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Schlagwort: EuGH

Aromatisierter Tabak: Europäischer Gerichtshof bestätigt Gültigkeit des unionsweiten und schrittweisen Verbots

Da das Rauchen als Thema noch lange nicht ausgereizt ist, müssen nicht nur Raucher von rechtlicher Seite weiterhin mit Einschränkungen rechnen, sondern vor allem auch die Tabakhersteller. Der folgende Fall ging sogar bis zum Europäischen Gerichtshof (EuGH).

Ein deutsches Unternehmen stellt Tabakerzeugnisse her und vertreibt sie, dabei insbesondere auch aromatisierten Tabak zum Selbstdrehen. Der Tabakhersteller verlangte nun vom Verwaltungsgericht Berlin (VG) die Feststellung, dass bestimmte deutsche Rechtsvorschriften, die das Verbot von Aromen, die Schockfotos und das Verbot der Werbung für Aromen betreffen, auf seine Erzeugnisse nicht anwendbar sind. Mit diesen Vorschriften wird die Richtlinie über Tabakerzeugnisse umgesetzt. Da das VG Zweifel in Bezug auf die Gültigkeit und die Auslegung der einschlägigen Richtlinienbestimmungen hatte, legte es dem EuGH eine Reihe von Fragen vor.

Der EuGH entschied daraufhin, dass das unionsweite schrittweise Verbot von Zigaretten und Tabak zum Selbstdrehen, die Aromastoffe enthalten, gültig ist. Dieses Verbot verstößt weder gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit, der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit noch gegen den Grundsatz des freien Warenverkehrs.

Hinweis: Verbraucher werden sich also darauf einstellen müssen, dass aromatisierte Zigaretten und aromatisierter Tabak zum Selberdrehen vom Markt verschwinden werden.

Quelle: EuGH, Urt. v. 30.01.2019 – C-220/17

Thema: Sonstiges

Kein automatischer Verfall: Wer aus freien Stücken in voller Sachlagenkenntnis auf Urlaub verzichtet, verliert seine Ansprüche

Das folgende Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) wirft einen langjährigen Grundsatz des deutschen Urlaubsrechts über den Haufen.

Eine Arbeitgeberin bat einen Arbeitnehmer, vor Ende des Arbeitsverhältnisses seinen Resturlaub zu nehmen. Dieser nahm jedoch nur zwei Urlaubstage in Anspruch. Nachdem er die Vergütung für nicht genommene Urlaubstage verlangt hatte, klagte er das Geld schließlich ein.

Das Bundesarbeitsgericht fragte nun beim EuGH nach, ob Urlaub verfallen könne, wenn der Arbeitnehmer ihn zuvor gar nicht beantragt habe. Einen automatischen Verlust der Ansprüche lehnte der EuGH ab, da dies mit dem Unionsrecht nicht vereinbar sei. Denn ein Arbeitnehmer ist grundsätzlich die schwächere Partei innerhalb des Arbeitsverhältnisses. Er kann daher davon abgeschreckt sein, seine Rechte gegenüber dem Arbeitgeber ausdrücklich geltend zu machen. Die Einforderung von Rechten kann den Arbeitnehmer Maßnahmen des Arbeitgebers aussetzen, die sich zu seinem Nachteil auf das Arbeitsverhältnis auswirken. Die Ansprüche können laut EuGH allerdings dann verfallen, wenn der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber durch eine angemessene Aufklärung tatsächlich in die Lage versetzt wurde, die fraglichen Urlaubstage rechtzeitig zu nehmen. Es ist hierbei jedoch Aufgabe des Arbeitgebers zu beweisen, dass der Arbeitnehmer aus freien Stücken und in voller Kenntnis der Sachlage darauf verzichtet hat, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, nachdem er in die Lage versetzt worden war, seinen Urlaubsanspruch tatsächlich rechtzeitig wahrzunehmen. Ist dieser Beweis möglich, steht das Unionsrecht dem Verlust dieses Anspruchs und dem entsprechenden Verlust der finanziellen Vergütung nicht entgegen.

Hinweis: Nun sind also die Arbeitgeber gefordert. Ein Arbeitnehmer verliert seinen Anspruch auf einen bezahlten Jahresurlaub nicht automatisch deshalb, weil er keinen Urlaub beantragt hat. Die Ansprüche können künftig nur noch dann untergehen, wenn der Arbeitgeber nachweist, dass der Arbeitnehmer aus freien Stücken und in voller Kenntnis der Sachlage darauf verzichtet hat, seinen Jahresurlaub zu nehmen.

Quelle: EuGH, Urt. v. 06.11.2018 – C-684/16

Thema: Arbeitsrecht

Klarstellung durch EuGH: Nach EU-Recht können Erben durchaus einen Ausgleich für nicht genommenen Urlaub verlangen

Die Rechtsprechung beschäftigt sich immer wieder mit der Frage, inwieweit Ansprüche aus Arbeitsverhältnissen – insbesondere Urlaubsansprüche – vererbbar sind. Der folgende Fall musste für eine Entscheidung sogar bis vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH) gehen.

Zwei Witwen, deren verstorbene Männer in einem Fall bei einem öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber, in dem anderen Fall bei einem Unternehmen beschäftigt waren, klagten auf Vergütung des nicht genommenen bezahlten Jahresurlaubs ihrer verstorbenen Männer. Das Bundesarbeitsgericht legte die Sache dem EuGH vor, da nach EU-Recht der Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub nicht mit seinem Tod erlischt, nach deutschem Recht die Vergütung dafür jedoch nicht Teil der Erbmasse wird.

Der EuGH entschied, dass Urlaubsansprüche, die der Erblasser im Todeszeitpunkt noch hat, durchaus vererbt werden, so dass die Erben deren Auszahlung verlangen können. Dies gilt sowohl gegenüber einem öffentlich-rechtlichen als auch gegenüber einem privaten Arbeitgeber. Schließt das deutsche Recht eine solche Möglichkeit aus, ist es mit dem EU-Recht unvereinbar und die Erben können sich unmittelbar auf das EU-Recht berufen.

Hinweis: Die deutschen Gerichte hatten bislang immer entschieden, dass der Urlaubsanspruch nur vererbt werden kann, wenn er sich noch zu Lebzeiten des Erblassers in einen Urlaubsabgeltungsanspruch verwandelt hatte. Der Arbeitnehmer musste also die Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch erlebt haben. War er vorher verstorben, lehnten die deutschen Gerichte eine Vererbbarkeit des Anspruchs ab, da der Urlaubsabgeltungsanspruch ihrer Ansicht nach nur bei einem Arbeitnehmer selbst entstehen kann, nicht aber direkt bei den Erben. Diese Ansicht wurde jetzt vom EuGH jedoch klar abgelehnt.

Quelle: EuGH, Urt. v. 06.11.2018 – C-569/16

Thema: Erbrecht

Grenzüberschreitender Nachlass: Entscheidungen in Erbsachen obliegen dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltsorts

Häufig haben erbrechtliche Angelegenheiten einen grenzüberschreitenden Bezug – etwa wenn der Nachlass sich in verschiedenen Ländern befindet oder der Erblasser eine andere Staatsangehörigkeit hat, aber in Deutschland lebt. Für die Regelung solcher Sachverhalte gibt es in den EU-Mitgliedstaaten die Europäische Erbrechtsverordnung (EuErbVO). Die EuErbVO trifft dabei keine eigenen inhaltlichen Regelungen, sie bestimmt nur, welche nationale Erbrechtrechtsordnung auf einen Erbfall mit EU-Auslandsbezug zur Anwendung kommt.

Der Erblasser war französischer Staatsbürger, der in Frankreich lebte. Er hinterließ seinen beiden Söhnen einen Nachlass, der sich sowohl in Frankreich als auch in Deutschland befand. Einer der Söhne beantragte daraufhin beim Berliner Amtsgericht Schöneberg die Ausstellung eines auf die in Deutschland befindlichen Nachlassgegenstände beschränkten Erbscheins. Das Gericht lehnte dies jedoch ab, da es der Ansicht war, dass die Gerichte in Frankreich dafür zuständig seien, da der Erblasser eben dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte.

Der Fall landete beim Europäischen Gerichtshof, der entschied, dass die Zuständigkeitsregelung in der EuErbVO für den gesamten Nachlass gilt – somit auch für solche Verfahren, die nicht zum Erlass einer judiziellen Entscheidung führen. Dies ergibt sich aus dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Erbfolge und entspricht dem Gedanken der EuErbVO von der Schaffung einer einheitlichen Regelung für Erbfälle mit grenzüberschreitendem Bezug sowohl bei streitigen als auch bei außerstreitigen Verfahren.

Hinweis: Die EuErbVO sieht vor, dass für Entscheidungen in Erbsachen für den gesamten Nachlass die Gerichte des Mitgliedstaats zuständig sind, in dessen Hoheitsgebiet der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. In der Rechtsprechung war jedoch bislang umstritten, ob der Begriff „Entscheidungen“ auch die Ausstellung nationaler Nachlasszeugnisse wie Erbscheine oder Testamentsvollstreckerzeugnisse umfasst.

Quelle: EuGH, Urt. v. 21.06.2018 – C-20/17

Thema: Erbrecht

Keine Absolution bei Diskriminierung: EuGH schränkt das Selbstbestimmungsrecht kirchlicher Arbeitgeber ein

Es liegt nahe, dass Beschäftigte einer Kirche auch dem entsprechenden Glauben angehören sollten. Die Frage ist nur, ob das tatsächlich rechtmäßig ist.

Das Evangelische Werk für Diakonie und Entwicklung hatte eine befristete Referentenstelle für ein Projekt ausgeschrieben, das die Erstellung des Parallelberichts zum Internationalen Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Beseitigung jeder Form von rassistischer Diskriminierung zum Gegenstand hatte. Nach der Ausschreibung mussten die Bewerber Mitglied einer evangelischen Kirche oder der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland sein. Nun bewarb sich eine Frau, die keiner Konfession angehörte. Als sie die Stelle nicht erhielt, klagte sie wegen einer Benachteiligung eine Entschädigung ein. Das Bundesarbeitsgericht legte die Entscheidung dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vor.

Der EuGH urteilte nun, dass kirchliche Arbeitgeber nicht bei jeder Stelle eine Religionszugehörigkeit der Bewerber fordern dürfen. Gefordert werden darf dieses nur, wenn es notwendig und angesichts des Ethos der Kirche aufgrund der Art der betreffenden beruflichen Tätigkeit oder der Umstände ihrer Ausübung objektiv geboten ist. Und aus diesem Grund muss die Klägerin mit diesem Urteil nun zurück zur Vorinstanz, die diesen Umstand in ihrem Fall wiederum prüfen muss.

Hinweis: Ein kirchlicher Arbeitgeber darf nach diesem Urteil nicht bei jeder ausgeschriebenen Stelle eine Religionszugehörigkeit der Bewerber fordern. Und wenn das der Fall ist, wird er auch nicht nach der Konfession fragen dürfen.

Quelle: EuGH, Urt. v. 17.04.2018 – C-414/16

Thema: Arbeitsrecht

Frau war noch „Ehemann“: Formale Gründe dürfen dem Rentenerhalt nach einer Geschlechtsumwandlung nicht entgegenstehen

Durch die Anerkennung eines Geschlechterwechsels sind bei weitem noch nicht alle Probleme der Betroffenen gelöst. Im Gegenteil. Wie sehr sich Gerichte mit den Folgen befassen müssen, zeigt der folgende Fall aus Großbritannien, der vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) landete.

In Großbritannien liegt das Rentenalter für vor dem 06.04.1950 geborene Frauen bei 60 Jahren, das für vor dem 06.12.1953 geborene Männer bei 65 Jahren. Ein als Mann geborener Engländer heiratete 1974 und begann dann im Jahr 1991, als Frau zu leben. Im Jahr 1995 unterzog sich der Mann schließlich einer Geschlechtsumwandlung – und korrekterweise wechseln auch wir hier das Pronomen. Die Frau verfügt nun über keine vollständige Bescheinigung über die Geschlechtsumwandlung, die nach der nationalen Regelung nur nach Ungültigerklärung ihrer Ehe ausgestellt worden wäre. Die Eheleute wollten jedoch aus religiösen Gründen noch verheiratet bleiben. Im Jahr 2008 wurde die Frau dann 60 Jahre alt und stellte daher einen Antrag auf Erhalt der staatlichen Ruhestandsrente. Dieser Antrag wurde mit der Begründung abgelehnt, dass sie mangels einer vollständigen Bescheinigung über die Anerkennung ihrer Geschlechtsumwandlung in Bezug auf das Rentenalter nicht als Frau behandelt werden könne. Doch laut EuGH war das europarechtswidrig.

Eine Person, die sich einer Geschlechtsumwandlung unterzogen hat, darf nicht gezwungen sein, ihre zuvor geschlossene Ehe für ungültig erklären zu lassen, wenn sie eine Ruhestandsrente ab dem für Angehörige des erworbenen Geschlechts geltenden Alter in Anspruch nehmen möchte. Eine solche Voraussetzung stellt eine unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts dar.

Hinweis: Es stellt also eine Diskriminierung wegen des Geschlechts dar, wenn jemand, der eine Geschlechtsumwandlung hat durchführen lassen, aus bestimmten formalen Gründen dann die (hier frühzeitige) Rente des neuen Geschlechts nicht erhält. Ein spannender Fall. Es ist aber auch so, dass dieses Urteil sicherlich nur für Großbritannien gilt und sich dort die Gesetzeslage mittlerweile geändert hat.

Quelle: EuGH, Urt. v. 26.06.2018 – C-451/16

Thema: Sonstiges

Bereitschaftszeit ist Arbeitszeit: Der Europäische Gerichtshof schafft Klarheit über die Wertung der personellen Verfügbarkeit

Auch Bereitschaftsdienste können in der Praxis sehr unterschiedlich ausgestaltet sein, wie der folgende Fall ganz deutlich zeigt.

Hierbei ging um einen freiwilligen Feuerwehrmann in Belgien. Dieser war neben seiner Feuerwehrtätigkeit als Arbeitnehmer tätig. Während seiner Bereitschaftszeit musste er nicht nur erreichbar sein, sondern war sogar verpflichtet, einem Ruf zum Einsatzort innerhalb von acht Minuten Folge zu leisten und dazu an einem bestimmten Ort persönlich anwesend sein. Nun klagte der Feuerwehrmann auf Entschädigung für seine zu Hause geleisteten Bereitschaftsdienste. Diese seien seiner Auffassung nach als Arbeitszeit einzuordnen.

Der Europäische Gerichtshof stellte dazu klar, dass die zu Hause geleistete Bereitschaftszeit unter bestimmten Umständen tatsächlich Arbeitszeit darstellen kann. Denn die Möglichkeit, anderen Tätigkeiten nachzugehen, war bei dem Feuerwehrmann extrem eingeschränkt, da er innerhalb von nur acht Minuten am Einsatzort eintreffen musste. Für die Einordnung als „Arbeitszeit“ ist es entscheidend, dass sich der Arbeitnehmer an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort aufhalten und diesem zur Verfügung stehen muss, um gegebenenfalls eine sofortige Leistung erbringen zu können. Und genau das war hier der Fall gewesen. Es handelte sich bei den Bereitschaftsdiensten hier also tatsächlich um Arbeitszeit.

Hinweis: Ein wichtiges Urteil für alle Arbeitnehmer, die Bereitschaftszeiten leisten. Aber auch Arbeitgeber sollten dieses Urteil kennen. Ab sofort gilt: Wenn ein Arbeitnehmer während einer Bereitschaftszeit zu Hause bleiben muss und die Verpflichtung hat, innerhalb kurzer Zeit bei der Arbeit zu erscheinen, ist die Bereitschaftszeit als Arbeitszeit anzusehen.

Quelle: EuGH, Urt. v. 21.02.2018 – C-518/15

zum Thema: Arbeitsrecht

Verwechslungsgefahr: Das EUIPO räumt adidas das alleinige Markenrecht für seitliche Streifen auf Schuhen ein

Der Sportartikelhersteller Adidas hat sich erfolgreich gegen die Konkurrenz durchgesetzt.

Ein belgisches Unternehmen beantragte beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) die Eintragung von zwei Unionsmarken für Schuhe mit zwei parallel von der Schuhsohle zum Knöchel verlaufenden Streifen. Adidas widersprach der Eintragung und berief sich auf seine eigenen Markenschuhe mit seitlich angebrachten, gleich breiten und parallel im selben Abstand verlaufenden Streifen von der Schuhsohle zu den Schnürsenkeln. Und damit lag das deutsche Unternehmen richtig.

Der Europäische Gerichtshof entschied, dass sich Adidas der Eintragung von zwei Parallelstreifen auf Schuhen als Unionsmarke widersetzen kann. Es besteht die Gefahr, dass die im vorliegenden Fall angemeldeten Marken die in der Darstellung von drei Parallelstreifen auf einem Schuh bestehende ältere Marke von Adidas in unlauterer Weise ausnutzen könnten.

Hinweis: Die Grenzen sind in solchen Streitigkeiten immer im Einzelfall zu suchen. Was ist ein nachgemachtes Produkt und was ein neues? Nun ist es jedenfalls für Adidas klar. Nur Adidas darf die Streifen verwenden.

Quelle: EuGH, Urt. v. 01.03.2018 – T-85/16 und T-629/16

Thema: Sonstiges

Zulässige Ungleichbehandlung: Die Altersgrenze von Piloten dient der Sicherheitsgewährleistung der Zivilluftfahrt

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in Sachen Altersgrenzen ein weiteres grundlegendes Urteil gefällt.

Es ging um einen Flugkapitän und Ausbilder. Als dieser 65 Jahre alt wurde, beschäftigte ihn die Fluggesellschaft im Einklang mit dem geltenden Recht nicht mehr. Trotzdem verlangte er sein Gehalt weiter, da sein Arbeitsverhältnis noch bestand und er eine Fluglizenz hatte. Außerdem hatte er die Berechtigung als Ausbilder und Prüfer. Die Altersgrenze verstieß seiner Auffassung nach gegen das Diskriminierungsverbot aufgrund des Alters. Schließlich klagte er. Das Bundesarbeitsgericht legte den Fall dem EuGH vor.

Der EuGH urteilte nun, dass die Altersgrenze zwar durchaus eine Ungleichbehandlung aufgrund des Alters darstellen würde. Diese Ungleichbehandlung ist jedoch durch das Ziel der Gewährleistung der Sicherheit in der Zivilluftfahrt völlig gerechtfertigt. Die Altersgrenze findet nur auf den gewerblichen Luftverkehr Anwendung. Somit darf der Kläger als Pilot nicht mehr im gewerblichen Luftverkehr tätig sein, aber als Ausbilder oder Prüfer an Bord eines Luftfahrzeugs fungieren – sofern er kein Mitglied der Flugbesatzung ist.

Hinweis: Die Altersgrenze von 65 Jahren für im gewerblichen Luftverkehr tätige Piloten ist also rechtmäßig. Das Urteil wird sicherlich auch Auswirkungen auf andere Berufsgruppen haben.

Quelle: EuGH, Urt. v. 05.07.2017 – C-190/16

zum Thema: Arbeitsrecht

Der Fall Air Berlin: Die von Fluggesellschaften erhobenen Stornierungsgebühren sind unzulässig

Air Berlin hat einen Insolvenzantrag gestellt, nachdem die Gesellschaft mit ihrem Geschäftsgebaren sogar vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) Schiffbruch erlitten hatte.

Air Berlin hatte in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Klausel aufgenommen, nach der – sobald ein Reisender eine Buchung für einen Flug im Spartarif storniert oder den Flug nicht antritt – vom zu erstattenden Betrag ein Bearbeitungsentgelt von 25 EUR einbehalten wird. Ein Verbraucherschutzverband klagte dagegen.

 

Der Bundesgerichtshof (BGH) legte dem EuGH den Fall vor, da er der Auffassung war, dass die Klausel über die Bearbeitungsgebühr die Kunden unangemessen benachteiligte und daher nach den Bestimmungen des deutschen Rechts zur Umsetzung der Unionsrichtlinie zu missbräuchlichen Klauseln unwirksam sei.

Mit seinem Urteil bestätigte der EuGH nun, dass die allgemeinen Vorschriften zum Schutz der Verbraucher vor missbräuchlichen Klauseln auch auf Luftbeförderungsverträge anwendbar sind. Zur Preistransparenz, wie sie nach der Verordnung über die Durchführung von Luftverkehrsdiensten verlangt wird, sagten die Richter, dass Luftfahrtunternehmen die von den Kunden für Steuern, Flughafengebühren und sonstige Gebühren, Zuschläge und Entgelte geschuldeten Beträge bei der Veröffentlichung ihrer Flugpreise gesondert ausweisen müssen und sie daher nicht in den Flugpreis einbeziehen dürfen. Dem Kunden ist immer die Höhe aller auf den Endpreis entfallenden Beträge mitzuteilen. Folglich wird eine Bearbeitungsgebühr bei stornierten Buchungen in aller Regel also unzulässig sein.

Hinweis: Die Stornierungsgebühren von Air Berlin sind nicht zulässig – zur Rettung der Fluggesellschaft konnten diese Gebühren scheinbar sowieso nicht beitragen.

Quelle: EuGH, Urt. v. 06.07.2017 – C-290/16

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