das Allgemeine Persönlichkeitsrecht macht es allerdings wenig Sinn, auf entsprechende Vereinbarungen zu beharren. Das gilt auch für Betriebsräte, wie der folgende Fall des Bundesarbeitsgerichts (BAG) beweist.

In einer Betriebsvereinbarung wurde vereinbart, dass zu Gesprächen zwischen Geschäftsleitung, Abteilungsleitung und den Arbeitnehmern bezüglich disziplinarischer Maßnahmen gleichzeitig der Betriebsrat eingeladen werden soll. Später jedoch bekam der Arbeitgeber Bedenken und meinte, das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer würde durch die Regelung unterlaufen. Er beachtete die Betriebsvereinbarung folglich nicht mehr. Dagegen zog der Betriebsrat vor das Arbeitsgericht.

Das BAG urteilte jedoch, dass die Betriebsvereinbarung durchaus gegen die Pflicht verstieß, die freie Entfaltung der Persönlichkeit der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer zu schützen und zu fördern. Der entscheidende Eingriff lag hier in der gleichzeitigen Einladung des Betriebsrats zu Personalgesprächen. Auf diese Art erfuhren schließlich alle Betriebsratsmitglieder von einer drohenden disziplinarischen Maßnahme aufgrund eines möglichen Fehlverhaltens des Arbeitnehmers. Zudem rügte das BAG die Regelung als nicht angemessen, da der Arbeitnehmer nicht entscheiden konnte, welches Mitglied des Betriebsrats am Gespräch teilnehmen sollte.

Hinweis: Eine Regelung, nach der bei Personalgesprächen stets ein Mitglied des Betriebsrats anwesend sein muss, ist unwirksam. Sie verstößt gegen das Allgemeine Persönlichkeitsrecht eines Arbeitnehmers.

Quelle: BAG, Beschl. v. 11.12.2018 – 1 ABR 12/17

Thema: Arbeitsrecht

Schluss mit „Machen und Hoffen“? Zehnte Kammer des Bundesarbeitsgerichts zweifelt Verfahrensweise zum Weisungsrecht an

Innerhalb seines Weisungsrechts kann ein Arbeitgeber Ort, Zeit und Art der Beschäftigung des Arbeitnehmers festlegen. Grenzen werden diesem Recht nur durch das Gesetz, einen Tarifvertrag, eine Betriebsvereinbarung oder den Arbeitsvertrag gesetzt. Vor allem hat der Arbeitgeber auch stets eine rechtmäßige Ermessensentscheidung zu treffen.

Zwischen dem Arbeitnehmer des Falls und seinem Arbeitgeber gab es eine Reihe von Streitigkeiten. Nach einem verlorenen Kündigungsrechtsstreit wollte der Arbeitgeber den Arbeitnehmer von Dortmund nach Berlin versetzen. Als der Arbeitnehmer sich weigerte, erhielt er zunächst Abmahnungen und schließlich eine fristlose Kündigung wegen Arbeitsverweigerung. Gegen die Kündigung klagte er, und die Angelegenheit landete bei der Zehnten Kammer des Bundesarbeitsgerichts (BAG).

Die Kammer konnte allerdings nicht abschließend entscheiden. Grundsätzlich schlossen sich die Richter zwar den Vorinstanzen an und meinten, die Versetzung von Dortmund nach Berlin würde eine unbillige Ermessensentscheidung darstellen. Der Fünfte Senat des BAG hatte jedoch in einem ähnlichen Fall entschieden, dass der Arbeitnehmer erst einmal eine solche Weisung befolgen muss, bis deren Unwirksamkeit rechtskräftig durch ein Gericht festgestellt wurde. Der Zehnte Senat möchte diese Meinung jedoch nicht länger teilen und fragte daher beim Fünften Senat offiziell nach, ob dieser an seiner Auffassung festhält. Tut er dieses, muss letztlich der sogenannte Große Senat entscheiden.

Hinweis: Beim Thema Weisungsrecht wird sich also aller Voraussicht nach in Kürze etwas ändern. Nach der Auffassung des Zehnten Senats des BAG können Arbeitnehmer die Arbeit bei einer unbilligen Ermessensentscheidung des Arbeitgebers verweigern. Vermutlich werden Arbeitnehmer nicht länger verpflichtet sein, eine unbillige Weisung des Arbeitgebers zunächst zu befolgen, bevor eine Gegenwehr erfolgen kann.

Quelle: BAG, Beschl. v. 14.06.2017 – 10 AZR 330/16

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