Abschaltung von Kernkraftwerken: Schuldhaft unterlassene Einlegung von Rechtsmitteln schließt Schadensersatz aus
Nach der Atomkatastrophe von Fukushima hat sich die Politik darauf verständigt, mehrere Atomkraftwerke sofort abzuschalten, und ein Moratorium im Hinblick auf die Laufzeitverlängerung beschlossen.
Im März 2011 teilte das zuständige Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit den Landesministerien den Beschluss der Bundesregierung und der beteiligten Ministerpräsidenten mit. Danach sollten die ältesten sieben Kernkraftwerke für mindestens drei Monate vom Netz genommen werden, weil im Hinblick auf deren Alter und hinsichtlich der Ereignisse in Japan ein Gefahrenverdacht vorläge. Das baden-württembergische Ministerium ordnete zudem die Einstellung der Kernkraftwerke Neckarwestheim I und Philippsburg I an.
Die Betreiberin der beiden Kernkraftwerke, die EnBW Energie Baden-Württemberg AG, wollte aus gesellschaftspolitischen Gründen nicht gegen die Entscheidung vorgehen und nahm die beiden Kernkraftwerke daraufhin vom Netz. Mit derselben Begründung fuhr sie die beiden Kernkraftwerke nach Ablauf der Anordnung im Juni 2011 nicht wieder hoch. Kurz darauf erlosch im August 2011 die Betriebserlaubnis beider Kraftwerke. Nun forderte die EnBW AG vom Land Baden-Württemberg und der Bundesrepublik über 261 Mio. EUR Schadensersatz für die Abschaltung ihrer Kernkraftwerke – erfolglos. Die EnBW AG hat keinen Amtshaftungsanspruch wegen der Abschaltung ihrer Kernkraftwerke nach der Katastrophe von Fukushima. Schließlich hatte sie selbst es zuvor schuldhaft unterlassen, den Schaden durch die Einlegung eines Rechtsmittels abzuwenden.
Hinweis: Eine Klage gegen die Abschaltung der Kernkraftwerke hätte unter Umständen sogar Erfolg gehabt. Sollte die Entscheidung bestandskräftig werden, wird sich vermutlich als Nächstes die Frage stellen, ob das Unternehmen Fehler gemacht hat und wer dafür zur Rechenschaft gezogen werden kann.
Quelle: LG Bonn, Urt. v. 06.04.2016 – 1 O 458/14
Thema: Sonstiges