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Schlagwort: Durchschnittsverbraucher

Messekäufe und Widerrufsrecht: Über den Status als Geschäftsraum entscheiden Standoptik, Messetätigkeiten und Infomaterialien

Wer in einem Gewerberaum etwas käuflich ersteht, ist nach dem Gesetz an diesen Kauf auch gebunden. Ob das, was beim Betreten entsprechender Läden nachvollziehbar erscheint, auch auf Messen gilt, musste nun der Europäische Gerichtshof (EuGH) bewerten.

Ein Unternehmen setzte seine Produkte ausschließlich auf Messen ab. Auf einer dieser Messen kaufte ein Kunde für 1.600 EUR in Deutschland einen Dampfstaubsauger. Der Käufer wurde dabei jedoch nicht darüber belehrt, dass ihm nach deutschem Recht ein Widerrufsrecht zustünde. Das wollte ein Verbraucherverband nicht hinnehmen und klagte.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat das Verfahren ausgesetzt und sich an den EuGH gewandt, da der BGH wissen wollte, ob es sich bei dem Messestand um einen typischen Gewerberaum handelt. Denn dann hätte der Verbraucher nicht über sein Widerrufsrecht informiert werden müssen, da es diesem klar sein musste, hier einen verbindlichen Kauf zu tätigen. Kann ein Verbraucher im Vorhinein – also vor dem tatsächlichen Verkaufsgespräch – allerdings nicht erahnen, dass ihm etwas auf der Messe verkauft werden soll, dürfte eine Belehrung über das Widerrufsrecht erforderlich gewesen sein.

Der EuGH urteilte generell: Der Messestand eines Unternehmers, an dem er seine Tätigkeiten an wenigen Tagen im Jahr ausübt, fällt unter den Begriff „Geschäftsräume“. Das gilt zumindest dann, wenn ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher damit rechnen kann, dass der betreffende Unternehmer dort seine Tätigkeiten ausübt und ihn anspricht, um einen Vertrag zu schließen. Deutliche Anzeichen hierfür sind die Messe an sich, die dortigen Tätigkeiten des Unternehmens und insbesondere das Erscheinungsbild des Messestands sowie der vor Ort selbst verbreiteten Informationen.

Nun ist es an den hiesigen Gerichten, genau diese Einzelheiten in dem betreffenden Fall entsprechend zu klären und  ihn dann zu einem Abschluss zu bringen.

Hinweis: Der Messestand eines Unternehmers kann also unter Umständen unter den Begriff „Geschäftsräume“ fallen, wenn der durchschnittlich verständige Verbraucher diesen auch als einen solchen identifizieren kann. Ist dem so, muss ein Verbraucher aber auch vor einem Kauf nicht über sein Widerrufsrecht belehrt werden.

Quelle: EuGH, Urt. v. 07.08.2018 – C 485/17

zum Thema: Sonstiges

Von wegen gesund: Werbung darf den Verzehr von Traubenzucker nicht beschönigend darstellen

Das Unternehmen Dextro Energy darf nicht mehr mit Vorzügen des Verzehrs von Glukose werben.

Glukose ist ein sogenannter Einfachzucker. Im Allgemeinen ist die Bezeichnung „Traubenzucker“ geläufig. Dieser Stoff gelangt sehr schnell durch die Darmwand ins Blut, ohne zuvor von Verdauungsenzymen aufgespalten zu werden. Dextro Energy stellt Produkte her, die fast vollständig aus Glukose bestehen, und beantragte daher die Erlaubnis, unter anderem folgende Angaben verwenden zu dürfen:

  • Glukose wird im Rahmen des normalen Energiestoffwechsels verstoffwechselt;
  • Glukose unterstützt die normale körperliche Betätigung;
  • Glukose trägt zu einem normalen Energiegewinnungsstoffwechsel bei;
  • Glukose trägt zu einer normalen Muskelfunktion bei.

Die Zulassung dieser Angaben wurde jedoch abgelehnt. Letztendlich würden die Verbraucher dadurch getäuscht, indem zum Verzehr von Zucker aufgerufen wird. Gegen diese Entscheidung wehrte sich das Unternehmen und zog letztendlich bis vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH).

Doch auch vor dem EuGH zog es schließlich den Kürzeren. Der Durchschnittsverbraucher soll nach den allgemein anerkannten Ernährungs- und Gesundheitsgrundsätzen schließlich seinen Zuckerverbrauch verringern – daher waren die Werbeangaben irreführend, da die mit dem Verzehr von Zucker verbundenen Gefahren erst gar nicht erwähnt wurden.

Hinweis: Es darf also nicht mit gesundheitlichen Vorzügen des Verzehrs von Glukose geworben werden, wenn nicht auch die Nachteile des Zuckerkonsums genannt werden – eine sicherlich nachvollziehbare und vor allem verbraucherfreundliche Entscheidung.

Quelle: EuGH, Urt. v. 08.06.2017 – C-296/16 P

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