In Paris hat eine kleine, aber entscheidende Zahl der Abstimmungsberechtigten gerade dafür gestimmt, E-Scooter künftig aus der Stadt zu entfernen. Viele Städter hierzulande neiden den Franzosen diese Entscheidung – mit Sicherheit. Besonders weil es rechtlich nicht oft toleriert wird, Ungeliebtes oder Störendes eigeninitiativ vom öffentlichen Grund zu entfernen – so war es auch im Fall vor dem Amtsgericht Düsseldorf (AG).
Dass es bei Geschwindigkeitsmessungen nicht zugehen darf wie bei einem Freizeitwettlauf, sollte den Beiteiligten klar sein. Klar war dies im folgenden Fall zunächst scheinbar nur dem Beteiligten, zu dessen Nachteil der Tempoverstoß festgestellt wurde. Denn sowohl die messenden Beamten als auch das erstinstanzliche Amtsgericht (AG) waren der Ansicht, dass alles seine Ordnung gehabt habe. Doch schließlich war das Oberlandesgericht Oldenburg (OLG) gefragt, und das musste sich aufgrund der Faktenlage auf die Seite des Betroffenen schlagen.
Bei Strecken mit Geschwindigkeitsbeschränkungen verhält es sich auf Autobahnen subjektiv wie mit Baustellen: Sie erscheinen oftmals endlos. Was passiert, wenn man bezüglich des Endes einer mit Bodenwellen begründeten Geschwindigkeitsbeschränkung irrt und einem deshalb Vorsätzlichkeit vorgeworfen wird, sobald man geblitzt wurde? Das Brandenburgische Oberlandesgericht (OLG) wusste Antwort auf diese Frage.
Wer sich in einer Notlage wähnt, muss abwägen, ob er sich deswegen über geltende Regeln im Straßenverkehr hinwegsetzt. Denn das Prinzip des Vorsatzes wird auch in Ausnahmesituationen vor den Gerichten ganz sensibel bewertet, so wie es das Oberlandesgericht Zweibrücken (OLG) im folgenden Fall getan hat, bei dem ein Mann um das Wohl seiner Pferde fürchtete und deswegen die zulässige Geschwindigkeit erheblich überschritt.
Oft zitieren wir an dieser Stelle die alte Weise „Wer schreibt, der bleibt.“ Diese Regel heißt jedoch nicht, dass ein fehlendes Schriftstück – hier im Fall des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts (OVG) in Form einer Einschreibenbestätigung – einen Kläger automatisch sämtlicher Beweismittel beraubt. Denn im Ernstfall zählt die Summe aller weiteren Indizien. Und die führte hier zur Rechtmäßigkeit einer angeordneten Fahrtenbuchauflage.
Der folgende Fall des Amtsgerichts Dortmund (AG) zeigt, dass Gerichte durchaus fähig sind, Strafen an die individuelle Lebenssituation anzupassen. Doch Vorsicht: Das ist kein Freibrief, das Gaspedal des fahrbaren Untersatzes durchzudrücken. Denn auf die Tränendrüse zu drücken, ist vor Gericht kein Garant für Milde.
Manchmal ist im augenscheinlichen Kampf von David gegen Goliath nicht etwa die Technik, sondern das Wissen darum entscheidend. Der folgende Fall des Amtsgerichts Landstuhl (AG) bewies, dass ein mutmaßlicher Verkehrssünder mehr über das zum Einsatz gekommene Messgerät zu wissen schien als die Bußgeldstelle.
Der Autofahrer wurde mit dem Geschwindigkeitsmessgerät Leivtec XV3 bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung erfasst. Es erging ein Bußgeldbescheid, gegen den der Autofahrer Einspruch eingelegte. Er trug vor, dass er Zweifel an der Richtigkeit der Messung habe. Denn das verwendete Messgerät sei bei nachgestellten Messungen schließlich bereits durch Messungenauigkeiten aufgefallen.
Das AG entschied, dass die Messung nicht im wirtschaftlich sinnvollen Rahmen nachprüfbar sei, und stellte fest, dass Geschwindigkeitsmessungen des Geräts Leivtec XV3 nicht zuverlässig seien. Denn es liege bei Messungen mit diesem Gerät kein standardisiertes Messverfahren vor. Daher müsse die einzelne Messung überprüft werden. In diesem Fall habe der Messgerätehersteller sogar selbst darauf hingewiesen, dass Zweifel an der Messgenauigkeit bestehen. Die Mehrzahl der durchgeführten Messungen dürfte zwar wahrscheinlich korrekt sein, unter bestimmten Bedingungen seien aber Messfehler denkbar. Unter diesen Umständen müsste ein Sachverständiger den Messwert ermitteln. Nach Ansicht des Gerichts seien die Kosten bei der Geldbuße als unverhältnismäßig zu betrachten. Zudem sei über den Messvorgang an sich wenig bekannt. Möglich sei allenfalls eine Plausibilitätsprüfung. Ob das Messergebnis richtig sei, könne damit aber nicht bestätigt werden. Das Verfahren wurde daher auf Kosten der Staatskasse eingestellt.
Hinweis: Nach dem Beschluss des AG liegt bei Messungen mit diesem Gerät kein auf einer Standardisierung gründender hinreichender Tatverdacht vor. Das bedeutet: Messungen mit diesem Gerät beweisen nicht sicher, ob jemand zu schnell gefahren sei. Der Messgerätehersteller hat selbst darauf hingewiesen, dass Zweifel an der Messgenauigkeit bestehen.
Quelle: AG Landstuhl, Beschl. v. 17.03.2021 – 2 OWi 4211 Js 2050/21
Das Recht auf Einsichtnahme zu den Messdaten beim Vorwurf einer Geschwindigkeitsüberschreitung ist nicht einfach zu bewerten. Dass sogar Gerichte hier unterschiedlich urteilen, zeigt das folgende Urteil des Amtsgerichts Wismar (AG).
Wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung erhielt der Betroffene einen Bußgeldbescheid, gegen den er Einspruch einlegte. Er argumentierte, dass die Messung mit dem genutzten PoliScan-Speed-Messgerät nicht verwertbar sei, da der vom Hersteller vorgegebene Messbereich nicht eingehalten wurde. Und das AG hat das Verfahren hier in der Tat eingestellt – mit der Folge, dass der Betroffene die Geldbuße nicht zahlen musste.
In dem gerichtlichen Verfahren wurde von der Bußgeldbehörde ein Ausdruck der Messdatei zur Verfügung gestellt. Dieser Ausdruck wurde einem Sachverständigen vorgelegt, der nicht sicher feststellen konnte, dass die Daten authentisch sind. Daraufhin wurde die Messdatei nebst aller notwendigen Token und Passwort zur Verfügung gestellt; die Auswertung ergab tatsächlich Abweichungen beim Entfernungsmesswert. Den Hinweis der Behörde, dass es sich hierbei um ein Versehen handele, ließ das Gericht dabei natürlich nicht gelten – es stellte das Verfahren ein.
Hinweis: Der Anspruch auf die Herausgabe von Messdaten ist rechtlich heikel, da verschiedene Gerichte hier entsprechend unterschiedlich urteilen. In diesem Fall ist auf die Entscheidung des Saarländischen Verfassungsgerichtshofs hingewiesen worden, wonach die Vorlage der Messdateien von dem Betroffenen gefordert werden kann. Gleichwohl ist aber auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts Bamberg hingewiesen worden, das eine gegenteilige Auffassung vertritt. Die hier getroffene Entscheidung des AG macht nunmehr deutlich, dass die Vorlage der Messdateien für den Betroffenen von besonderem Wert sein kann, da die Geschwindigkeitsmessung durch einen Sachverständigen auf Fehler überprüft werden kann. Eine auf das Verkehrsrecht spezialisierte Rechtskraft sollte die entsprechend unterschiedlichen Urteile also genau kennen.
Quelle: AG Wismar, Beschl. v. 18.06.2018 – 15 OWi 235/18
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Facebook. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Instagram. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von X. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.