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Schlagwort: BVerfG

Kein Elterngrundrecht für Pflegeeltern: Berechtigter Wechsel der Pflegestelle zum Zweck der besseren Förderung des Kindes

Wenn ein Pflegekind aus der bestehenden Bindung zur Pflegefamilie herausgerissen wird, stellt sich die Frage, welche Möglichkeiten die ehemaligen Pflegeeltern haben, diese Entscheidung rückgängig zu machen. Das Ehepaar im folgenden Fall wusste sich nicht mehr weiterzuhelfen, als beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) Verfassungsbeschwerde einzureichen.

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Bis Juni 2024: Bundesverfassungsgericht verlangt vom Gesetzgeber, das Verbot der Kinderehe nachzubessern

Dass es unserer deutschen Rechtsordnung widerspricht, wenn Kinder heiraten, liegt auf der Hand. Aber der Rechtsstaat muss eine Lösung finden für Minderjährige, die im Ausland wirksam geheiratet haben und nun in Deutschland wohnen. Der Gesetzgeber hatte die Lösung gewählt, Eheschließungen, bei denen ein Beteiligter unter 16 Jahre alt war, als unwirksam anzusehen. Doch nach eingehender Betrachtung hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) Bedenken, was die Ausarbeitung des Gesetzes angeht – es verlangt eine Nachbesserung.

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BVerfG sieht keine Grundrechtsverletzungen: Zweijähriger Umgangsausschluss nach Kindeswohlprüfung im Ordnungsgeldverfahren rechtens

Selbstverständlich sollten gerichtliche Entscheidungen Verlässlichkeit geben. Dennoch gibt es Fälle, deren Umstände neu bewertet werden müssen, sobald sich besonders beim Verdacht der Kindeswohlgefährung neue Anhaltspunkte auftun. Was hier zuerst im Interesse eines Kindesvaters in Form eines titulierten Umgangs positiv bewertet, aber nach Auftauchen neuer Verdachtsmomente erst durch das Familiengericht des Amtsgerichts Lüdenscheid (FamG) und dann durch das Oberlandesgericht Hamm (OLG) revidiert wurde, trug der Mann schließlich vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vor. Zu Recht? Lesen Sie selbst.

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Genitalentblößung: BVerfG erklärt beaufsichtigte Drogenscreenings mittels Urinkontrollen in JVA für unzulässig

Dieser Beschluss wird den Alltag in Gefängnissen für die Bediensteten nicht einfacher machen. Doch Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) ist es auch nicht, Arbeitsabläufe zu vereinfachen – selbst dann nicht, wenn es um die Unterbindung des Suchtmittelmissbrauchs in Justizvollzugsanstalten (JVA) geht. Denn auch hinter Gittern sind schwerwiegende Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht nur in absoluten Ausnahmefällen rechtens und kein hinnehmbarer Umstand innerhalb von Ablaufroutinen.

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Keine Grundrechtsverletzung: Vater kann zum gleichzeitigen Besuch seiner drei Kinder verpflichtet werden

Dass Umgangsrecht gleichsam auch eine Pflicht ist, der man sich nur schwerlich entziehen kann, beweist im Folgenden ein Fall, der bis vor das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) ging. Hierbei handelte es sich nicht etwa um einen Elternteil, der keinerlei Kontakt zu seinen Kindern wünschte, sondern mehr Flexibilität in der Form der Umgangsregelung. Warum aber selbst dies nicht einfach ist, lesen Sie hier.

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Eilantrag abgewiesen: Bundesverfassungsgericht bestätigt einrichtungs- und unternehmensbezogene Impfpflicht

Mit § 20a Infektionsschutzgesetz (IfSG) wurde zum 15.03.2022 die einrichtungsbezogene Impfpflicht eingeführt, die alle im Gesundheitswesen Tätige betrifft – also unter anderem für Kliniken, Pflegeheime, Arztpraxen, Pflege- und Rettungsdienste gilt. Bei einer solchen Maßnahme versteht sich fast von selbst, dass sich Fragen aufwerfen, die nur durch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zu beantworten sind. Im Folgenden ging es um jene, ob diese Impfpflicht per Eilantrag auszusetzen sei.

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Selbstbestimmungsrecht durch Patientenverfügung: Erfolgreiche Verfassungsbeschwerde gegen Zwangsbehandlungen im Maßregelvollzug

Der folgende Fall ist ein sehr gutes Beispiel dafür, wie stark trotz pandemiebedingter Unkenrufe auf die Verfassungsrechte des Einzelnen hierzulande abgestellt wird. Ferner zeigt der Fall, bei dem es um eine medizinische Zwangsbehandlung als erheblichen Eingriff in die persönlichen Rechte ging, dass es sich lohnt, nicht gleich nach der ersten Instanz aufzugeben. Denn hier hatte erst das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) nach dem Oberlandesgericht (OLG) und dem Landgericht (LG) das entscheidende letzte Wort.

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BVerfG lässt „Mietendeckel“ platzen: Berliner Senat verstieß gegen die Gesetzgebungskompetenz des Bundes

Lange haben alle Beteiligten auf diese Entscheidung gewartet – Vermieter wohl in bester Hoffnung, Mieter eher in böser Erwartung. Nun ist er gefallen, der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) in Sachen „Berliner Mietendeckel“. Und wie es bereits viele aus den juristischen Fachbereichen unkten: Er wurde aufgehoben. Lesen Sie hier, warum.

Erst einmal zur Faktenlage: Im Jahr 2020 trat in Berlin das Gesetz zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in Kraft. Bei etwa 1,5 Millionen Mietverhältnissen wurde die Nettokaltmiete damit faktisch abgesenkt. Der Regelungsbereich des „Mietendeckels“ ging allerdings deutlich weiter als die Mietpreisbremse, die das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) vorsieht. Er bestand wesentlich aus dem Mietenstopp, einer lageunabhängigen Mietobergrenze im Fall der Wiedervermietung und einem gesetzlichen Verbot überhöhter Mieten. Bereits ab dem 18.06.2019 war es Vermietern „untersagt“, die Nettokaltmiete über die Stichtagsmiete hinaus zu erhöhen. Bei der Miete für erstmals ab dem Jahr 2014 bezugsfertige Neubauten war das Gesetz nicht anwendbar. Infolgedessen waren die Mieten und die maximal zulässigen Modernisierungserhöhungen beschränkt.

Nun musste das BVerfG entscheiden, ob dieses Berliner Gesetz rechtmäßig sei oder eben nicht. Und es befand, das dem Berliner Senat hierbei ein folgenschwerer Fehler unterlaufen sei. Denn das Land Berlin habe gar keine Gesetzgebungskompetenz für derartige Gesetze – diese Gesetzgebungskompetenz besitze ausschließlich der Bundesgesetzgeber. Und mit den §§ 556 bis 561 BGB habe der Bundesgesetzgeber von der konkurrierenden Zuständigkeit für das Mietpreisrecht als Teil des bürgerlichen Rechts abschließend Gebrauch gemacht. Damit ist das Berliner Gesetz mit seiner Mietpreisbremse rechtswidrig und unwirksam.

Hinweis: Die Mieter, die ihre Miete reduziert gezahlt haben, müssen diese für die betreffenden Zeiträume nun nachzahlen. Die Fälligkeit der Rückstände tritt mit sofortiger Wirkung ein. Daher sollten die Schulden schnellstmöglich bezahlt werden. Allerdings ist es zweifelhaft, ob bei einem entsprechenden kündigungsrelevanten Rückstand tatsächlich unverzüglich durch die Vermieter gekündigt werden kann. Denn die Mieter konnten natürlich auf den Fortbestand der gesetzlichen Regelung vertrauen.

Quelle: BVerfG, Beschl. v. 25.03.2021 – 2 BvF 1/20, 2 BvL 4/20, 2 BvL 5/20

Thema: Mietrecht

Sachverhaltsaufklärungs- und Darlegungspflicht: Betroffener hat Anspruch auf Informationen außerhalb der Bußgeldakte

Das Einsichtsrecht zu Messdaten nach Geschwindigkeitsüberschreitungen hat die Gerichte schon einige Male beschäftigt. Im folgenden Fall musste sogar das Bundesverfassungsgericht (BverfG) dazu Stellung nehmen, welche nicht in der Gerichtsakte stehenden (z.B. Rohmessdaten) dem Beklagten zugänglich gemacht werden müssen.

Der betroffene Pkw-Fahrer beantragte im Rahmen eines Bußgeldverfahrens wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung Einsicht in die gesamte Verfahrensakte – in die Lebensakte des Messgeräts, die Bedienungsanleitung des Herstellers, die Rohmessdaten der gegenständlichen Messung und in den Eichschein des verwendeten Messgeräts. Die Bußgeldstelle gewährte daraufhin Einsicht in die Bußgeldakte, die neben dem Messprotokoll und dem Messergebnis auch den Eichschein des eingesetzten Messgeräts enthielt. Die Bedienungsanleitung zu dem verwendeten Messgerät wurde dem Beschwerdeführer als Datei auf der Internetseite der Bußgeldstelle zugänglich gemacht. Bezüglich der übrigen angefragten Informationen teilte ihm die Behörde jedoch mit, dass diese nicht Bestandteil der Ermittlungsakte seien und nur auf gerichtliche Anordnung vorgelegt würden.

Das BVerfG entschied jetzt, dass es generell zunächst einmal nicht zu beanstanden sei, dass die Fachgerichte von einer reduzierten Sachverhaltsaufklärungs- und Darlegungspflicht im Fall eines standardisierten Messverfahrens ausgehen. Nach dem Grundsatz des Rechts auf ein faires Verfahren hat der Betroffene dennoch durchaus einen grundsätzlichen Anspruch auf Zugang zu den nicht in der Bußgeldakte befindlichen, aber bei der Bußgeldbehörde vorhandenen Informationen. Dem Betroffenen ging es dabei erkennbar um die Möglichkeit einer eigenständigen Überprüfung des Messvorgangs, um bei eventuellen Anhaltspunkten für die Fehlerhaftigkeit des Messergebnisses die Annahme des standardisierten Messverfahrens gegebenenfalls erschüttern zu können.

Hinweis: Durch die Gewährung eines solchen Informationszugangs wird der Rechtsprechung zu standardisierten Messverfahren nicht die Grundlage entzogen. Zwar steht dem Betroffenen ein Zugangsrecht vom Beginn bis zum Abschluss des Verfahrens zu. Er kann sich mit den Erkenntnissen aus dem Zugang zu weiteren Informationen aber nur erfolgreich verteidigen, wenn er diesen rechtzeitig im Bußgeldverfahren begehrt.

Quelle: BVerfG, Beschl. v. 12.11.2020 – 2 BvR 1616/18

Thema: Verkehrsrecht