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Schlagwort: bgh

Verletztes Persönlichkeitsrecht: Geldentschädigungsansprüche mit Genugtuungsfunktion sind nicht vererbbar

Stirbt eine Person, stellt sich die Frage, was genau zu deren Nachlass gehört – insbesondere, wenn neben Geld- und Sachwerten auch immaterielle Güter wie E-Mail- oder Social-Media-Accounts existieren oder Forderungen bestehen. Welche Rechte im Einzelnen vererblich sind, ist oft umstritten.

Die personenbezogenen Daten – wie der Name und der Krankheitsverlauf einer gesetzlich krankenversicherten Krebspatientin – wurden in einem sozialmedizinischen Gutachten von der Krankenversicherung unzureichend anonymisiert, was eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Frau darstellte. Nach ihrem Tod wollte ihre Tochter daher einen Geldentschädigungsanspruch gegen die Krankenversicherung geltend machen.

Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied jedoch, dass Geldentschädigungsansprüche im Fall einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts grundsätzlich nicht vererbbar sind und nur von der verletzten Person selbst durchgesetzt werden können.

Hinweis: Der BGH hat in diesem Urteil wiederholt bestätigt, dass solche Entschädigungsansprüche nicht vererbbar sind, da der Anspruch eine sogenannte Genugtuungsfunktion besitzt, die nach dem Tod des Betroffenen nicht mehr umgesetzt werden kann. Schmerzensgeldansprüche des Betroffenen wegen anderweitiger Rechtsverletzungen, die im Gesetz ausdrücklich genannt werden – also Ansprüche aufgrund der Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung -, sind hingegen vererblich.

Quelle: BGH, Urt. v. 29.11.2016 – VI ZR 530/15
Thema: Erbrecht

Bei fiktiver Schadensabrechnung: Die Kosten einer Reparaturbestätigung sind als konkreter Abrechnungsfaktor nicht ersatzfähig

Der Geschädigte hat bei der fiktiven Schadensabrechnung keinen Anspruch auf die Erstattung der im Rahmen einer (tatsächlich erfolgten) Reparatur angefallenen Kosten für eine Reparaturbestätigung.

Bei einem Verkehrsunfall wurde das Fahrzeug der Geschädigten erheblich beschädigt. Die Reparaturkosten wurden von einem Sachverständigen auf etwa 4.400 EUR netto geschätzt. Die Geschädigte rechnete auf Gutachtenbasis mit der gegnerischen Haftpflichtversicherung ab und ließ die Reparatur des Fahrzeugs von ihrem Lebensgefährten, einem gelernten Kfz-Mechatroniker, vornehmen. Die Ordnungsgemäßheit der Reparatur ließ sie sich von einem Sachverständigen bestätigen, der ihr für die Erstellung der Reparaturbestätigung etwa 62 EUR in Rechnung stellte. Die gegnerische Haftpflichtversicherung lehnte die Übernahme der Kosten ab.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass bei der fiktiven Abrechnung der zur Herstellung erforderliche Betrag unabhängig von tatsächlich getätigten Aufwendungen zu ermitteln ist. Gibt sich der Geschädigte mit dieser Berechnungsform objektiver Aufwendungen zufrieden, ist er im Gegenzug dafür auch nicht verpflichtet, getätigte oder auch unterlassene Arbeiten am Fahrzeug zu belegen. Entscheidet er sich also für diesen Abrechnungsweg, sind die im Rahmen einer tatsächlich erfolgten Reparatur angefallenen Kosten nicht zusätzlich ersatzfähig. Einmal für die fiktive Abrechnung entschieden, muss sich der Geschädigte auch an diese Schadensabrechnung halten. Eine Kombination von fiktiver und konkreter Schadensabrechnung ist unzulässig. Die hier eingeforderten Kosten für die Reparaturbestätigung muss die Klägerin somit selbst tragen.

Hinweis: Hätte die Geschädigte noch Nutzungsausfall geltend gemacht, dürften auch nach der Entscheidung des BGH die Kosten für die Reparaturbestätigung zu erstatten gewesen sein, da diese dann aus Rechtsgründen zur Schadensabrechnung bzw. Rechtsverfolgung erforderlich gewesen wäre.

Quelle: BGH, Urt. v. 24.01.2017 – VI ZR 146/16
zum Thema: Verkehrsrecht

Verjährungsfristen bei Behandlungsfehlern: Geltendmachung der Ansprüche bei einer Schlichtungsstelle hemmt den Fristablauf

Gerade bei Ansprüchen aufgrund ärztlicher Behandlungsfehler läuft die Zeit schneller ab, als es vielen Patienten lieb ist. Wie Verjährungsfristen unterbrochen werden können, zeigt dieser Fall.

Ein Patient erlitt einen Zeckenbiss und bekam ein halbes Jahr später starke Schmerzen im rechten Knie. Ein Facharzt für Orthopädie diagnostizierte allerdings lediglich einen Reizzustand und später eine Entzündung. Ein Jahr später wurde festgestellt, dass der Mann an einer Borreliose litt und die Infektion eine Arthritis in nahezu allen Körpergelenken ausgelöst hatte. Der Patient stellte daraufhin knapp drei Jahre später einen Schlichtungsantrag bei der Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen der zuständigen Ärztekammer. Dieses Verfahren lehnte die Haftpflichtversicherung des Arztes jedoch mehrere Monate später ab.

Zwischenzeitlich – also zwischen der Beantragung des Schlichtungsverfahrens und der Ablehnung durch die Versicherung – war die dreijährige Verjährungsfrist aus Sicht der Versicherung abgelaufen. Der Mann klagte trotzdem Schadensersatzansprüche gegen den Arzt ein. Die Richter urteilten, dass die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen bei einer von den Ärztekammern eingerichteten Schlichtungsstelle den Eintritt der Verjährung hemmt. Es ist nicht erforderlich, dass sich der Arzt oder die hinter diesem stehende Haftpflichtversicherung auf das Verfahren einlässt. Allein der rechtzeitige Antrag bei der Schlichtungsstelle reichte hier also aus, um die Verjährung zu hemmen. Nun können die Gerichte über den Schadensersatzanspruch entscheiden.

Hinweis: Es muss also nicht gleich eine Klage eingereicht werden, um gegebene Fristen zu wahren. Macht ein Patient gegen seinen Arzt Schadensersatzansprüche bei einer von den Ärztekammern eingerichteten Schlichtungsstelle geltend, hemmt diese Geltendmachung den Eintritt der Verjährung.

Quelle: BGH, Urt. v. 17.01.2017 – VI ZR 239/15

Thema: Sonstiges

Unfall durch Glatteis: Unvermittelt auftauchende Einzelflächen führen nicht immer zum Schadensersatzanspruch

Nicht bei jedem Glätteunfall vor der Haustür haftet der Hauseigentümer.

Eine Frau rutschte auf einer Glatteisfläche auf einem Gehweg aus. Die Arbeitgeberin der Verunfallten verklagte den Hauseigentümer auf Schadensersatz wegen der geleisteten Entgeltfortzahlungskosten im Krankheitsfall. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung geht nämlich in solchen Fällen auf den Arbeitgeber über. Hier hatte die Arbeitgeberin allerdings Pech, da ihre Arbeitnehmerin überhaupt keinen Anspruch hatte, der hätte übergehen können. Es lag nämlich keine Verletzung der Räum- und Streupflicht seitens des Hauseigentümers vor. Dafür muss entweder eine allgemeine Glätte vorliegen oder es müssen Anhaltspunkte für eine ernsthafte drohende Gefahr aufgrund einzelner Glättestellen vorhanden sein. Da hier keine allgemeine Glätte vorherrschte, gab es lediglich eine einzige Glatteisfläche von ca. 1 x 1 m Größe vor dem Haus des Eigentümers. Ansonsten war der Bürgersteig nämlich trocken und geräumt. Der Eigentümer des Hauses musste den Bürgersteig morgens demnach nicht eingehender auf glatte Einzelflächen überprüfen, als dies ein Passant gemeinhin zu tun hat.

Hinweis: Da hat der Grundstückseigentümer viel Glück gehabt. Es empfiehlt sich stets, eine entsprechende Versicherung abzuschließen, die auch solche Schäden umfasst.

Quelle: BGH, Urt. v. 14.02.2017 – VI ZR 254/16

Thema: Mietrecht

Behaupteter Spurwechsel: Den Anscheinsbeweis zu widerlegen, ist Aufgabe des Auffahrenden

Bestreitet der Vorausfahrende den vom Auffahrenden behaupteten Spurwechsel, den dieser zudem nicht beweisen kann, bleibt für die Abwägung allein der Auffahrunfall maßgeblich. Es ist nicht Sache des Vorausfahrenden zu beweisen, dass ein Spurwechsel nicht stattgefunden hat.

Auf einer Autobahn kam es zu einem Verkehrsunfall. Der Schädiger fuhr auf das vor ihm fahrende Fahrzeug des Geschädigten und behauptete, dieser habe kurz zuvor einen Spurwechsel vorgenommen.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat nunmehr entschieden, dass für den Fall, dass der Auffahrende nicht beweisen kann, dass der Geschädigte kurz zuvor einen Spurwechsel durchgeführt hat, den Auffahrenden die Alleinhaftung trifft. Denn nach ständiger Rechtsprechung des BGH kann auch bei Auffahrunfällen auf der Autobahn der Anscheinsbeweis dafür sprechen, dass der Auffahrende den Unfall schuldhaft allein verursacht hat. Das „Kerngeschehen Auffahrunfall“ reicht für die Annahme eines Anscheinsbeweises dann allerdings nicht aus, wenn atypische Umstände vorliegen. Hierzu gehört auch ein durchgeführter Spurwechsel. Steht allerdings nicht fest, ob solche atypischen Umstände vorliegen, steht der Anwendung des Anscheinsbeweises nichts entgegen.

Es obliegt demjenigen, zu dessen Lasten ein solcher Anscheinsbeweis angewendet werden soll, darzulegen und ggf. zu beweisen, dass Umstände vorlagen, die gegen den Charakter des ersten Anscheins sprechen. Er hat den Anscheinsbeweis also zu erschüttern. Bestreitet der Geschädigte den behaupteten Spurwechsel jedoch und kann der Auffahrende diesen nicht beweisen, ist bei der Abwägung allein ein Auffahrunfall mit seinen generellen Wesenszügen maßgeblich.

Hinweis: Bei einem Anscheinsbeweis handelt es sich um eine Beweiserleichterung für den Geschädigten. Soll der Anscheinsbeweis zur Anwendung kommen, muss ein allgemeiner Erfahrungssatz festgestellt werden, aufgrund dessen sich der Schluss aufdrängt, eine bestimmte Folge sei auf eine bestimmte Ursache oder umgekehrt zurückzuführen. Kann der Schädiger den gegen ihn sprechenden Anscheinsbeweis nicht erschüttern, bleibt es in der Regel bei seiner vollen Haftung.

Quelle: BGH, Urt. v. 13.12.2016 – VI ZR 32/16

Thema: Verkehrsrecht

Doppelte Schriftformklausel: Trotz formularmäßiger Vereinbarung haben mündliche Vertragsabsprachen Vorrang

Viele Mietverträge sehen eine Klausel über Schriftformerfordernisse vor. Wann solche Klauseln nicht gelten, zeigt dieser Fall.

In einem gewerblichen Mietvertrag war eine sogenannte doppelte Schriftformklausel enthalten. Danach waren Änderungen oder Ergänzungen des Vertrags nur wirksam, wenn sie schriftlich vereinbart werden. Dies galt auch für eine Änderung dieser Schriftformklausel selbst. Dann wurde der Mietvertrag geändert, insbesondere hinsichtlich des Nutzungszwecks der Gewerbefläche. Die doppelte Schriftform wurde dabei nicht konsequent eingehalten. Das war aber nicht weiter tragisch. Denn der BGH urteilte, dass eine in einem Mietvertrag über Gewerberäume enthaltene doppelte Schriftformklausel im Fall der formularmäßigen Vereinbarung eine mündliche oder auch allgemeinhin schlüssige Änderung der Vertragsabreden wegen des Vorrangs der Individualvereinbarung nicht ausschließt.

Hinweis: Einzelabreden – also echte individuelle Vereinbarungen – gehen den formularmäßigen schriftlichen Mietbedingungen in jedem Fall vor.

Quelle: BGH, Beschl. v. 25.01.2017 – XII ZR 69/16

Thema: Mietrecht

Bei bestehender Bindung: Das Wechselmodell kann im Umgangsrecht nunmehr eingefordert werden

In den meisten Fällen leben die Kinder nach der Trennung bei einem Elternteil, während der andere mehr oder weniger umfangreich Umgang mit seinen Kindern pflegt. Mitunter kommt es aber auch zum paritätischen Wechselmodell, bei dem die Kinder je hälftig bei den Elternteilen leben, zum Beispiel indem sie jeweils im Wochenrhythmus zwischen den Eltern wechseln. In einem Fall stritten sich die Eltern darüber, ob dieses Wechselmodell verlangt oder allenfalls freiwillig vereinbart werden kann.

Diesen Streit hat der Bundesgerichtshof (BGH) jetzt entschieden. Das Wechselmodell kann demnach gerichtlich eingefordert werden. Allerdings ist dies an einige Voraussetzungen geknüpft. Wie in Kindschaftssachen generell kommt es auch hier auf das Kindeswohl an. Das bedeutet, dass es vor allem auf die Erziehungseignung der Eltern, die Bindungen des Kindes, die Prinzipien der Förderung und der Kontinuität, den Kindeswillen und die Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit der Eltern ankommt. Unter Beachtung dieser Kriterien soll das Wechselmodell auf Antrag angeordnet werden, wenn es im Vergleich zu anderen Betreuungsmodellen dem Kindeswohl am besten entspricht.

Der BGH betont, dass das Wechselmodell gegenüber den herkömmlichen Modellen höhere Anforderungen an die Eltern stellt, mit anderen Worten also nicht als Regelfall anzuordnen ist. Er hebt auch hervor, dass das Wechselmodell nicht angeordnet werden kann, um eine tragfähige Bindung zu beiden Elternteilen aufzubauen. Diese ist vielmehr Voraussetzung dafür, wobei besonders darauf zu achten ist, dass bereits zur Zeit des Zusammenlebens beide Elternteile die Kindesbetreuung übernommen hatten. Zu beachten ist schließlich, dass beim Wechselmodell ein erhöhter Abstimmungs- und Kooperationsbedarf besteht. Bei hoher elterlicher Konfliktbelastung scheidet deshalb das Wechselmodell aus.

Hinweis: Das Wechselmodell wird nicht der Regelfall werden. Zwar hat der BGH entschieden, dass auch gegen den Willen eines Elternteils das Wechselmodell angeordnet werden kann. Er betont aber, dass das Zusammenwirken der Eltern dabei gut harmonieren muss. Ist das nicht gesichert, wird auch in Zukunft ein entsprechender Antrag im Zweifel erfolglos sein.

Quelle: BGH, Beschl. v. 01.02.2017 – XII ZB 601/15

Thema: Familienrecht

Bausparer aufgepasst! Bausparkassen dürfen Verträge kündigen, die seit mehr als zehn Jahren zuteilungsreif sind

Nun ist es leider amtlich: Bausparkassen können alte Bausparverträge unter bestimmten Voraussetzungen kündigen. Bausparer können daher nicht mehr darauf zählen, weiterhin die vereinbarten Zinsen zu erhalten.

In dem ersten der beiden just entschiedenen Verfahren schloss eine Frau 1978 mit einer Bausparkasse einen Bausparvertrag. Bereits seit 1993 war dieser zuteilungsreif. Anfang 2015 erhielt die Frau dann die Kündigung des Bausparvertrags unter Berufung auf § 489 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Danach gilt Folgendes: „Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen … in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten …“ Nun stellte sich für das Gericht die Frage, wer hier Darlehensnehmer und wer der Darlehensgeber sei.

In dem zweiten Fall wurde im Jahr 1999 ein Bausparvertrag über eine Bausparsumme von rund 80.000 EUR und ein weiterer Bausparvertrag um eine Bausparsumme von rund 20.000 EUR abgeschlossen. Auch diese Verträge wurden Anfang 2015 durch die Bausparkasse gekündigt, nachdem sie mehr als zehn Jahre zuteilungsreif waren. In beiden Fällen waren die Bausparer der Auffassung, dass der Bausparkasse kein Kündigungsrecht zugestanden habe.

Der Bundesgerichtshof stellte sich in den Verfahren auf die Seite der Bausparkassen und urteilte, dass die Kündigungen wirksam waren. Während der Ansparphase ist die Bausparkasse Darlehensnehmerin und der Bausparer Darlehensgeber. Erst mit der Inanspruchnahme eines Bauspardarlehens kommt es zu einem Wechsel. Die Kündigungsvorschrift des BGB muss auch zugunsten einer Bausparkasse als Darlehensnehmerin anwendbar sein.

Hinweis: Eine Bausparkasse kann Bausparverträge also kündigen. Sie müssen für eine solche Kündigung allerdings seit mehr als zehn Jahren zuteilungsreif sein. Und das gilt sogar dann, wenn sie noch nicht voll angespart sind.

Quelle: BGH, Urt. v. 21.02.2017 – XI ZR 185/16 und XI ZR 272/16
Thema: Sonstiges

Grob unbilliger Versorgungsausgleich: Einmalzahlungen aus einer Versorgungsanwartschaft können zu Ausgleichskorrekturen führen

Mit der Scheidung wird von Amts wegen der Versorgungsausgleich durchgeführt. Das bedeutet, dass mit der Scheidung die in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechte jeweils hälftig vom Rentenversicherungskonto des einen Ehegatten auf das des anderen übertragen werden. Das geschieht zwar schematisch, unterliegt aber einer Billigkeitskontrolle.

Der Versorgungsausgleich unterliegt dem Prinzip der Halbteilung. Die in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechte der Ehegatten sollen hälftig auf diese verteilt werden. Ergibt sich bei schematischer Durchführung dieses Prinzips ein grob unbilliges – sprich ungerechtes – Ergebnis, soll eine Korrektur erfolgen. Dabei ist auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen. Eine der möglichen Situationen, in denen eine solche Korrektur in Betracht kommt, ist, wenn ein Ehegatte dem Versorgungsausgleich ein Versorgungsanrecht entzieht. Wie kann es dazu kommen?

Es gibt Versorgungsanwartschaften, bei denen ein Wahlrecht besteht. Der Inhaber der Versorgungsanwartschaft kann dabei wählen, ob er die Versorgung kapitalisiert und als Einmalzahlung erhält oder als echte monatliche Rente. Wählt er die Möglichkeit der Einmalzahlung, fällt das Anrecht nicht mehr in den Versorgungsausgleich. Stattdessen fällt dieser Betrag nun in den sogenannten Zugewinnausgleich und ist damit güterrechtlich zu behandeln. So weit, so gut. Dabei gibt es allerdings ein entscheidendes Problem: Haben die Ehegatten nämlich die Gütertrennung vereinbart, hilft dies dem anderen Ehegatten nicht, da durch die Vereinbarung dieses Güterstands güterrechtliche Ausgleichsansprüche ausgeschlossen wurden. Wenn auf diese Weise ein Ehegatte dem Versorgungsausgleich ohne Ausgleich in der sonstigen vermögensrechtlichen Auseinandersetzung ein Versorgungsanrecht entzieht und dabei ansonsten auf der Durchführung des Versorgungsausgleichs besteht, kann dies als grob unbillig anzusehen sein.

Hinweis: Die Einzelheiten des Versorgungsausgleichs sind schwierig. Fachmännischer Rat ist in jedem Fall einzuholen.

Quelle: BGH, Beschl. v. 21.09.2016 – XII ZB 264/13
Thema: Familienrecht

Nach erfolgloser Konfliktbeilegung: Kläger können unter bestimmten Voraussetzungen einen Sachverständigen ablehnen

Viele Gerichtsverfahren sind von den Aussagen eines Sachverständigengutachtens abhängig. Hier lesen Sie, unter welchen Voraussetzungen Sie einen Sachverständigen ablehnen können.

Ein Patient war der Meinung, in einem Krankenhaus fehlerhaft behandelt worden zu sein. Er wandte sich daher an die Gutachter- und Schlichtungsstelle für ärztliche Behandlungen bei der Landesärztekammer. Diese beauftragte daraufhin einen Professor mit der Erstellung eines Gutachtens, der darin das Vorliegen von Behandlungsfehlern verneinte. Trotz des Gutachtens zog der Patient vor Gericht und klagte. Das zuständige Landgericht bestimmte wiederum denselben Professor als Sachverständigen – was der Patient natürlich nicht zu akzeptieren bereit war. Schließlich musste darüber der Bundesgerichtshof entscheiden. Und dieser beschloss, dass das Ablehnen des Professors durch den Patienten hier durchaus begründet war.

Ein Sachverständiger kann aus denselben Gründen abgelehnt werden, die auch zum Ablehnen eines Richters berechtigen. Denn ein Richter kann für solche Fälle von der Ausübung des Richteramts ausgeschlossen werden, in denen er bereits an einer außergerichtlichen Konfliktbeilegung mitgewirkt hatte. Selbiges gilt hier beim Gutachter: Da der Professor bereits vor der Gutachter- und Schlichtungsstelle tätig gewesen war, durfte er ebenfalls abgelehnt werden.

Hinweis: Ein Sachverständiger kann demnach abgelehnt werden, wenn er in derselben Sache bereits in einem Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung mitgewirkt hat. Das ergibt natürlich nur Sinn, wenn bereits das erste Gutachten für den Kläger negativ ausfiel.

Quelle: BGH, Beschl. v. 13.12.2016 – VI ZB 1/16
Thema: Sonstiges