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Schlagwort: Erbeinsetzung

Teilungsanordnung: Umdeutung einer letztwilligen Verfügung in wirksames Rechtsgeschäft

Die Auslegung von Testamenten und Erbverträgen gehört zum Regelfall, wenn es um die Ermittlung des letzten Willens eines Erblassers geht. Welche Folgen es haben kann, wenn das Rechtsgeschäft, das der Erblasser gewollt hat, unzulässig ist, war Gegenstand dieser Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf (OLG).

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Auskunftsrecht bejaht: Nachvermächtnisnehmer kann Anspruch auf Bestandsverzeichnis haben

Gegenstand des folgenden Rechtsstreits vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth (LG) war einmal mehr die Auslegung eines Testaments, das im Jahr 1986 verfasst wurde. Ausschlag dafür gab der Wunsch auf Auskunft über den Bestand des Nachlasses. Die Erben waren der Auffassung, dass dieser unerfüllt bleiben müsse, da es sich bei dem Antragsteller um einen Vermächtnisnehmer handle, der durch Geltendmachung seines Pflichtteils das Vermächtnis stillschweigend ausgeschlagen und damit auch auf weitere Ansprüche verzichtet habe.

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Erbt, erhält oder vermacht? Abgrenzung zwischen Erbeinsetzung und Vermächtnis ist einzelfallabhängig

Bei der Erstellung einer letztwilligen Verfügung wird bei privat erstellten Testamenten nicht immer klar getrennt, ob es sich bei der Zuwendung um ein Vermächtnis oder um eine Erbeinsetzung handeln soll. Die letztwilligen Verfügungen müssen daher häufig ausgelegt werden – so auch im folgenden Fall des Amtsgerichts Hameln (AG).

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Verbot im Heimgesetz: Erbeinsetzung eines Wohlfahrtsverbands kann wirksam sein

Die landesrechtlichen Vorgaben für die Betreiber von Heimen sehen vor, dass es dem jeweiligen Träger untersagt ist, sich von oder zugunsten von Bewohnern Geld oder geldwerte Leistungen versprechen zu lassen, die über das vereinbarte Entgelt hinausgehen. Unter das Verbot fällt auch die Erbeinsetzung zugunsten des Trägers bzw. Betreibers eines Heims. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) musste klären, ob ein Wohlfahrtsverband bedacht werden darf, zu dessen Mitgliedern das Heim zählt, in dem die Erblasserin vor ihrem Tod wohnte.

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Anfechtung wegen Irrtums: Entfällt grundlegende Voraussetzung für die Erbenstellung, kann gegen Testament vorgegangen werden

Ein Testament kann unter bestimmten Umständen angefochten werden, wenn sich der Erblasser beispielsweise über den Inhalt seiner Erklärung geirrt hat oder angenommen werden kann, dass er die Erklärung bei Kenntnis sämtlicher Umstände in der Form nicht abgegeben hätte. Eine Anfechtung ist aber auch möglich, wenn der Erblasser bei Erstellung der Verfügung eine bestimmte Erwartung an den Eintritt eines Umstands hatte, der dann aber nicht eingetreten ist. Mit einem solchen Fall hatte sich das Landgericht Wuppertal (LG) zu beschäftigen.

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Vorsicht beim Negativtestament: Eine Enterbung ohne Erbeinsetzung birgt die Gefahr, dass das Erbe dem Fiskus zufällt

Natürlich kann ein Erblasser durch ein Testament ausdrücklich Anordnung darüber treffen, wer Erbe werden soll. Möglich ist dabei auch, dass der Erblasser einen Verwandten, den Ehegatten oder den Lebenspartner von der gesetzlichen Erbfolge ausschließt, ohne einen Erben einzusetzen. Wer genau von dieser Enterbung betroffen ist, ist im Einzelfall durch eine Auslegung zu ermitteln – so wie im Fall des Oberlandesgerichts Stuttgart (OLG).

In diesem Fall war die ledige Erblasserin kinderlos verstorben. Die Eltern waren bereits vorverstorben. Mit Ausnahme des Bruders gab es keine weiteren Geschwister der Erblasserin. Diese hinterließ ein im Februar 2007 errichtetes handschriftliches Testament, in dem es unter anderem hieß: „Ausgeschlossen sind alle Verwandten und angeheiratete Verwandten!“ Ferner führte sie darin aus, dass die Familie mitleidlos gegenüber „unserem Vertreibungsschicksal“ war. „Wir wurden von den Verwandten lächerlich gemacht! Das tut sehr weh!“ Auf eine ausdrückliche Erbeinsetzung verzichtete sie in dem Testament jedoch. Der Bruder der Erblasserin beantragte daher einen Erbschein, wohingegen der Fiskus der Ansicht war, an die Stelle eines Erben getreten zu sein.

Das OLG gelangte nach einer Auslegung des Testaments jedoch zur Einschätzung, dass der Bruder der Erblasserin von dem Ausschluss nicht betroffen sei. Die Formulierungen in dem Testament mit den „Verwandten“ auf der einen Seite und der Personengruppe „wir“ auf der anderen Seite spreche dafür, dass die Erblasserin den Bruder eben nicht zu den von dem Ausschluss betroffenen Verwandten zählte. Das Nachlassgericht hatte demnach auch den beantragten Erbschein zugunsten des Bruders zu Recht erteilt.

Hinweis: Eine Enterbung ohne eine Erbeinsetzung birgt das Risiko, dass ein potentieller Erbe nur durch eine Auslegung zu ermitteln ist. Wird ein Erbe innerhalb einer den Umständen entsprechenden Frist nicht ermittelt, hat das Nachlassgericht festzustellen, dass der Fiskus Erbe nach dem Verstorbenen geworden ist. Ob dies von dem Erblasser tatsächlich gewollt ist, muss gut überlegt sein.

Quelle: OLG Stuttgart, Beschl. v. 23.11.2020 – 8 W 359/20

Thema: Erbrecht

Ausgelassener Erbprätendent: Die reine Nichterwähnung eines möglichen Erben ist keine automatische Enterbung

Ein Erbprätendent ist eine Person, die für sich selbst in Anspruch nimmt, Erbe geworden zu sein. Ob der Fakt, dass diese Person in der letztwilligen Verfügung namentlich nicht erwähnt wird, gleichbedeutend mit einer etwaigen Enterbung durch den Erblasser ist, musste im Folgenden das Oberlandesgericht München (OLG) beurteilen.

Aus der Ehe des Erblassers und seiner bereits verstorbenen Gattin gingen keine Kinder hervor. Nach dem Tod seiner Ehefrau hatte der Erblasser deren Nichte im Wege der Erwachsenenadoption als Kind angenommen und ihr zu Lebzeiten das Eigentum an einer Immobilie übertragen. In seinem handschriftlichen Testament hatte der Erblasser verschiedene Verfügungen bezüglich einzelner Vermögensgegenstände getroffen, seine adoptierte Tochter wurde in der Verfügung jedoch nicht erwähnt.

Das OLG hatte sich nun zunächst mit der Frage zu beschäftigen, ob es sich vorliegend um eine Erbeinsetzung gehandelt habe. Dies hat es am Ende schließlich deshalb verneint, da der Erblasser darin nicht über sein Vermögen als Ganzes verfügt hatte. Genau dieser Umstand, dass nur Einzelverfügungen getroffen wurden, führte dann aber auch zu dem Ergebnis, dass in der Nichterwähnung der Adoptivtochter in der letztwilligen Verfügung keine Enterbung gesehen werden kann. Da keine Erbeinsetzung erfolgt ist, gibt es aufgrund der Verfügung sowie der äußeren Umstände keinen Hinweis darauf, dass die gesetzliche Erbfolge ausgeschlossen sein sollte.

Hinweis: Alles, was ein Gericht im Streitfall interpretieren muss, ist sowohl für den Erblasser als auch für seine Wunscherben riskant. Deshalb ist jedem anzuraten, seinen letzten Willen mithilfe einer versierten Fachkraft in Sachen Erbrecht zu verfassen, um ihn nicht zur gerichtlichen Auslegungssache zu machen.

Quelle: OLG München, Beschl. v. 19.02.2020 – 31 Wx 231/17

Thema: Erbrecht

Jüdischer Kunstsammler: Ergänzende Testamentsauslegung kann Enterbung durch geschichtliche Umstände revidieren

Zwischen dem Zeitpunkt, in dem eine letzwillige Verfügung errichtet wurde, und dem Erbfall können mehrere Jahre vergehen und sich die Umstände entscheidend ändern. Daher wird durch die ergänzende Testamentsauslegung ermittelt, was nach der Willensrichtung des Erblassers im Zeitpunkt der Testamentserrichtung als von ihm gewollt anzusehen sein würde, sofern er vorausschauend die spätere Entwicklung bedacht hätte. Dass dieser Umstand bei jüdischen Erblassern zur Zeit des Nationalsozialismus eine besondere Brisanz beinhaltet, beweist der folgende Fall des Oberlandesgerichts Karlsruhe (OLG).

Ein jüdischer Kunstsammler errichtete im Mai 1939 ein Testament, in dem er seinen damals in Breslau wohnhaften Neffen zum Alleinerben bestimmte. Im Juli 1939 ergänzte er sein Testament um folgenden Zusatz: „Da mein Neffe nach New York ausgewandert ist, bestimme ich zu meinem Alleinerben meine Schwester. Sollte diese nicht mehr am Leben sein, so soll mein Vermögen an die J. Gemeinde übergehen zur Unterstützung hilfsbedürftiger Juden.“ Die Schwester verstarb jedoch im November 1939, der Erblasser selbst im Juli 1940. Sein von ihm bestimmter jüdischer Testamentsvollstrecker wurde festgenommen und in ein Internierungslager verschleppt. Das Nachlassgericht bestimmte daraufhin einen Nachlasspfleger, der im Mai 1941 eine Einverständniserklärung abgab, wonach die Kunstgegenstände als Stiftung in das Eigentum des Badischen Staats übergehen sollten. Die Nachkommen des zwischenzeitlich in New York verstorbenen Neffen machten 2017 im Zusammenhang mit einem Verfahren zur Rückgabe der Kunstsammlung an die rechtmäßigen Erben geltend, dass der Nachtrag zum Testament nichtig sei. Denn dieser Nachtrag beruhe darauf, dass es unter den Nationalsozialisten für den Neffen von den USA aus unmöglich gewesen sei, den Besitz der Erbschaft zu erlangen. Daher seien sie als Nachkommen die rechtmäßigen Erben.

Das OLG gab den Nachkommen Recht. Es ging davon aus, dass der Neffe Erbe seines Onkels wurde, da der Nachtrag von Juli 1939 von der Vorstellung geleitet war, dass der Neffe wegen der weitgehenden rechtlichen Diskriminierung von Juden im Jahr 1939 nach seiner Emigration nicht in den Genuss der Erbschaft kommen könne. Im Wege der ergänzenden Auslegung kam das Gericht daher zu dem Schluss, dass der Erblasser den Nachtrag nicht verfasst hätte, wenn ihm klar gewesen wäre, dass diese diskriminierenden Regelungen wenige Jahre nach seinem Tod durch den Zusammenbruch des NS-Regimes hinfällig wurden. Dass die Erbeinsetzung seines Neffen für diesen Fall dem Willen des Erblassers entspricht, ergibt sich aus der Begründung des Nachtrags mit der Auswanderung seines Neffen nach New York.

Hinweis: Dieser besondere Fall zeigt, dass eine ergänzende Testamentsauslegung auch bei klaren Formulierungen im Testament zu einer Berichtigung der Erbfolge führen kann, wenn sich aus den damaligen Umständen ein gegenteiliger Erblasserwille ergibt. Für eine ergänzende Testamentsauslegung ist erforderlich, dass die letztwillige Verfügung des Erblassers eine ungewollte Regelungslücke aufweist. Eine solche liegt vor, wenn ein bestimmter, tatsächlich eingetretener Fall vom Erblasser nicht bedacht und deshalb nicht geregelt wurde, aber geregelt worden wäre, wenn der Erblasser ihn hätte bedenken können.

Quelle: OLG Karlsruhe, Beschl. v. 30.09.2019 – 11 W 114/17 (Wx)

Thema: Erbrecht
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