Es ist hinlänglich bekannt, dass man nach Flugverspätung oder -annullierungen einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen geltend machen kann. Was aber mit den Ansprüchen passiert, wenn die Fluggesellschaft plötzlich insolvent ist, musste der Bundesgerichtshof (BGH) entscheiden.
Hat ein Flug Verspätung, können Fluggäste in vielen Fällen eine Entschädigung verlangen. Ob dazu auch die Erstattung von Rechtanwaltskosten gehört, musste im Folgenden durch die Instanzen gehen und konnte letztlich erst durch den Bundesgerichtshof (BGH) beschieden werden.
Es ging um eine Flugreise einer Familie nach Kuba und zurück. Die Flüge hatten jeweils eine Verspätung von vier bzw. von 25 Stunden. Deshalb ließ der Familienvater von seinem Rechtsanwalt ein Anwaltsschreiben aufsetzen und verlangte darin eine Ausgleichszahlung von über 2.400 EUR. Als die Fluggesellschaft nicht zahlte, wurde geklagt. Gegenstand der Klage waren dabei auch die vorgerichtlich entstandenen Anwaltskosten über 335 EUR nebst Zinsen. Und darum ging es unter anderem in dem jetzt noch geführten Rechtsstreit.
Der BGH urteilte nun, dass das Luftverkehrsunternehmen einem Fluggast, dem ein Ausgleichsanspruch zusteht, grundsätzlich auch die Kosten für die vorgerichtliche Geltendmachung des Anspruchs durch einen Rechtsanwalt ersetzen muss, wenn es die ihm (gemäß Art. 14 Abs. 2 Fluggastrechteverordnung) obliegende Informationspflicht verletzt hat. Danach hat das Luftverkehrsunternehmen jedem betroffenen Fluggast einen schriftlichen Hinweis auszuhändigen, in dem die Regeln für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen gemäß der Verordnung dargelegt werden. Die Information des Fluggasts dient dem Zweck, diesen in die Lage zu versetzen, seine Rechte wirksam wahrnehmen zu können. Dieser Zweck wird aber nur dann erreicht, wenn die Information so gefasst ist, dass sie den Fluggast in die Lage versetzt, ohne anwaltliche Hilfe beurteilen zu können, ob Ausgleichsansprüche aufgrund der aufgetretenen Annullierung oder Verspätung in Betracht kommen und gegen welchen Schuldner diese geltend zu machen sind. Doof für das Unternehmen, gut für den Kläger: Genau das Aushändigen des besagten Schriftstücks hatte die Fluggesellschaft hier wohl vergessen.
Hinweis: Haben Sie also keine Bedenken, zu einem Rechtsanwalt zu gehen. In aller Regel muss in zivilrechtlichen Streitigkeiten (außer im Arbeitsrecht) bei einem gewonnenen Rechtsstreit der Gegner auch die Kosten des Rechtsanwalts zahlen.
Wie es sich mit Entschädigungsansprüchen von Flugreisenden verhält, die innerhalb der EU starten und erst in einem Drittstaat Schäden durch Flugverspätungen erleiden, musste kürzlich der Europäische Gerichtshof (EuGH) klären.
Ein Mann buchte bei einer tschechischen Airline einen Flug von Prag über Abu Dhabi nach Bangkok. Der erste Teilflug mit Umstieg, der von der tschechischen Airline durchgeführt wurde und von Prag nach Abu Dhabi ging, war pünktlich. Der zweite Teilflug, der von Etihad Airways, einem Luftfahrtunternehmen außerhalb der EU, durchgeführt wurde und von Abu Dhabi nach Bangkok ging, hatte bei der Ankunft mehr als acht Stunden Verspätung. Dabei führte Etihad Airways den Flug für das tschechische Luftfahrtunternehmen durch. Der Passagier wollte nun Ansprüche gegen das tschechische Luftfahrtunternehmen durchsetzen. Das Gericht in Prag wollte vom EuGH nun wissen, ob das tschechische Unternehmen zur Zahlung des Ausgleichs nach der EU-Fluggastrechteverordnung verpflichtet ist.
Der EuGH bejahte dies. Bei Flugverbindungen von einem EU-Mitgliedstaat in einen Drittstaat mit Umstieg in einem anderen Drittstaat, die Gegenstand einer einzigen Buchung waren, ist das Luftfahrtunternehmen des ersten Teilflugs zu einem Ausgleich verpflichtet. Das gilt zumindest dann, wenn es bei der Ankunft des zweiten Teilflugs, der von einem Luftfahrtunternehmen von außerhalb der Gemeinschaft durchgeführt wurde, zu einer erheblichen Verspätung gekommen ist.
Hinweis: Immer, wenn ein Flugzeug mehr als drei Stunden Verspätung hat, sollten Passagiere darüber nachdenken, Entschädigungsansprüche geltend zu machen.
Quelle: EuGH, Urt. v. 11.07.2019 – C-502/18
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