Skip to main content

Schlagwort: Erbenermittler

Erbenermittlung: Beim Umfang der Prüfungspflicht des Nachlassgerichts sind die Umstände des Einzelfalls entscheidend

Erben ausfindig zu machen, stellt Nachlassgerichte regelmäßig vor Herausforderungen. Was passiert, wenn sich auf die Angaben des Erblassers über mögliche Abkömmlingen verlassen wird, und ob die Einschaltung eines Erbenermittlers obligatorisch ist, musste hier das Oberlandesgericht Braunschweig (OLG) bewerten.

Ein zunächst unbekannt gebliebener Erbe vertrat in einem Rechtsstreit die Ansicht, dass das Nachlassgericht zum Zweck der Erbenermittlung einen professionellen Erbenermittler hätte einschalten und Anfragen an die Heirats-, Sterbe- und Geburtsregister von verschiedenen Standesämtern hätte stellen müssen. Der Erblasser selbst hatte zu Lebzeiten angegeben, dass außer einer bereits vorverstorbenen Tochter keine weiteren Abkömmlinge vorhanden seien. Tatsächlich hatte das Nachlassgericht aber doch verschiedene Erben ermittelt, die alle die Erbschaft nach dem Erblasser ausgeschlagen haben.

Das OLG hat in seiner Berufungsentscheidung klargestellt, dass sich der Umfang der Prüfungspflicht des Nachlassgerichts an den Umständen des Einzelfalls orientiert. Es bestehe aber keine generelle Verpflichtung zur Einschaltung eines professionellen Erbenermittlers, ebenso wenig wie eine generelle Verpflichtung, Anfragen bei allen Standesämtern zu stellen, in deren Einzugsbereich sich der Erblasser während seines Lebens für einige Zeit aufgehalten hat.

Hinweis: Die Einschaltung eines Erbenermittlers kann im Einzelfall geboten sein, wenn beispielsweise der Nachlasspfleger nicht über die erforderlichen Kenntnisse verfügt und andernfalls seine ihm gestellten Aufgaben nicht erfüllen kann.

Quelle: OLG Braunschweig, Beschl. v. 28.08.2020 – 11 U 65/19

Thema: Erbrecht

Erbscheingebundene Auskunftspflicht: Alleinerbe muss dem Nachlassgericht die Anschriften seiner Geschwister nicht mitteilen

Um einen Erbschein erteilen zu können, muss das Nachlassgericht die tatsächlichen Erben ermitteln. Und dabei stellt sich immer wieder die Frage, inwieweit die Erben verpflichtet sind, bei der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken.

Ein Mann wurde im Testament seiner Mutter zum Alleinerben eingesetzt. Das Nachlassgericht forderte ihn im Rahmen des Erbscheinverfahrens auf, die Anschriften seiner beiden Geschwister mitzuteilen. Als er diese nicht preisgab, verhängte das Nachlassgericht ein Zwangsgeld, gegen das der Mann gerichtlich vorging.

Das mit der Sache befasste Oberlandesgericht Karlsruhe entschied, dass das Nachlassgericht eine allgemeine Amtsermittlungspflicht trifft und es somit die für eine Entscheidung erheblichen Tatsachen von Amts wegen festzustellen hat. Es gibt allerdings keine gesetzlich geregelte Verpflichtung eines Beteiligten, Adressen weiterer eventueller Erben mitzuteilen. Daher kann eine solche Auskunft auch nicht mit Hilfe eines Zwangsgeldes erzwungen werden.

Hinweis: Zwar sind die Beteiligten in einem Erbscheinverfahren grundsätzlich gehalten, bei der Ermittlung des Sachverhalts mitwirken. Eine Pflicht, bestimmte Angaben zu machen, besteht hingegen nicht. Der Erbe ist insbesondere nicht verpflichtet, die Sache weiter aufzuklären oder etwa einen Erbenermittler einzuschalten. Nur wenn die zumutbare Mitwirkung ohne gerechtfertigten Grund verweigert wird, kann dies zu einer Abweisung des Erbscheinantrags führen.

Quelle: OLG Karlsruhe, Beschl. v. 18.05.2016 – 11 W 41/16 (Wx)
Thema: Erbrecht