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Schlagwort: Eigenbedarf

Angehörigen-Entlastungsgesetz: Bis 5.500 EUR netto ist für Singles kein Elternunterhalt zu leisten

Erstmals gibt es nun eine veröffentliche obergerichtliche Entscheidung zu dem Thema des Selbstbehalts beim sogenannten Elternunterhalt. Das Oberlandesgericht München (OLG) wagte sich hier an eine seit dem Jahr 2020 offene Frage, die sich auf den Selbstbehalt von alleinlebenden Kindern – also Singles – bezog.

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GbR ist keine Vermietermehrheit: Eigenbedarfskündigungen durch Gesellschafter wird der Riegel vorgeschoben

Eigenbedarf kann nicht jeder als Kündigungsgrund geltend machen.

Im Wohnraummietrecht muss ein Vermieter für eine Kündigung einen Grund haben – dieser kann z.B. geltend gemachter Eigenbedarf sein. In dem hier entschiedenen Fall war das Gebäude nicht etwa durch eine Privatperson, sondern durch ein Unternehmen – eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) aus dem Immobilienbereich – erworben worden. Einer der Gesellschafter hatte daraufhin Eigenbedarf zugunsten seiner Tochter angemeldet und dem Wohnungsmieter das seit 1985 bestehende Mietverhältnis gekündigt.

Das Landgericht München I (LG) hat jedoch die Räumungsklage abgewiesen und widerspricht damit eindeutig dem Bundesgerichtshof, der den Kauf durch eine GbR mit dem Erwerb durch eine sogenannte einfache Vermietermehrheit gleichsetzt, der solche Eigenbedarfskündigungen durchaus zustehen. Das LG sieht diese Vergleichbarkeit als praxisfern an, da die besonderen Konstellationen einer GbR die Mieterrechte erheblich beschneiden können. Eine solche Form des Eigenbedarfs der Gesellschafter ist nicht mit dem gesetzlichen Schutzzweck vereinbar, der Mieter vor einem unkalkulierbaren Risiko von Eigenbedarfskündigungen durch einen nicht überschaubaren Personenkreis bewahren soll.

Hinweis: Eine GbR kann nach dieser Entscheidung grundsätzlich keinen Eigenbedarf zugunsten eines ihrer Gesellschafter oder deren Angehörigen geltend machen.

Quelle: LG München I, Urt. v. 07.10.2015 – 14 S 2969/15
Thema: Mietrecht

Mietrecht: Haftung des Vermieters bei vorgetäuschtem Eigenbedarf

Die Eigenbedarfskündigung ist ein scharfes Schwert in der Hand des Vermieters, der sich insofern auf sein im Grundgesetz verankertes Eigentumsrecht berufen kann. Bei vernünftigem und nachvollziehbarem Nutzungswunsch hat der Mieter die Wohnung zu räumen. Das gilt allerdings nur dann, wenn der Eigenbedarf auch tatsächlich besteht. Der Bundesgerichtshof hat in einer aktuellen Entscheidung nochmals die Voraussetzungen präzisiert, unter denen der Vermieter haftet, wenn er den Eigenbedarf nur vorgetäuscht hat.

In dem vom BGH entschiedenen Fall (BGH, Urteil vom 10. Juni 2015 – VIII ZR 99/14 –) ging es um folgende Problematik:

Der Vermieter hatte den Mietvertrag über eine Wohnung mit der Begründung gekündigt, dass diese für den neuen Hausmeister benötigt werde. Der Mieter bestritt die Wirksamkeit der Kündigung. Der Vermieter verklagte den Mieter also auf Räumung der Wohnung.

Den Prozess drohte der Mieter zu verlieren, weil das Gericht davon ausging, dass der vom Vermieter geltend gemachte Eigenbedarf tatsächlich so bestand. Die Parteien schlossen daher einen Vergleich dahingehend, dass das Mietverhältnis als beendet galt und der Mieter eine sechsmonatige Räumungsfrist bei weiterer Mietzahlung erhielt. Zudem erklärte der Mieter einen Verzicht auf sämtliche Räumungsschutzvorschriften. Im Gegenzug erhielt der Mieter das Recht, mit zweiwöchiger Ankündigungsfrist die Wohnung auch früher zu verlassen, sobald er eine neue Wohnung gefunden haben würde.

Nach dem Auszug des Mieters zog dann allerdings nicht der angekündigte neue Hausmeister in die Wohnung ein, sondern eine Familie.

Der Mieter verlangte daher Schadensersatz vom Vermieter, nämlich den Ersatz der Umzugskosten, außerdem der Mehrkosten, die ihm durch die höhere Miete für die neue Wohnung und dadurch entstanden, dass er den Weg zur Arbeit nicht mehr wie bisher zu Fuß zurücklegen könne, sowie den Ersatz der ihm entstandenen Prozesskosten des Räumungsrechtsstreits. Insgesamt verlangte der Mieter Zahlung von über 25.000 €.

Der BGH entschied, dass dem Mieter in diesem Fall grundsätzlich Schadensersatz zustehen könne.

Nach ständiger Rechtsprechung ist die Vortäuschung von Eigenbedarf eine Pflichtverletzung aus dem Mietvertrag, die den Vermieter zum Schadensersatz verpflichtet (§ 280 Abs. 1 BGB). Das gilt übrigens auch für jede andere unberechtigte Kündigung.

Das Problem bestand vorliegend darin, dass der Mieter in dem Prozessvergleich auf seine Rechte verzichtet hatte.

Dies könne, so der BGH, auch zum Verlust der Schadensersatzansprüche führen, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass die Parteien mit dem Vergleich auch den Streit darüber beilegen wollten, ob die Eigenbedarfslage des Vermieters tatsächlich bestand oder nur vorgetäuscht war. Nur wenn mit dem Vergleich auch etwaige Ansprüche des Mieters wegen eines nur vorgetäuschten Bedarfs abgegolten werden sollten, wäre also ein Schadensersatzanspruch des Mieters nicht mehr gegeben.

An einen solchen Verzichtswillen sind nach dem BGH jedoch strenge Anforderungen zu stellen.

Wenn, wie hier, ein solcher Wille nicht ausdrücklich erklärt wird, müssen die Umstände zur Auslegung herangezogen werden. Derartige Umstände könnten bei einem Räumungsvergleich etwa darin liegen, dass sich der Vermieter zu einer substantiellen Gegenleistung verpflichtet. So kann im Einzelfall in der Zahlung einer namhaften Abstandszahlung oder einem Verzicht auf Schönheitsreparaturen der Wille der Parteien entnommen werden, dass damit auch etwaige Ansprüche des Mieters wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs abgegolten sein sollen. Dies würde, so der BGH, insbesondere dann in Betracht kommen, wenn eine solche Einigung in einer Situation erheblicher Unsicherheit für beide Parteien erfolgt, also etwa in der ersten Instanz vor Durchführung einer sonst erforderlichen umfangreichen Beweisaufnahme.

Ein derart substantielles Nachgeben lag in dem vom BGH entschiedenen Fall jedoch nicht vor. Die Gewährung einer sechsmonatigen Räumungsfrist war gegenüber einer streitigen Entscheidung zuzüglich einer möglichen Räumungsfrist kein wesentlicher zeitlicher Vorteil für den Mieter. Zudem hatte der Mieter weiterhin die Miete zu zahlen sowie sämtliche Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Im Ergebnis hinderte der geschlossene Prozessvergleich den Mieter also nicht daran, Schadensersatz vom Vermieter zu beanspruchen. Da im Fall allerdings noch nicht alle Tatsachen aufgeklärt waren, verwies der Bundesgerichtshof zurück an das Berufungsgericht.

Es kann für Vermieter nur davor gewarnt werden, lästige Mieter mit vorgeschobenem Eigenbedarf loswerden zu wollen. Stellt sich im Nachhinein heraus, dass die Kündigung mit Täuschungsabsicht erfolgt war, drohen erhebliche Schadensersatzpflichten!

Thema: Mietrecht

Autor: Rechtsanwalt Matthias Juhre, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht in Wuppertal

Mietrecht: Eigenbedarfskündigung bei Mischmietverhältnis

Gerade die Kündigung wegen Eigenbedarfs bietet, wie sich immer wieder zeigt, erhebliches Streitpotential. Spezielle Fragen tun sich auf, wenn der Mietvertrag nicht nur Wohnräume, sondern gleichzeitig auch Geschäftsräume umfasst.

Ein Mischmietverhältnis liegt vor, wenn Mieträume sowohl zu Wohnzwecken als auch geschäftlich genutzt werden. Hierbei ist die Unterscheidung wichtig, ob es sich um einen Mietvertrag über Wohnraumm oder Gewerberaum handelt. Denn nur im Wohnraummietrecht gilt der soziale Kündigungsschutz für den Mieter. Entscheidend ist, auf welcher Nutzung der Schwerpunkt liegt.

Der Bundesgerichtshof hatte einen Fall zu entscheiden, in dem sich der Vermieter von Wohn- und Geschäftsräumen auf dem vermieteten Grundstück auf Eigenbedarf berief (BGH, Urteil vom 01. Juli 2015 – VIII ZR 14/15 –).

Folgender Sachverhalt lag zugrunde:

Die Mieter hatten ein ehemals landwirtschaftliches Anwesen (geräumiges Bauernhaus mit Nebenräumen) gemietet. Sie nutzten das Wohnhaus und die weiteren Nutzflächen vertragsgemäß teils zu Wohnzwecken und teils gewerblich für ein Ladengeschäft zur Raumausstattung. Der Vermieter kündigte das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs, den er mit dem Wunsch begründete, seiner 28-jährigen Tochter und der 7-jährigen Enkelin, die beide noch in seinem Haushalt lebten, eine eigene Wohnung zur Verfügung zu stellen.

Das rechtliche Problem bestand darin, dass der Vermieter für seine Tochter und die Enkelin nur die Wohnräume benötigte, nicht aber die mitvermieteten Geschäftsräume.

Nach dem Gesetz benötigt der Vermieter für eine ordentliche Kündigung grundsätzlich ein berechtigtes Interesse. Ein solches liegt unter anderem vor, wenn er die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt (§ 573 Abs. 2 Ziff. 2 BGB). Diese Voraussetzung ist nach der ständigen Rechtsprechung des BGH erfüllt, wenn der Wunsch des Vermieters, die Wohnung einem Angehörigen zur Verfügung zu stellen, auf „vernünftigen, nachvollziehbaren Gründen“ beruht.

Im entschiedenen Fall erfüllte der Wunsch des Vermieters, die Räume seiner bisher noch im Haus der Eltern untergebrachten Tochter und deren Kind zwecks Begründung eines eigenen Hausstandes zur Verfügung zu stellen, diese Voraussetzung.

Dabei sei es nach Auffassung des BGH auch unerheblich, dass die Tochter lediglich die Wohnräume nutzen wollte und keinen Bedarf an einer Nutzung der übrigen, von den Mietern für ihr Ladengeschäft benutzten Räume hatte. Bei dem hier vorliegenden Mischmietverhältnis, das hier insgesamt als Wohnraummietverhältnis einzustufen war, brauche sich, so der BGH, der Eigenbedarf nur auf die Wohnräume zu beziehen.

Vom Mieterschutz sei die teils gewerbliche Nutzung nicht mit umfasst. Eine andere Sichtweise würde dazu führen, dass der Vermieter zwar berechtigterweise Eigenbedarf an den zu Wohnzwecken vermieteten Räumlichkeiten geltend machen könnte, damit aber gleichwohl regelmäßig scheitern müsste, weil er oder seine Verwandten für sich keine Möglichkeiten zu einer (sinnvollen) gewerblichen Nachnutzung sehen und damit keinen entsprechenden gewerblichen Nutzungsbedarf geltend machen könnten. Es bestehe nach dem BGH kein Anlass, das für Wohnraum zu Gunsten des Mieters eingerichtete hohe Schutzniveau auf die nicht vergleichbar schutzwürdigen Teile des Mietverhältnisses in gewerblicher Nutzung zu erstrecken und damit für Mischmietverhältnisse eine Eigenbedarfskündigung im praktischen Ergebnis weitgehend auszuschließen.

Nicht vom BGH zu entscheiden waren Einzelheiten zu der Frage, wann in solchen Fällen eine Eigenbedarfskündigung rechtsmissbräuchlich sein könnte. Die Rechtsprechung nimmt einen Rechtsmissbrauch unter anderem dann an, wenn der Vermieter einen „weit überhöhten“ Bedarf geltend macht. Ein solcher Fall liegt beispielsweise vor, wenn ein Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von 180 Quadratmetern und großem Garten dem 18-jährigen Sohn des Vermieters, der noch zur Schule geht, überlassen werden soll.

In dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall hätte das Problem übrigens bereits mit einer sinnvollen Vertragsgestaltung umgangen werden können. Im Vertrag hätte nämlich das ordentliche Kündigungsrecht des Vermieters wegen Eigenbedarfs ganz oder für eine bestimmte Laufzeit ausgeschlossen werden können. Denn von der gesetzlichen Regelung darf selbstverständlich zugunsten des Mieters abgewichen werden (§ 573 Abs. 4 BGB). Für einen Fall des Mischmietverhältnisses sollte daher unbedingt darauf geachtet werden, dass kein handelsübliches Standard-Mietvertragsformular verwendet wird, sondern der Vertrag den speziellen Bedürfnissen angepasst wird.

Thema: Mietrecht

Autor: Rechtsanwalt Matthias Juhre, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht in Wuppertal