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Schlagwort: Eigenkündigung

Erhebliche Pflichtverletzung: Fristlose Kündigung nach angedrohter Krankschreibung nur in seltensten Fällen unzulässig

Wer seinem Arbeitgeber droht, begibt sich stets auf sehr dünnes Eis. Das gilt auch für Fälle einer Erkrankung mit Ankündigung. Den folgenden Fall des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern (LAG) sollte man sich daher nicht als Beispiel nehmen – denn hier ging es für die betreffende Arbeitnehmerin ausnahmsweise gut aus.

Die seit zehn Jahren beschäftigte Frau hatte ihrem Arbeitgeber mit einer Krankschreibung gedroht, nachdem sie sich mit ihm nicht über die Einteilung für die Spätschicht in einer bestimmten Woche einigen konnte. Die Einteilung zur Spätschicht war für sie wegen ihres Kindes und den Öffnungszeiten der Kita problematisch. Zudem gab es innerhalb der Kollegschaft Spannungen, von der die Filialbetreuerin der Angestellten auch wusste. Für die betreffende Woche reichte die Klägerin sodann eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wegen einer nicht näher bezeichneten depressiven Episode ein. Daraufhin kündigte der Arbeitgeber der Frau fristlos, die Angestellte reichte ihrerseits die Eigenkündigung ein. Doch gegen die fristlose Kündigung ihres Arbeitgebers klagte sie – und das mit Erfolg.

Die Drohung, sich krankschreiben zu lassen, falls die Schichteinteilung nicht wie gewünscht erfolge, stelle zwar eine schwerwiegende Verletzung der arbeitsvertraglichen Rücksichtnahmepflicht dar. Dennoch war in diesem Fall eine solche Pflichtverletzung nach Ansicht des LAG nicht nachzuweisen, da nicht auszuschließen war, dass die Arbeitnehmerin tatsächlich aus den in der Krankschreibung genannten gesundheitlichen Gründen daran gehindert war, in der Spätschicht zu arbeiten.

Hinweis: Dieser Fall wies Eigenheiten auf, auf die man sich allgemeinhin besser nicht stützen sollte. Arbeitnehmer sollten also niemals mit einer Krankschreibung drohen, denn das hat in der Vergangenheit schon zu zahlreichen Kündigungen geführt.

Quelle: LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 04.05.2021 – 5 Sa 319/20

Gescheiterte Rache: Eine Kündigung wegen Abkehrwillens eines Arbeitgebers ist nur in Ausnahmefällen zulässig

Wer kennt es nicht: Wenn man sich mal besonders clever anstellen möchte, kommt schnell einmal das Gegenteil dessen raus, was man eigentlich erreichen wollte. So geschah es just einem Arbeitgeber, der auf die Kündigung seines Angestellten noch eins draufsetzen wollte. Das Arbeitsgericht Siegburg (ArbG) musste entscheiden.

Der Arbeitnehmer des Falls, der seit dem Jahr 2016 als Teamleiter beschäftigt war, sollte in den Monaten März und April 2019 eine Kur machen. Als er dafür bereits mit Schreiben vom 22.01. sein Arbeitsverhältnis fristgemäß zum 15.04.2019 kündigte, missfiel das seinem Arbeitgeber derart, dass er seinem Angestellten daraufhin quasi überholend mit Schreiben vom 31.01. zum 28.02.2019 kündigte. Seine Begründung: Durch die Kündigung des Arbeitnehmers sei ein Abkehrwille zum Ausdruck gekommen. Gegen die Kündigung des Arbeitgebers erhob der Arbeitnehmer eine Kündigungsschutzklage – mit Erfolg.

Die Kündigung durch den Arbeitgeber war nach Auffassung des ArbG rechtswidrig: Das Arbeitsverhältnis endete erst durch die Eigenkündigung des Arbeitnehmers am 15.04.2019. Zwar kann ein Abkehrwille eines Arbeitnehmers in seltenen Fällen durchaus eine betriebsbedingte Kündigung rechtfertigen – das geht aber nur, wenn Schwierigkeiten mit der Nachbesetzung der Stelle zu erwarten sind und der Arbeitgeber aktuell eine sonst schwer zu findende Ersatzkraft einstellen könnte. Für eine verhaltens- oder personenbedingte Kündigung reicht ein solcher Abkehrwille des Arbeitnehmers allerdings nicht aus.

Hinweis: Kündigt also ein Arbeitnehmer selbst mit längerer Kündigungsfrist, reicht der darin zu erkennende Wille der Beendigung des Arbeitsverhältnisses in aller Regel nicht für eine arbeitgeberseitige Kündigung mit einer kürzeren Frist aus.

Quelle: ArbG Siegburg, Urt. v. 17.07.2019 – 3 Ca 500/19

Thema: Arbeitsrecht

Beendigung des Heimvertrags: BGH verneint den Entgeltanspruch eines Pflegeheimbetreibers bei vorzeitigem Heimwechsel

Die Fragestellung, was passiert, wenn der Heimvertrag länger läuft als der Aufenthalt im Heim, wurde im Sinne der Betroffenen nun vom Bundesgerichtshof (BGH) beantwortet.


Ein Mann war an Multiple Sklerose erkrankt und auf einen Heimpflegeplatz angewiesen. Im Laufe der Erkrankung fand er dann jedoch einen anderen Platz in einem auf die Pflege von Multiple-Sklerose-Patienten spezialisierten Heim. Deshalb kündigte er den bestehenden Heimvertrag vorzeitig und zog noch vor Beendigung des Heimvertrags durch die Eigenkündigung aus. Der Träger des Heims bestand jedoch auf eine taggenaue Abrechnung bis zur Beendigung des Heimvertrags, der Pflegebedürftige wiederum auf die Rückerstattung seiner zu viel geleisteten Beträge. Der BGH urteilte zugunsten des Pflegebedürftigen.

Das Pflegeheim hat nichts mehr erhalten; es musste sogar noch Geld zurückzahlen. Der Zahlungsanspruch des Heimträgers besteht nur für die Tage, in denen sich der Pflegebedürftige tatsächlich im Heim aufhält. In Anwendung des Prinzips der Berechnung auf Tagesbasis ordnet § 87a Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch XI an, dass die Zahlungspflicht der Heimbewohner oder ihrer Kostenträger mit dem Tag endet, an dem der Heimbewohner aus dem Heim entlassen wird oder verstirbt. Nach seinem eindeutigen Wortlaut regelt die Vorschrift nicht allein die Zahlungspflicht des Kostenträgers, sondern erfasst ebenso die zivilrechtliche Vergütungspflicht des Heimbewohners.

Hinweis: Der Zahlungsanspruch des Heims besteht also nur für die Tage, in denen sich der Pflegebedürftige tatsächlich dort aufhält. Ein gutes Urteil, das man sich merken sollte.

Quelle: BGH, Urt. v. 04.10.2018 – III ZR 292/17

Thema: Sonstiges