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Schlagwort: Coronapandemie

OVG schützt Ehe und Familie: Minderjährige müssen nach Ferienumgang im Ausland nicht in Quarantäne

In der Coronapandemie können sich die Menschen nicht ohne weiteres frei bewegen. Sollten sie dennoch eine Reise antreten, müssen sie je nach Reiseziel mit der Rückkehr erst einmal in Quarantäne. Ob dies auch gilt, wenn das Reiseziel zum Zweck der Ausübung von Umgang aufgesucht wurde, musste im Folgenden vom Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) beantwortet werden.

Der Vater einer Siebenjährigen lebt mit dem Kind in Brandenburg, die Mutter in Italien. In einer gerichtlich geschlossenen Vereinbarung haben sich die Eltern unter anderem darauf verständigt, dass das Kind in den ungeraden Kalenderjahren die Winterferien bei der Mutter verbringt. Aufgrund Verordnung vor Ort besteht bei der Wiedereinreise nach Aufenthalt in Italien die derzeitige Verpflichtung, sich zunächst in Quarantäne zu begeben. Die Mutter hat daher beantragt, dem Kind davon eine Ausnahme zu erteilen – ihm also mit anderen Worten die Quarantäne zu ersparen, weil der Besuch bei ihr nicht im Rahmen einer allgemeinen Reise erfolge, sondern zum Zweck der Ausübung des Umgangs mit ihr, der Mutter.

Während die zuständige Behörde den Antrag abgelehnt hat, hat das OVG diese Entscheidung korrigiert und den Anspruch auf eine Ausnahmegenehmigung bejaht.

Die Frage, wo die Grenzen liegen, die Menschen in der Pandemie in ihren Rechten einzuschränken, wird gerade aktuell an vielen Stellen und von vielen Menschen aufgeworfen. In Bezug auf den Schutz von Ehe und Familie gehen die Gerichte dabei von Anfang an – und so auch hier wieder – einen eindeutigen Weg: Das Grundrecht des Schutzes von Ehe und Familie ist sehr hoch angesiedelt. In allen Umgangsfragen tendiert die Rechtsprechung dazu, den Umgang auch während Corona so zu gestatten wie ohne Pandemie. In diesem Sinne war die Entscheidung des Senats folgerichtig.

Hinweis: Ungeachtet dieser Besonderheiten gelten aber alle sonstigen Beschränkungen nach wie vor. Der Elternteil, bei dem das Kind ist, hat also darauf zu achten und zu gewährleisten, dass beispielsweise in der Öffentlichkeit im gebotenen Rahmen die Hygienebestimmungen eingehalten werden.

Quelle: OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 02.02.2021 – 11 S 9/21

Thema: Familienrecht

Kein Anrecht auf Vertragsanpassung: Vermieter haben trotz Hotelschließung durch Corona bei solventen Mietern vollen Mietzahlungsanspruch

Die Coronapandemie wirft zwar eine Unmenge neuer Fragen auf – vor allem auch angesichts neuer rechtlicher Regelungen. Dennoch darf bereits geltendes Recht genauso wenig übergangen werden, wie Hilfemaßnahmen generell von allen in Anspruch genommen werden können. Im Folgenden war es am Landgericht München (LG), diese beiden Gesichtspunkte auf die Klage einer Hotelbetreiberin herunterzubrechen, deren Vermieterin auf die vereinbarten Mietzahlungen bestand.

Die Beklagte betrieb in einem Mietobjekt ein Hotel. Der Mietvertrag bestand bereits seit dem Jahr 2001. Die monatliche Miete betrug knapp 50.000 EUR. Ab März 2020 konnte sie die Miete aufgrund der Coronapandemie nicht mehr zahlen – und wurde daraufhin von ihrer Vermieterin auf Zahlung verklagt.

Die Vermieterin hatte laut LG in der Tat einen Anspruch auf Zahlung der vollen Mieten für die Monate April, Mai und Juni 2020. Diese waren auch nicht zu mindern, weil die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch vorlag, da kein Mangel vorlag. Auch die staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Coronapandemie hatten keine Auswirkungen auf das Mietobjekt.

Allerdings hätte die Mieterin grundsätzlich ein Recht auf Vertragsanpassung und damit ein Recht auf Reduzierung der Miete gehabt. In dem hier vorliegenden Einzelfall lagen die Voraussetzungen dafür allerdings nicht vor, denn die Mieterin hatte in Eigeninitiative Zahlen zum Umsatz und zu weiteren Aspekten der wirtschaftlichen Lage vorgetragen. Und genau aus diesen Zahlen ließ sich eine Unzumutbarkeit der vollen Mietzahlungspflicht für die Richter nicht ableiten – offensichtlich hatte die Mieterin keine ernsten finanziellen Probleme.

Hinweis: Das Urteil deutet darauf hin, dass bei entsprechenden wirtschaftlichen Problemen aufgrund der Pandemie eine Herabsetzung der Miete für das Hotel möglich gewesen wäre.

Quelle: LG München, Urt. v. 25.01.2021 – 31 O 7743/20

Thema: Mietrecht

Gemeinsame elterliche Sorge: Stures Bestehen auf abstimmungspflichtige Flugreise in Pandemiezeiten wird zur Sackgasse

Dass bei einer meist emotionalen Trennung der Streit um die gemeinsamen Kinder zur Wahl der Waffen gehört, ist leider traurige Routine. Und die Coronapandemie wirkt auch hier wie ein Verstärker im Kräftemessen der gekränkten Gefühle – vor allem geplante Reisen mit den Kindern fordern die Gerichte, wie im Folgenden das Oberlandesgericht Brandenburg (OLG).

Nach der Trennung lebten die beiden minderjährigen Kinder bei der Mutter. Die elterliche Sorge stand den Eltern gemeinsam zu. Der Umgang wurde gerichtlich geregelt. Jeden ersten Samstag im Monat hat der Vater das Recht auf Umgang mit den Kindern von 15 bis 18 Uhr. Nun plante die Mutter mit den Kindern vom 01.08.2020 bis 15.08.2020 eine Flugreise nach Mallorca und forderte den Vater zur Zustimmung auf. Der aber verweigerte sie. Denn zum einen falle dann sein Umgang in diesem Monat aus, zum anderen halte er die Reise angesichts der Pandemie für zu gefährlich. Ein vor Gericht vorgenommener Vermittlungsversuch scheiterte, und die Mutter erklärte, ihr sei es letztlich egal, ob der Vater einverstanden sei – sie fliege mit den Kindern in jedem Fall!

Das OLG setzte dieser Entschiedenheit aber Grenzen: Normalerweise seien Reisen zwar Dinge des Alltags, für die es keiner ausdrücklichen Absprache bedürfe – bei Flugreisen in Coronazeiten gelte dies aber nicht! Denn es sei aufgrund der rasanten Pandemieentwicklung zu ungewiss, ob der Rückflug auch möglich sei. Flugreisen bedürfen aus diesem Grund derzeit der Zustimmung beider Eltern, wenn diesen die elterliche Sorge gemeinsam zusteht. Wenn dann – wie hier – ein Elternteil ausdrücklich erkläre, in jedem Fall reisen zu wollen, und damit eine gerichtliche Umgangsregel verletze, verhalte er sich kindeswohlgefährdend. Daher sei dem anderen Elternteil die Befugnis zu übertragen, zu entscheiden, ob die Reise stattfinde. Die Antwort des Vaters scheint in diesem Fall wohl klar zu sein.

Hinweis: Streit um die Kinder – ob Umgang oder elterliche Sorge betreffend – wird zunehmend heftig geführt. Das emotionale Konfliktpotential ist nachvollziehbarerweise hoch. Rechtsprofis als sachliche Berater einzuschalten und auf ihren Rat zu hören, kann sich in einer solchen Situation als äußerst sinnvoll herausstellen.

Quelle: OLG Brandenburg, Beschl. v. 30.07.2020 – 2 UF 88/20

Thema: Familienrecht

Nicht notwendige Versorger: Verwaltungsgericht bestätigt Rechtmäßigkeit von Betriebsschließungen zweier Läden

Die Coronapandemie stellt unser bisheriges Leben völlig auf den Kopf. Umso wichtiger ist es, dass auch bei Maßnahmen, die auf den ersten Blick eilig mit der heißen Nadel gestrickt zu sein scheinen, die Rechtsgrundlagen geprüft werden. Somit war es klar und auch richtig, dass die Gerichte hierzu schnell angerufen wurden – so wie im Folgenden das Verwaltungsgericht Aachen (VG) zur Frage von angeordneten Betriebsschließungen.

Durch eine Allgemeinverfügung der Stadt Würselen vom 18.03.2020 wurde der Betrieb bestimmter Verkaufsstellen des Einzelhandels zunächst befristet bis zum 19.04.2020 untersagt. Gegen diese Verfügung zogen der Betreiber einer Lottoannahmestelle und der Betreiber eines Pralinenfachgeschäfts vor Gericht. Sie wollten mit zwei Eilanträgen ihre Betriebe offenhalten. Das Gericht war jedoch anderer Auffassung.

Das VG bestätigte die Stadt Würselen, die in der Allgemeinverfügung nachvollziehbar dargelegt hatte, dass die Maßnahmen zur Risikominimierung erforderlich seien, um nach dem aktuellen Stand der medizinischen Erkenntnisse besonders anfällige Personengruppen vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus zu schützen. Wegen des dynamischen Verlaufs der Ausbreitung mit ersten Todesfällen in den letzten Wochen sei das Verbot nicht notwendiger Veranstaltungen und Betriebsfortführungen erforderlich. Nur so sei die Ansteckung einer größeren Anzahl von Personen zu verzögern.

Hinweis: Zum damaligen Zeitpunkt hatten die Anträge der Ladeninhaber keine Chance, mit ihrem Begehren durchzukommen. Doch haben wir in der Krise gelernt, dass sich das natürlich fast tagtäglich ändern kann – je nachdem, wie die Coronapandemie verläuft.

Quelle: VG Aachen, Beschl. v. 21.03.2020 – 7 L 230/20; Beschl. v. 23.03.2020 – 7 L 233/20

Thema: Sonstiges