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Schlagwort: Erbeinsetzung

Wegfall des Schlusserben: Keine Bindungswirkung der vermuteten Ersatzerbenbestimmung bei gemeinschaftlichem Testament

Bei zwischen Ehe(-Partnern) gebräuchlichen gemeinschaftlichen Testamenten ist der Längerlebende an Verfügungen gebunden, die beide Partner wechselseitig getroffen haben. Er kann diese also nicht mehr einseitig nach dem Tod seines Partners ändern. Die genaue Reichweite dieser Bindungswirkung führt jedoch immer wieder zu Streitigkeiten, wie auch im folgenden Fall des Oberlandesgerichts Hamm (OLG).


Ein Ehepaar hatte sich gegenseitig zu Alleinerben und zum Erben des Längstlebenden ihren einzigen Sohn eingesetzt. Nach dem Tod der Frau und des Sohns errichtete der Mann ein neues Testament, in dem er zu gleichen Teilen seine Lebensgefährtin und ein Altenheim als Erben einsetzte. Nach dem Tod des Mannes behaupteten jedoch die Enkel, als Abkömmlinge des verstorbenen Sohns Erben geworden zu sein, was sich aus dem gemeinschaftlichen Testament der Eheleute ergebe.

Das OLG sah die Angelegenheit allerdings anders und stellte fest, dass das gemeinschaftliche Testament zwar eine Bindungswirkung hinsichtlich der Erbeinsetzung des Sohns hatte, jedoch nicht hinsichtlich seiner Ersatzerben. Es wies darauf hin, dass es eine gesetzliche Vermutung gibt, nach der die Abkömmlinge eines Erben seine Ersatzerben sind, wenn dieser nach der Errichtung des Testaments verstirbt. Diese Vermutung ist jedoch im Sinne einer wechselbezüglich gewollten Verfügung auf Ersatzerbenbestimmung nur dann anwendbar, wenn sich Anhaltspunkte für einen auf Einsetzung des oder der Ersatzerben gerichteten Willen der Erblasser feststellen lassen. Hier gab es keinerlei solche Anhaltspunkte – insbesondere da zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments die Enkel noch nicht geboren waren.

Hinweis: Das OLG stellte in diesem Zusammenhang klar, dass jede Einsetzung eines Ersatzerben im Verhältnis zur Einsetzung des zunächst bedachten Erben eine selbständige, gesonderte Verfügung darstellt. Somit ist die Frage einer Bindungswirkung nicht für die Einsetzung von Schlusserben oder Ersatzerben generell zu bestimmen, sondern vielmehr für jede dieser Verfügungen gesondert. Dass die gemeinschaftlich testierenden Eheleute die Schlusserbeneinsetzung als wechselbezügliche und bindende Verfügung ausgestaltet haben, ist somit kein ausreichendes und zwingendes Indiz dafür, dass auch die Ersatzerbeneinsetzung bindend sein sollte.

Quelle: OLG Hamm, Beschl. v. 15.02.2019 – 10 W 16/18

Thema: Erbrecht

Heimgesetze der Länder: Seit 2014 darf in Nordrhein-Westfalen selbst ambulantes Pflegepersonal nicht erben

Erstellt ein Erblasser mehrerer Testamente, ergibt sich immer wieder die Frage, inwieweit er durch spätere Verfügungen vorherige ändert. Der folgende Fall des Oberlandesgerichts Köln (OLG) zeigt, wie brisant dieser Umstand wird, wenn eines der Testamente unwirksam ist, weil der Erblasser nicht mehr testierfähig war oder unzulässige Personen als Erben eingesetzt hat.


Eine kinderlose Frau hatte in ihrem notariellen Testament im Jahr 2012 ein Ehepaar als Erben eingesetzt. Der Ehemann verstarb zwischenzeitlich, so dass nur noch die Ehefrau Erbin war. Im Jahr 2013 verfasste die Erblasserin dann ein privatschriftliches Testament, in dem sie ihre damalige Pflegerin als Alleinerbin einsetzte. Kurze Zeit darauf wurde für sie eine Betreuerin bestellt, die die Erblasserin dann wiederum im Jahr 2014 in einem notariellen Testament zur Alleinerbin einsetzte. Nach dem Tod der Frau stritten nun die 2012 eingesetzte Erbin und die Betreuerin darum, wer nun Erbin sei.

Das OLG kam aufgrund von Sachverständigengutachten zu dem Ergebnis, dass das Testament aus dem Jahr 2014 wegen Testierunfähigkeit der Erblasserin zu diesem Zeitpunkt unwirksam war. Im Jahr 2013 war die Erblasserin jedoch nach Ansicht des Gerichts durchaus noch testierfähig, so dass das Testament aus diesem Jahr entsprechend wirksam war. Die Erbeinsetzung der betreffenden Pflegerin war auch nicht nichtig, denn erst durch eine Gesetzesänderung wurde 2014 in Nordrhein-Westfalen verboten, dass auch ambulante Pfleger als Erben eingesetzt werden können. Zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments galt das Verbot nur für Betreuungseinrichtungen. Unabhängig davon wurde jedenfalls durch das Testament aus dem Jahre 2013 die Erbeinsetzung der Frau aus dem Testament von 2012 widerrufen, so dass diese keine Erbin mehr war.

Hinweis: Nach den Heimgesetzen der Länder ist es Personal aus Alten- und Seniorenheimen nicht erlaubt, als Erben eingesetzt zu werden, außer sie wussten von der Erbeinsetzung nichts. Dadurch soll Missbrauch verhindert werden. In einigen Gesetzen – wie  auch hier für Nordrhein-Westfalen – ist selbst die Begünstigung von ambulantem Pflegepersonal ausgeschlossen.

Quelle: OLG Köln, Beschl. v. 22.05.2019 – 2 Wx 124/19

Thema: Erbrecht

Falsches Berliner Testament: Je nach Formulierung kann die Bindungswirkung eines gemeinschaftlichen Testaments beschränkt sein

Ehepaare erstellen häufig gemeinschaftliche Testamente, wobei üblicherweise eine Regelung getroffen wird, die als Berliner Testament bezeichnet wird. Nach dieser Regelung setzen sich die Eheleute gegenseitig zu Erben ein und (eine) dritte Person(en) – häufig die Kinder – zu Erben des Letztversterbenden. Bei solchen Testamenten sind die Ehepartner an die wechselbezüglichen Bestimmungen im Testament gebunden und können diese weder zu Lebzeiten beider noch nach dem Tod des Partners einseitig ändern. Doch auch hier ist einmal mehr die Auslegung der fixierten Bestimmungen entscheidend – und die hatte im folgenden Fall das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) zu treffen.

Eine Frau hatte zusammen mit ihrem Ehemann ein Testament verfasst. In diesem bestimmten sie jeweils handschriftlich, dass der jeweils andere Ehepartner ihr Erbe werden sollte. Nach dem Tod des Ehepartners sollten wiederum jeweils die eigenen Kinder aus erster Ehe zu Erben werden. Nach dem Tod ihrer einzigen Tochter schloss die Ehefrau mit deren Lebenspartner einen Erbvertrag – ohne Beteiligung ihres Ehemannes. Darin bestätigte die Ehefrau die Erbeinsetzung ihres Ehemannes als nicht befreiter Vorerbe und setzte den Lebensgefährten anstelle ihrer verstorbenen Tochter zum Nacherben ein. Nach dem Tod der Ehefrau stritten nun der Witwer und der Lebensgefährte der verstorbenen Tochter darüber, ob die Erbeinsetzung des Lebensgefährten wirksam war.

Das OLG kam zu dem Schluss, dass in dem gemeinschaftlichen Testament eine Vor- und Nacherbschaft angeordnet wurde. Auch wenn sie das Testament als „Berliner Testament“ bezeichnet hatten, war es nicht so, dass die Eheleute ihr gemeinschaftliches Vermögen einheitlich nach dem ersten Erbfall dem überlebenden Ehegatten und nach dessen Tod einer oder mehreren Personen zugedacht hatten. Sie hatten vielmehr bestimmt, dass nach dem Tod des länger lebenden Ehegatten der jedem Ehegatten zu seinen Lebzeiten gehörende Teil der eigenen Verwandtschaft zugewendet werden sollte. Die Ehegatten hatten also jeweils eigene Nacherben für ihr jeweiliges Vermögen bestimmt. Die Nacherbschaft war auch nicht durch den Tod der Tochter entfallen. Zwar war eine Neuregelung des Nacherbes im gemeinschaftlichen Testament nicht eindeutig geregelt. Da es den Eheleuten aber bei der Gestaltung des Testaments ersichtlich darum ging, die Vermögen zu trennen und das eigene Vermögen ihren eigenen Abkommen zu hinterlassen, konnte die Ehefrau nach dem Tod der Tochter frei über ihren Anteil verfügen. Sie konnte somit zulässigerweise im Erbvertrag den Lebensgefährten der Tochter zu ihrem Nacherben bestimmen und war nicht aufgrund der Bindungswirkung eines gemeinschaftlichen Testaments daran gehindert.

Hinweis: Die Bindungswirkung gemeinschaftlicher Testamente hat sowohl Vor- als auch Nachteile. Daher sollte man sich genau überlegen, welche Fälle geregelt werden und inwieweit diese Regelungen bindend sein sollen. Darüber hinaus sollte man gegebenenfalls auch Möglichkeiten des Widerrufs vorsehen, um flexibel auf geänderte Umstände reagieren zu können.

Quelle: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.08.2018 – 3 Wx 67/18

Thema: Erbrecht

Testament statt Teilungsanordnung: Erblassern steht eine ungleichmäßige Berücksichtigung ihrer Kinder zu deren Nachteil zu

Weist ein Erblasser in seinem Testament bestimmte Vermögenswerte den einzelnen Erben zu, stellt sich immer wieder die Frage, ob dies als Erbeinsetzung, als Vermächtnis oder als Teilungsanordnung zu verstehen ist.

Eine verwitwete Frau erstellte ein notarielles Testament, in dem sie ihre drei Kinder zu gleichen Teilen als Erben einsetzte. Kurz darauf verfasste sie noch ein privatschriftliches Testament, in dem sie das notarielle Testament widerrief und genau ausführte, welche Grundstücke welches Kind bekommen solle und dass das Barvermögen zu gleichen Teilen aufzuteilen sei. Zwei der Kinder – die Söhne – beantragten nach dem Tod der Frau einen Erbschein, der sie als Erben zu jeweils ca. 42 % auswies, während das dritte Kind – eine Tochter – ca. 16 % erhalten sollte. Dies ergab sich aus dem Wert der im privatschriftlichen Testament zugedachten Grundstücke. Die Tochter wehrte sich dagegen und trug vor, dass das privatschriftliche Testament nur als Teilungsanordnung zu verstehen sei, die Mutter alle drei Kinder gleich bedenken wollte und dieser einfach nicht klar gewesen sei, dass die Zuweisung der einzelnen Grundstücke zu einem erheblichen Wertunterschied führen würde.

Das Gericht sah das allerdings anders. Es führte aus, dass das notarielle Testament wirksam widerrufen wurde und dass davon auszugehen ist, dass die Frau auch den Wert des größten vererbten Grundstücks kannte, da sie es in der Vergangenheit hatte schätzen lassen. Nach Auffassung des Gerichts lag auch keine Teilungsanordnung vor, da ein Wille, die Kinder ungeachtet der Zuordnung konkreter Gegenstände weiterhin zu je einem Drittel als Erben einzusetzen, im privatschriftlichen Testament nicht deutlich wird. Hätte die Frau das gewollt, hätte es nahegelegen, die Tochter beim Barvermögen entsprechend stärker zu bedenken oder jedenfalls eine Pflicht zum Ausgleich unter den Geschwistern ausdrücklich festzuhalten. Wenn ein Erblasser durch eine letztwillige Verfügung seine gesamten Vermögensgegenstände einzeln und in unterschiedlichem Wert seinen Kindern zugewendet hat, ist zudem regelmäßig von der Anordnung unterschiedlicher Erbquoten und nicht von der Anordnung von Vorausvermächtnissen bei gleichen Erbquoten auszugehen.

Hinweis: Mit einer Teilungsanordnung kann ein Erblasser bestimmen, wie und an wen bestimmte Nachlassgegenstände verteilt werden sollen. Die Teilungsanordnung verändert aber nicht die Erbquoten der Erben. Erhält ein Miterbe aufgrund der Teilungsanordnung einen bestimmten Nachlassgegenstand, dessen Wert höher ist als seine Erbquote, muss er den Mehrwert gegenüber seinen Miterben ausgleichen. Eine „wertverschiebende“ Teilungsanordnung gibt es also nicht. Soll ein Miterbe also bevorzugt werden, kann der Erblasser ihm ein Vorausvermächtnis zuwenden, das er vor Teilung des Nachlasses erhält und das den gesamten Nachlass somit im Wert verringert.

Quelle: OLG Stuttgart, Beschl. v. 11.06.2018 – 8 W 198/16

Thema: Erbrecht

Auslegung eines Verteilungstestaments: Die Bezeichnung „Haupterbe“ stellt nicht automatisch eine Alleinerbeneinsetzung dar

In handschriftlichen Testamenten werden häufig einzelne Vermögensmassen oder Gegenstände an verschiedene Personen verteilt. Bei solchen sogenannten „Verteilungstestamenten“ kann die Ermittlung des Erblasserwillens jedoch sehr schwierig sein, da die Verfügungen aus juristischer Sicht eine Alleinerben- oder Miterbeneinsetzung, Vermächtnisse oder Erbeinsetzungen auf Quoten oder Ähnliches darstellen können.

 

Ein Mann setzte einen Bekannten in seinem Testament „als Haupterben” ein und beauftragte diesen mit der Durchführung von mit der Erbschaft verbundenen Aufgaben wie Wohnungsauflösung, Kündigungen von Versicherungen, Beerdigung usw. Für diese Arbeiten sollte der Bekannte einen größeren Geldbetrag erhalten. Sein restliches Vermögen verteilte der Erblasser an diesen Bekannten sowie weitere Personen nach bestimmten Quoten zwischen 5 % und 20 %. Ferner bestimmte er, wer einzelne konkrete Gegenstände erhalten solle. Letztendlich stellte sich die Frage, ob der Bekannte Alleinerbe geworden war.

Das Gericht sah in dem Testament eine Erbeinsetzung mehrerer Miterben nach Quoten und damit keine Einsetzung des Bekannten als Alleinerbe oder der übrigen Bedachten als Vermächtnisnehmer. Es wies darauf hin, dass für den Fall, dass der Erblasser das vorhandene Vermögen nach Quoten auf einzelne Bedachte verteilt, grundsätzlich eine Erbeinsetzung anzunehmen ist. Die Zuwendung eines Bruchteils des Erblasservermögens muss zwar nicht in jedem Fall eine Erbeinsetzung darstellen; sie kann auch als Quotenvermächtnis verstanden werden, durch das dem oder den Erben die Auszahlung eines dem Bruchteil entsprechenden Teils des Nachlasswerts an den Bedachten auferlegt wird. Im vorliegenden Fall gab es keine Anhaltspunkte dafür, dass der Bekannte Alleinerbe werden sollte. Insbesondere war die ihm zugewandte Vermögensquote erheblich geringer als die anderer Bedachter. Daran änderte auch die Bezeichnung „Haupterbe“ nichts.

Hinweis: Nach der gesetzlichen Auslegungsregel ist eine Verfügung dann als Erbeinsetzung anzusehen, wenn der Erblasser sein Vermögen oder einen Bruchteil seines Vermögens einem Bedachten zugewandt hat – auch wenn der Bedachte nicht als Erbe bezeichnet ist. Sobald dem Bedachten nur einzelne Gegenstände zugewandt worden sind, ist im Zweifel nicht anzunehmen, dass er Erbe sein soll – auch wenn er als solcher bezeichnet wurde. Diese Auslegungsregel greift nicht, wenn die Auslegung des Testaments ergibt, dass trotz Zuwendung nur einzelner Gegenstände dennoch eine Erbeinsetzung der mit diesen Gegenständen Bedachten anzunehmen ist. Das kann etwa dann der Fall sein, wenn der Erblasser sein Vermögen vollständig den einzelnen Vermögensgegenständen nach verteilt hat, wenn er dem Bedachten die Gegenstände zugewendet hat, die nach seiner Vorstellung das Hauptvermögen bilden, oder nur Vermächtnisnehmer vorhanden wären und nicht anzunehmen ist, dass der Erblasser überhaupt keine Erben berufen wollte. Entscheidend sind im Einzelfall also immer die Umstände und Beweisbarkeiten.

Quelle: KG, Beschl. v. 31.01.2018 – 26 W 57/16

Thema: Erbrecht

Durchgestrichene Passagen: Ein Widerrufswillen sollte stets durch ein neues Testament abgesichert werden

Handschriftliche Testamente sind zwar leicht und schnell zu errichten, bergen aber auch immer die Gefahr, dass sie von Dritten gefälscht oder verändert werden können. Ein oft vorkommendes Problem ist dabei auch, dass Änderungen durch den Erblasser selbst im Dokument zu Unklarheiten führen.

Ein Mann hinterließ ein handschriftliches Testament, in dem er ein befreundetes Ehepaar zu seinen Alleinerben einsetzte. Die entsprechende Passage im Testament war jedoch mit einem anderen Kugelschreiber durchgestrichen worden als demjenigen, mit dem es erstellt wurde. Das Ehepaar beantragte einen Erbschein und trug vor, dass die Streichungen nicht vom Erblasser stammen bzw. nicht seinem wirklichen Willen entsprochen hätten. Die Lebensgefährtin des Erblassers wehrte sich gegen diese Behauptung und gab an, dass der Verstorbene die Streichungen durchaus vorgenommen hätte, um das Testament zu ändern.

Das Gericht ging jedoch davon aus, dass durch die Streichung kein wirksamer Widerruf der Erbeinsetzung vorlag. Nach der Beweisaufnahme stand nicht fest, dass der Erblasser die Erbeinsetzung selbst durchgestrichen hatte. Zwar konnten Zeugen bestätigen, dass er davon gesprochen hatte, sein Testament zu ändern – jedoch war niemand bei der Streichung zugegen. Darüber hinaus wies das Gericht darauf hin, dass das Durchstreichen eines Textes durch einen Erblasser nicht unbedingt dessen Widerrufsabsicht ausdrücken muss, sondern auch bedeuten kann, dass ein Widerruf erst mit der Errichtung eines neuen Testaments gelten soll. In diesem Fall ging das Gericht nach der Beweisaufnahme davon aus, dass der Mann beabsichtigt hatte, eine Bekannte, die sich um ihn kümmerte, als Erbin einzusetzen, dazu aber nicht mehr gekommen war. Für diese Auslegung sprach nach Ansicht des Gerichts auch, dass das Erbe durch die Streichung ohne eine neue Erbenbestimmung an den Staat fallen würde.

Hinweis: Ein Testament kann zu Lebzeiten des Erblassers jederzeit ganz oder in Teilen widerrufen werden. Dies kann dadurch erfolgen, dass ein neues Testament errichtet oder das alte vernichtet wird. Ein Testament kann auch dadurch widerrufen werden, dass der Erblasser daran Veränderungen vornimmt, also z.B. indem er den Text durchstreicht. In diesem Fall ist ein entsprechender Aufhebungswille des Erblassers zu vermuten. Diese Vermutung kann jedoch widerlegt werden, wie im vorliegenden Fall geschehen. Um Unklarheiten zu vermeiden, empfiehlt es sich daher, bei Änderungen ein neues – vor allem datiertes! – Testament zu verfassen und ältere Versionen endgültig zu vernichten.

Quelle: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 29.09.2017 – I-3 Wx 63/16

Thema: Erbrecht

Auslegung eines Testaments: Die vage Formulierung „für einen guten Zweck“ reicht nicht für eine Erbeinsetzung aus

Unklare Formulierungen in Testamenten führen immer wieder zu Schwierigkeiten und Auseinandersetzungen.

Eine kinderlos und verwitwet verstorbene Frau hatte in ihrem Testament bestimmt, dass mehrere größere Geldbeträge Verwandten zukommen sollen. Das Testament enthielt zudem die Anweisung: „Mein Vermögen soll in eine Stiftung für einen guten Zweck eingehen und ein Teil zur Sanierung eines sakralen Baues.“ Die Gemeinde, in der die Frau zuletzt gewohnt hatte, machte nun geltend, dass sie dadurch zur Erbin eingesetzt worden war.

Das Gericht lehnte dies jedoch ab. Es führte aus, dass die Formulierung so vage und ungenau war, dass sich daraus keine Erbeinsetzung ableiten ließe. Selbst mithilfe einer ergänzenden Auslegung des Testaments lässt sich nicht bestimmen, welche „Stiftung für einen guten Zweck“ von der Erblasserin gemeint war.

Hinweis: Grundsätzlich ist es unzulässig, die Bestimmung des Erben in einem Testament einem Dritten zu überlassen. Das ist nur dann möglich, wenn dieser Dritte klar benannt ist und durch den Erblasser ein begrenzter Personenkreis sowie klare und nachvollziehbare Kriterien für die Bestimmung des Erben vorgegeben wurden. Ein Erbe muss im Testament zwar nicht namentlich benannt, aber so genau umschrieben werden, dass für eine Willkür kein Raum bleibt. Auch die Auslegung des Testaments durch das Gericht hilft in so einem Fall nicht weiter, denn der Erblasser muss wenigstens das Ziel der Zuwendung irgendwie zum Ausdruck gebracht haben. Die Gerichte dürfen nicht etwas in ein Testament hineinlesen, das dort nicht angelegt ist. Sofern sich der Erblasser nicht festlegen möchte, hilft es nur, statt einer Erbeinsetzung „Vermächtnisse“ anzuordnen, da für diese das Verbot der Bestimmung durch Dritte nicht gilt.

Quelle: OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 04.07.2017 – 20 W 343/15
Thema: Erbrecht

Unauffindbares Testament: Lediglich mündlich getätigte Aussagen haben keine rechtliche Testierkraft

Nach dem Tod des Erblassers kommt es immer wieder vor, dass handschriftliche Testamente nicht aufgefunden werden können. Dann stellt sich für die Erben die Frage, ob sie die Existenz des Testaments bzw. ihre Erbeinsetzung auf anderem Wege beweisen können. Das ist meist jedoch sehr schwierig.

Nachdem die Erblasserin verstorben war, behauptete ihre Enkelin, dass sie neben ihrer Mutter hälftige Miterbin geworden sei. Sie trug vor, dass die Erblasserin auf diversen Familienfeiern vor Zeugen mehrfach geäußert habe, ein entsprechendes Testament verfasst zu haben. Dieses blieb jedoch unauffindbar.

Das Gericht ging davon aus, dass durch eine solche Äußerung der Erblasserin weder bewiesen werden kann, dass sie tatsächlich ein solches Testament aufgesetzt hat, noch, was es genau beinhaltet. Zudem kann nicht davon ausgegangen werden, dass das Testament formwirksam errichtet wurde, wenn keiner der Zeugen das Testament jemals gesehen hat. Somit wurde die Tochter der Erblasserin aufgrund der gesetzlichen Erbfolge zur Alleinerbin.

Hinweis: Je nach den Umständen des Einzelfalls können unauffindbare Testamente durch Vorlage einer Kopie oder durch Zeugenaussagen bewiesen werden. Da dies jedoch sehr schwierig ist, empfiehlt es sich, handschriftliche Testamente gegen eine geringe Gebühr zur Verwahrung beim Amtsgericht abzugeben. Das hat auch den Vorteil, dass Testamente nicht nachträglich durch Hinterbliebene vernichtet oder verändert werden können.

Quelle: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16.08.2013 – I-3 Wx 134/13
Thema: Erbrecht

Vorverstorbener Erbe: Gemeinschaftliches Testament erstreckt sich automatisch auf die Enkel der Erblasser

Bei gemeinschaftlichen Testamenten zwischen Eheleuten ist es üblich, dass sich diese gegenseitig als Erben einsetzen und nach ihrem Tod die gemeinsamen Kinder. Verstirbt eines der Kinder jedoch vorzeitig, stellt sich immer wieder die Frage, inwieweit dessen Nachkommen – also die Enkel – den Erbanteil übernehmen.

Ein Ehepaar setzte sich in einem gemeinschaftlichen Testament gegenseitig und nach dem Tod des Überlebenden die beiden gemeinsamen Töchter zu Erben ein. Der Ehemann und eine der Töchter verstarben kurz hintereinander, die Tochter hinterließ mehrere Kinder. Nach dem Tod der Ehefrau stritten die andere Tochter und die Kinder der bereits verstorbenen Tochter über das Erbe.

Das Gericht entschied, dass die Bestimmungen im Testament grundsätzlich so ausgelegt werden, dass sich die Erbeinsetzung auch auf die Abkömmlinge erstreckt, wenn kein entgegenstehender Wille der Erblasser erkennbar ist. Im vorliegenden Fall lagen keine Belege dafür vor, dass das Ehepaar ihre von der verstorbenen Tochter abstammenden Enkelkinder vom Erbe ausschließen wollten. Daher erbten die Kinder der verstorbenen Tochter deren Erbanteil und wurden nach dem Tod der Großeltern gemeinsam mit ihrer Tante zu Miterben.

Hinweis: Möchten Eltern in einem Testament nur ihr Kind bedenken und ausschließen, dass im Fall dessen Todes seine Erben profitieren, muss dies eindeutig geregelt werden. Dies kann dadurch erfolgen, dass ein Ersatzerbe für den Fall des Vorversterbens bestimmt wird. Wird keine eindeutige Regelung getroffen, wird nach den gesetzlichen Bestimmungen im Zweifel angenommen, dass ein Erblasser auch die Abkömmlinge des Erben bedenken wollte.

Quelle: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 29.07.2015 – I-3 Wx 86/15

Thema: Erbrecht

Bundeslandabhängig: Erbeinsetzung von ambulantem Pflegepersonal ist heikel

Es kommt immer wieder vor, dass Pflegebedürftige ihre Pflegekräfte durch Testament oder Erbvertrag als Erben einsetzen wollen. Dies ist jedoch nicht ohne weiteres möglich, da zum Schutz der Pflegebedürftigen entsprechende gesetzliche Verbote bestehen.

Eine ledige und kinderlose Frau wurde von einem ambulanten Pflegedienst mehrere Jahre lang bis zu ihrem Tod betreut. Die Geschäftsführerin dieses Pflegedienstes besuchte sie regelmäßig, unternahm Ausflüge mit ihr und aß zweimal in der Woche mit ihr zusammen zu Mittag. Ein Jahr vor ihrem Tod schloss die Frau mit der Geschäftsführerin einen notariellen Erbvertrag, mit dem sie diese als ihre Alleinerbin einsetzte.

Das Gericht entschied, dass die Erbeinsetzung unwirksam war, da sie gegen ein entsprechendes Verbot im Hessischen Gesetz über Betreuungs- und Pflegeleistungen verstieß. Darin ist geregelt, dass es der Leitung und Mitarbeitern von Pflegeeinrichtungen untersagt ist, Geld oder geldwerte Leistungen anzunehmen. Von diesem Verbot sind ausdrücklich auch ambulante Pflegedienste umfasst. Da die Geschäftsführerin nicht nachweisen konnte, dass sie aufgrund eines freundschaftlichen Verhältnisses zu der Verstorbenen und nicht aufgrund ihrer Stellung als Pflegedienstmitarbeiterin zur Erbin eingesetzt wurde, war der Erbvertrag unwirksam.

Hinweis: In jedem Bundesland gibt es diesbezüglich eigene Regelungen. Teilweise erstreckt sich das Verbot auch auf ambulante Pflegedienste, in anderen Bundesländern gilt es jedoch nur für stationäre Alters- und Pflegeheime, da man dort davon ausgeht, dass bei ambulanter Pflege kein Abhängigkeitsverhältnis wie bei einer Heimunterbringung besteht. Häufig ist jedoch auch in den Arbeitsverträgen von stationärem wie ambulantem Pflegepersonal geregelt, dass keine Gelder angenommen werden dürfen. Ist die Erbeinsetzung einer Pflegekraft geplant, empfiehlt es sich daher, fachkundigen Rat einzuholen, um die Bestimmungen im Einzelfall zu klären.

Quelle: OLG Frankfurt/Main, Beschl. v. 12.05.2015 – 21 W 67/14
Thema: Erbrecht

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