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Schlagwort: Bußgeldstelle

Geschwindigkeitsmessgerät Leivtec XV3: Nachprüfbarkeit von Messungen eines ungenauen Geräts wirtschaftlich unverhältnismäßig

Manchmal ist im augenscheinlichen Kampf von David gegen Goliath nicht etwa die Technik, sondern das Wissen darum entscheidend. Der folgende Fall des Amtsgerichts Landstuhl (AG) bewies, dass ein mutmaßlicher Verkehrssünder mehr über das zum Einsatz gekommene Messgerät  zu wissen schien als die Bußgeldstelle.

Der Autofahrer wurde mit dem Geschwindigkeitsmessgerät Leivtec XV3 bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung erfasst. Es erging ein Bußgeldbescheid, gegen den der Autofahrer Einspruch eingelegte. Er trug vor, dass er Zweifel an der Richtigkeit der Messung habe. Denn das verwendete Messgerät sei bei nachgestellten Messungen schließlich bereits durch Messungenauigkeiten aufgefallen.

Das AG entschied, dass die Messung nicht im wirtschaftlich sinnvollen Rahmen nachprüfbar sei, und stellte fest, dass Geschwindigkeitsmessungen des Geräts Leivtec XV3 nicht zuverlässig seien. Denn es liege bei Messungen mit diesem Gerät kein standardisiertes Messverfahren vor. Daher müsse die einzelne Messung überprüft werden. In diesem Fall habe der Messgerätehersteller sogar selbst darauf hingewiesen, dass Zweifel an der Messgenauigkeit bestehen. Die Mehrzahl der durchgeführten Messungen dürfte zwar wahrscheinlich korrekt sein, unter bestimmten Bedingungen seien aber Messfehler denkbar. Unter diesen Umständen müsste ein Sachverständiger den Messwert ermitteln. Nach Ansicht des Gerichts seien die Kosten bei der Geldbuße als unverhältnismäßig zu betrachten. Zudem sei über den Messvorgang an sich wenig bekannt. Möglich sei allenfalls eine Plausibilitätsprüfung. Ob das Messergebnis richtig sei, könne damit aber nicht bestätigt werden. Das Verfahren wurde daher auf Kosten der Staatskasse eingestellt.

Hinweis: Nach dem Beschluss des AG liegt bei Messungen mit diesem Gerät kein auf einer Standardisierung gründender hinreichender Tatverdacht vor. Das bedeutet: Messungen mit diesem Gerät beweisen nicht sicher, ob jemand zu schnell gefahren sei. Der Messgerätehersteller hat selbst darauf hingewiesen, dass Zweifel an der Messgenauigkeit bestehen.

Quelle: AG Landstuhl, Beschl. v. 17.03.2021 – 2 OWi 4211 Js 2050/21

Thema: Verkehrsrecht

Zeugnisverweigerungsrecht: Beklagter darf nicht mit Auslagen sanktioniert werden, wenn sein Schweigen das Verfahren stoppt

Um nahe Angehörige zu schützen, kann es durchaus ratsam sein, entlastende Umstände zunächst zurückzuhalten. Dass man sich dabei nicht gleich selbst belasten muss, zeigt der folgende Fall.

Bei einer Geschwindigkeitsmessung wurde durch den Fahrer eines Pkw die zulässige Geschwindigkeit um 24 km/h überschritten. Die zuständige Bußgeldstelle schickte dem Halter einen Anhörungsbogen, den dieser mit dem Vermerk zurückschickte, dass er nicht Fahrzeugführer sei. Zudem teilte er mit, sich auf dem Bild nicht erkennen zu können. Dennoch erließ die Bußgeldbehörde einen Bußgeldbescheid gegen ihn. Gegen diesen legte der Mann Einspruch ein und teilte nach Ablauf der Verjährungsfrist mit, dass seine Verlobte Fahrzeugführerin gewesen sei. Daraufhin stellte die Bußgeldbehörde das Verfahren ein. Dem Mann wurde aber aufgegeben, seine Auslagen selbst zu tragen.

 

Das Amtsgericht Soltau hat daraufhin jedoch entschieden, dass der Hinweis auf den Fahrer zwar verspätet erfolgt, nach der Rechtsprechung aber der Schutz eines nahen Angehörigen vor Verfolgung als billigenswerter Grund anzusehen ist und daher entlastende Umstände zunächst durchaus zurückgehalten werden können. Da der Betroffene eidesstattlich versichert hat, dass es sich bei der Fahrerin um seine Verlobte handelte, war es daher zulässig, diese nicht schon zu einem Zeitpunkt zu benennen, in der Verfolgungsverjährung noch nicht eingetreten war.

Hinweis: Der Betroffene muss hier allerdings damit rechnen, dass die Führerscheinstelle ihm die Auflage erteilen wird, für sein Fahrzeug ein Fahrtenbuch zu führen. Erstaunlicherweise ist es möglich, in den Fällen eine Fahrtenbuchauflage zu erteilen, in denen der Betroffene von seinem Zeugnisverweigerungsrecht in zulässiger Weise Gebrauch macht.

Quelle: AG Soltau, Beschl. v. 06.03.2017 – 10 OWi 230/16

zum Thema: Verkehrsrecht