Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit dem folgenden Urteil die Rechte von Reisenden mit Handikap enorm gestärkt. Denn hier scheint es, dass ein Mensch durch die Tatsache, auf einen Rollstuhl angewiesen zu sein, eher wie sperriges Gut behandelt wurde. Er musste zuletzt aussteigen und verpasste seinen Anschlussflug. Ob er auf Ausgleich hoffen durfte? Der BGH hat diese Frage beantwortet.
Ist ein Flug verspätet oder fällt er komplett aus, sind die Airlines in aller Regel zum Ersatz des entstandenen Schadens verpflichtet. Das wissen Sie schon? Dann aufgepasst, denn im folgenden Fall des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (OLG) ging der klagende Passagier ausnahmsweise einmal leer aus.
Wenn Sie eine Flugreise buchen, sollten Sie an alle Unterlagen denken. Sonst kann es schon einmal teuer werden, wie der folgende Fall beweist.
Ein Mann buchte bei einer Fluggesellschaft eine Reise nach Indien. Da er bei seiner Ankunft in Indien nicht über das für die Einreise erforderliche Visum verfügte, verhängten die indischen Behörden gegen das Luftfahrtunternehmen ein Bußgeld über 1.400 EUR. Diesen Betrag wollte die Fluggesellschaft natürlich dann von dem Mann zurückerhalten und erhob Klage. Der Bundesgerichtshof (BGH) sah die Angelegenheit jedoch nicht ganz so einfach und etwas differenzierter. Er verwies den Rechtsstreit an die Vorinstanz zurück.
Einen Reisenden trifft zwar stets die vertragliche Nebenpflicht, seinen Flug nicht ohne die für eine Einreise erforderlichen Dokumente, insbesondere nicht ohne das erforderliche Visum, anzutreten. Allerdings könnte auch das Luftverkehrsunternehmen ein Mitverschulden treffen. Denn es hätte im eigenen Interesse vor dem Abflug in geeigneter Weise prüfen können, ob sich der Mann auch im Besitz der notwendigen Dokumente befindet. Das war hier jedoch nicht geschehen.
Hinweis: Der BGH hat also klargestellt, dass der Fluggast grundsätzlich zur Erstattung eines einer Fluggesellschaft wegen eines fehlenden Visums auferlegten Bußgelds verpflichtet sein kann. Doch die Frage des Mitverschuldens der Airline ist noch nicht abschließend geklärt.
Hat ein Flug eine größere Verspätung, sind Airlines in aller Regel zum Schadensersatz verpflichtet.
Zwei Männer buchten direkt bei einem Luftfahrtunternehmen jeweils einen Flug von Düsseldorf nach Marokko. Der Flug wurde dann allerdings mit einem Flugzeug und einer Besatzung eines spanischen Luftfahrtunternehmens durchgeführt. Die Fluggesellschaften hatten nämlich eine Vereinbarung über das Vermieten eines Flugzeugs samt Besatzung abgeschlossen – eine sogenannte „Wet-Lease-Vereinbarung“. Nun hatte aber der Flug eine Verspätung von mehr als sieben Stunden, woraufhin die Männer vom Luftfahrtunternehmen, bei dem sie gebucht hatten, nach der Fluggastrechteverordnung eine Entschädigung verlangten. Und die haben sie auch erhalten, allerdings erst durch den Bundesgerichtshof.
Als ausführendes Luftfahrtunternehmen, gegenüber dem ein Anspruch auf Ausgleichsleistung nach der Fluggastrechteverordnung geltend zu machen ist, gilt nicht das Luftfahrtunternehmen, dessen Flugzeug mit Besatzung aufgrund der „Wet-Lease-Vereinbarung“ eingesetzt wurde, sondern das Luftfahrtunternehmen, bei dem der Flug gebucht worden war.
Hinweis: Fluggäste sollten also darauf achten, dass Ansprüche wegen Flugverspätungen bei jener Gesellschaft anzumelden sind, bei der der Flug gebucht wurde – und nicht bei der Gesellschaft, mit der tatsächlich geflogen wurde.
Quelle: BGH, Urt. v. 12.09.2017 – X ZR 102/16 und X ZR 106/16