Skip to main content

Schlagwort: Einsichtsrecht

Sachverhaltsaufklärungs- und Darlegungspflicht: Betroffener hat Anspruch auf Informationen außerhalb der Bußgeldakte

Das Einsichtsrecht zu Messdaten nach Geschwindigkeitsüberschreitungen hat die Gerichte schon einige Male beschäftigt. Im folgenden Fall musste sogar das Bundesverfassungsgericht (BverfG) dazu Stellung nehmen, welche nicht in der Gerichtsakte stehenden (z.B. Rohmessdaten) dem Beklagten zugänglich gemacht werden müssen.

Der betroffene Pkw-Fahrer beantragte im Rahmen eines Bußgeldverfahrens wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung Einsicht in die gesamte Verfahrensakte – in die Lebensakte des Messgeräts, die Bedienungsanleitung des Herstellers, die Rohmessdaten der gegenständlichen Messung und in den Eichschein des verwendeten Messgeräts. Die Bußgeldstelle gewährte daraufhin Einsicht in die Bußgeldakte, die neben dem Messprotokoll und dem Messergebnis auch den Eichschein des eingesetzten Messgeräts enthielt. Die Bedienungsanleitung zu dem verwendeten Messgerät wurde dem Beschwerdeführer als Datei auf der Internetseite der Bußgeldstelle zugänglich gemacht. Bezüglich der übrigen angefragten Informationen teilte ihm die Behörde jedoch mit, dass diese nicht Bestandteil der Ermittlungsakte seien und nur auf gerichtliche Anordnung vorgelegt würden.

Das BVerfG entschied jetzt, dass es generell zunächst einmal nicht zu beanstanden sei, dass die Fachgerichte von einer reduzierten Sachverhaltsaufklärungs- und Darlegungspflicht im Fall eines standardisierten Messverfahrens ausgehen. Nach dem Grundsatz des Rechts auf ein faires Verfahren hat der Betroffene dennoch durchaus einen grundsätzlichen Anspruch auf Zugang zu den nicht in der Bußgeldakte befindlichen, aber bei der Bußgeldbehörde vorhandenen Informationen. Dem Betroffenen ging es dabei erkennbar um die Möglichkeit einer eigenständigen Überprüfung des Messvorgangs, um bei eventuellen Anhaltspunkten für die Fehlerhaftigkeit des Messergebnisses die Annahme des standardisierten Messverfahrens gegebenenfalls erschüttern zu können.

Hinweis: Durch die Gewährung eines solchen Informationszugangs wird der Rechtsprechung zu standardisierten Messverfahren nicht die Grundlage entzogen. Zwar steht dem Betroffenen ein Zugangsrecht vom Beginn bis zum Abschluss des Verfahrens zu. Er kann sich mit den Erkenntnissen aus dem Zugang zu weiteren Informationen aber nur erfolgreich verteidigen, wenn er diesen rechtzeitig im Bußgeldverfahren begehrt.

Quelle: BVerfG, Beschl. v. 12.11.2020 – 2 BvR 1616/18

Thema: Verkehrsrecht

Informationsanspruch des Betriebsrats: Gehaltslisten dürfen zur Prüfung der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit nicht geschwärzt werden

Jeder Betriebsrat hat das Recht, in die betriebliche Bruttolohn- und -gehaltsliste einsehen zu dürfen. Doch darf der Arbeitgeber hier Anonymisierungen vornehmen? Muss er das aus Datenschutzgründen vielleicht sogar?

Ein Betriebsrat verlangte EInsicht in die Gehaltslisten des Betriebs. Der Arbeitgeber hatte ihm in den Vorjahren die Einsicht in die Bruttoentgeltlisten zwar gewährt, dann aber nicht mehr. Deshalb machte der Betriebsrat seinen Anspruch gerichtlich geltend und die Parteien einigten sich auf das verlangte Einsichtsrecht. Dann stellte sich der Arbeitgeber dennoch quer und anonymisierte die Gehaltslisten. Sie enthielten die Personalstammdaten der Arbeitnehmer sowie Angaben zum Grundgehalt, weiteren Vergütungsbestandteilen und den Zulagen. Die Namen der Arbeitnehmer fehlten. Der Arbeitgeber meinte, er dürfe diese aus Gründen des Datenschutzes nicht mitteilen. Doch hier irrte er.

Der Betriebsrat hat Anspruch auf eine umfassende Einsichtnahme. Und dazu gehören auch die Namensangaben der Mitarbeiter. Dieser Anspruch ergibt sich aus dem allgemeinen Informationsanspruch aus § 80 Abs. 2 BetrVG. Das sich daraus ergebende Einsichtsrecht umfasst auch alle Lohn- und Gehaltsbestandteile. Ohne die Angabe der Namen kann ein Betriebsrat nämlich sein mit der Einsichtnahme verbundenes Ziel nicht erreichen, Kenntnis über die effektiv gezahlten Vergütungen zu erlangen, um damit zu prüfen, ob innerbetriebliche Lohngerechtigkeit existiere.

Hinweis: Lohn- und Gehaltslisten dürfen vor der Übergabe an den Betriebsrat nicht anonymisiert werden und der Betriebsrat hat ein Einsichtsrecht.

Quelle: LAG Hamm, Beschl. v. 19.09.2017 – 7 TaBV 43/17

Thema: Arbeitsrecht