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Schlagwort: Erwachsenenadoption

Ausgelassener Erbprätendent: Die reine Nichterwähnung eines möglichen Erben ist keine automatische Enterbung

Ein Erbprätendent ist eine Person, die für sich selbst in Anspruch nimmt, Erbe geworden zu sein. Ob der Fakt, dass diese Person in der letztwilligen Verfügung namentlich nicht erwähnt wird, gleichbedeutend mit einer etwaigen Enterbung durch den Erblasser ist, musste im Folgenden das Oberlandesgericht München (OLG) beurteilen.

Aus der Ehe des Erblassers und seiner bereits verstorbenen Gattin gingen keine Kinder hervor. Nach dem Tod seiner Ehefrau hatte der Erblasser deren Nichte im Wege der Erwachsenenadoption als Kind angenommen und ihr zu Lebzeiten das Eigentum an einer Immobilie übertragen. In seinem handschriftlichen Testament hatte der Erblasser verschiedene Verfügungen bezüglich einzelner Vermögensgegenstände getroffen, seine adoptierte Tochter wurde in der Verfügung jedoch nicht erwähnt.

Das OLG hatte sich nun zunächst mit der Frage zu beschäftigen, ob es sich vorliegend um eine Erbeinsetzung gehandelt habe. Dies hat es am Ende schließlich deshalb verneint, da der Erblasser darin nicht über sein Vermögen als Ganzes verfügt hatte. Genau dieser Umstand, dass nur Einzelverfügungen getroffen wurden, führte dann aber auch zu dem Ergebnis, dass in der Nichterwähnung der Adoptivtochter in der letztwilligen Verfügung keine Enterbung gesehen werden kann. Da keine Erbeinsetzung erfolgt ist, gibt es aufgrund der Verfügung sowie der äußeren Umstände keinen Hinweis darauf, dass die gesetzliche Erbfolge ausgeschlossen sein sollte.

Hinweis: Alles, was ein Gericht im Streitfall interpretieren muss, ist sowohl für den Erblasser als auch für seine Wunscherben riskant. Deshalb ist jedem anzuraten, seinen letzten Willen mithilfe einer versierten Fachkraft in Sachen Erbrecht zu verfassen, um ihn nicht zur gerichtlichen Auslegungssache zu machen.

Quelle: OLG München, Beschl. v. 19.02.2020 – 31 Wx 231/17

Thema: Erbrecht

Wunschvater vorzeitig verstorben: Bewiesenes Eltern-Kind-Verhältnis macht Haushaltshilfe nachträglich zur Adoptivtochter

Da Kinder bei Erbschaften steuerlich begünstigt werden, kommt es immer wieder vor, dass überlegt wird, den Wunscherben einfach zu adoptieren. Eine Adoption von Erwachsenen ist zwar möglich; der Beweggrund der Steuerersparnis darf aber stets nur ein Nebenzweck einer solchen Adoption sein.

Ein kinderloses Ehepaar beschäftige eine Frau jahrelang als Haushaltshilfe. Nach dem Tod der Ehefrau beschloss der Ehemann, die Haushaltshilfe zu adoptieren. Als Grund dafür gaben beide an, dass von Beginn an eine große wechselseitige Sympathie bestanden, das Verhältnis über die Jahre – insbesondere während der Erkrankungen der Eheleute – mehr als freundschaftliche Züge angenommen und schließlich auch die Kinder der Haushaltshilfe umfasst hatte.

Der Mann verstarb dann jedoch, bevor die Adoption abgeschlossen werden konnte, und hinterließ in seinem gemeinschaftlichen Testament sein Vermögen einer Stiftung sowie mehrere Vermächtnisse zugunsten der Haushaltshilfe. Diese wollte nun aber vor Gericht die Adoption durchsetzen.

Das Gericht wies darauf hin, dass eine Adoption eines Erwachsenen möglich ist, wenn die Annahme sittlich gerechtfertigt ist; dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden ein Eltern-Kind-Verhältnis bereits entstanden ist. Im vorliegenden Fall sah das Gericht dies als gegeben an. Es ging davon aus, dass ein solches Maß an innerer Verbundenheit zwischen den Beteiligten bestand und dass sich die Beziehung somit klar von einer guten Bekanntschaft oder engen Freundschaft abhob. Dies zeigte sich insbesondere dadurch, dass die Haushaltshilfe nicht nur Besorgungen für das Ehepaar erledigte, sondern auch ihre Freizeit und Feiertage mit ihnen verbrachte, vertrauensvolle Gespräche führte, Vorsorgevollmachten für beide erhielt und sie sich gegenseitig in Krankheitsfällen und während der Scheidung der Haushaltshilfe von ihrem Mann unterstützen. Das Hauptmotiv für die Adoption waren nach Ansicht des Gerichts auch keine wirtschaftlichen Gründe, da die Haushaltshilfe im Testament großzügig bedacht wurde und auch ein Ausgleich für gegebenenfalls zu zahlende Erbschaftsteuer vorgesehen war.

Der Adoption wurde daher stattgegeben, so dass die Haushaltshilfe nun als Kind des Erblassers galt. Dies ermöglichte es ihr auch, neben den Vermächtnissen zusätzlich den Pflichtteil zu verlangen und auf Wunsch auch vom günstigeren Erbschaftssteuersatz zu profitieren.

Hinweis: Bei der Erwachsenenadoption wird der Adoptierte im Gegensatz zur Minderjährigenadoption zwar zum Kind des Annehmenden, verliert aber die Verbindung zu seinen leiblichen Eltern nicht. In erbrechtlicher Hinsicht hat der Adoptierte somit ein Recht auf den Nachlass sowohl der leiblichen als auch der adoptierten Eltern. Um die Adoption durchzuführen, muss ein notariell beurkundeter Antrag vor dem Familiengericht gestellt und das Bestehen eines Eltern-Kind-Verhältnisses nachgewiesen werden.

Quelle: OLG Braunschweig, Beschl. v. 15.03.2017 – 1 UF 139/16

zum Thema: Erbrecht