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Schlagwort: diskriminiert

Zum Wohle (fast) aller: Berechtigte Kürzung der betrieblichen Witwenrente bei immensem Altersunterschied

Ehe- und Lebenspartner mit großem Altersunterschied sollten dieses Urteil kennen.

Ein Betriebsrentner, der mit einer 30 Jahre jüngeren Frau verheiratet war, verstarb. Die junge Witwe konnte nun Witwenrente beanspruchen. Das Problem: Nach der betrieblichen Pensionsordnung verminderte sich die Pension bei einem Altersunterschied von mehr als 15 Jahren um 5 % für jedes Jahr, das diese Grenze überstieg. Diese Regelung machte sich bei dem erheblichen Altersunterschied hier besonders rigoros bemerkbar: Die Rente wurde um satte 70 % gemindert.

Die Frau fühlte sich deshalb wegen ihres Alters diskriminiert und sah einen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. Das Arbeitsgericht Köln bejahte diese Benachteiligung zwar, war allerdings gleichwohl der Auffassung, dass diese Benachteiligung durchaus gerechtfertigt ist. Es liegt nämlich im Interesse aller Arbeitnehmer und insbesondere der künftigen Betriebsrentner, dass eine verlässliche Kalkulationsmöglichkeit besteht. Und diese Verlässlichkeit wiegt schwerer als die Benachteiligung aufgrund des ungewöhnlich großen Altersunterschieds.

Hinweis: Ist der Altersunterschied zwischen Ehepartnern sehr groß, darf der Arbeitgeber die betriebliche Witwenrente kürzen – zum Vorteil aller übrigen Betriebsrentner.

Quelle: ArbG Köln, Urt. v. 20.07.2016 – 7 Ca 6880/15
Thema: Arbeitsrecht

Nicht eingeladen: Öffentlicher Arbeitgeber schuldet schwerbehindertem Bewerber eine Entschädigung

Insbesondere öffentliche Arbeitgeber sind angehalten, schwerbehinderte Bewerber nicht zu diskriminieren. Dass dies nicht immer klappt, zeigt dieser Fall.

Eine Stadt suchte einen „Techn. Angestellte/n für die Leitung des Sachgebiets Betriebstechnik“ des von ihr unterhaltenen Palmengartens. Ein ausgebildeter Zentralheizungs- und Lüftungsbauer sowie staatlich geprüfter Umweltschutztechniker bewarb sich auf die Stelle. Der Bewerber war schwerbehindert mit einem sogenannten Grad der Behinderung von 50. Die Stadt lud den Bewerber nicht zu einem Vorstellungsgespräch ein, sondern entschied sich für jemand anders.

Der Bewerber war deshalb der Auffassung, er sei aufgrund seiner Behinderung diskriminiert worden. Die Stadt sei ihrer Verpflichtung aus dem Neunten Sozialgesetzbuch nicht nachgekommen, ihn zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Schon allein dieser Umstand begründe die Vermutung, dass er wegen seiner Schwerbehinderung diskriminiert worden sei. Und tatsächlich musste die Stadt eine Entschädigung zahlen. Der Bewerber war nicht von vornherein ungeeignet für die ausgeschriebene Stelle und hätte nach den gesetzlichen Vorgaben eingeladen werden müssen. Die daraus resultierende Entschädigungssumme belief sich auf einen Bruttomonatsverdienst.

Hinweis: Nach dem Neunten Sozialgesetzbuch sind auch private Arbeitgeber verpflichtet zu prüfen, ob freie Arbeitsplätze mit Schwerbehinderten und insbesondere mit arbeitslos oder arbeitssuchend gemeldeten Schwerbehinderten besetzt werden können.

Quelle: BAG, Urt. v. 11.08.2016 – 8 AZR 375/15z
Thema: Arbeitsrecht

Frauen gesucht: In Ausnahmefällen sind Ungleichbehandlungen keine Ungerechtigkeit

In einigen wenigen Fällen sind Diskriminierungen sachlich gerechtfertigt.

Ein Autohaus hatte per Anzeige eine Verkäuferin gesucht. Im Anzeigentext stand: „Frauen an die Macht!“ Wegen dieser Werbung sah sich ein Mann diskriminiert und machte eine Entschädigung geltend. Allerdings verlor er seine Klage vor dem Arbeitsgericht. Denn laut Gericht verstieß die Anzeige zwar gegen das Benachteiligungsverbot – das war hier jedoch ausnahmsweise zulässig. Der Arbeitgeber verfolgte nämlich das Ziel, seinen Kunden auch weibliche Verkaufsberater zur Verfügung zu stellen. Das Autohaus hatte bis zu 30 % weibliche Kunden, von denen einige ausdrücklich von einer Verkäuferin beraten werden wollten. Allerdings gab es bislang nur männliche Verkäufer, was das Autohaus mit dieser eindeutigen Stellenausschreibung nun ändern wollte.

Hinweis: Eine nur an ein bestimmtes Geschlecht gerichtete Stellenausschreibung kann zulässig sein, wenn die Ungleichbehandlung im Einzelfall gerechtfertigt ist. Doch Vorsicht: Das dürfte nach wie vor eher der Ausnahmefall sein.

Quelle: ArbG Köln, Urt. v. 10.02.2016 – 9 Ca 4843/15
Thema: Arbeitsrecht