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Schlagwort: gemeinsame elterliche Sorge

Verweigerter Tagespflegevertrag: Die Erteilung einer Entscheidungsbefugnis entscheidet bei Uneinigkeit zwischen den Eltern

Eltern, denen die elterliche Sorge gemeinsam zusteht, haben die grundlegenden Entscheidungen über ihre Kinder gemeinsam zu treffen. Doch was überhaupt von erheblicher Bedeutung ist und was gilt, wenn es an der erforderlichen Einigkeit fehlt, stellt das Oberlandesgericht Karlsruhe (OLG) im Folgenden klar.

Die elterliche Sorge über ihr zweijähriges Kind stand den unverheirateten, getrennt lebenden Eltern hier gemeinsam zu. Das Kind lebte bei der noch studierenden Mutter. Der Vater sah das Kind donnerstags und samstags und arbeitete vollerwerbstätig im Schichtdienst. Die Mutter wollte, um ihr Studium voranbringen zu können, das Kind an drei Tagen der Woche einer Tagesmutter überlassen. Zu dem dazu zu schließenden Tagespflegevertrag sowie einem Förderantrag verweigerte der Vater jedoch die Zustimmung. Einerseits könne die Mutter einspringen, andererseits könne er seinen Arbeitsumfang reduzieren.

Das OLG hatte hier vornehmlich zu befinden, ob es sich bei der Entscheidung, das Kind in eine Einrichtung mit Tagesmutter zu geben, überhaupt um eine Regelung von erheblicher Bedeutung für das Kind handelt. Da diese Änderung zu einer Änderung des Tagesablaufs des Kindes führe und es nachhaltig präge, bejahte das Gericht diese Frage. In der Folge hatte das OLG nun einer der beiden Seiten die Befugnis zuzusprechen, in dieser grundlegenden Frage eine Entscheidung zu treffen. Und da das Kind überwiegend bei der Mutter lebe, war es naheliegend, dieser auch die Entscheidungsbefugnis zuzusprechen. Genau dies geschah. Nun kann die Kindesmutter das Kind bei der Tagesmutter anmelden und den Förderantrag stellen. Die Zustimmung des Vaters ist nicht mehr erforderlich.

Hinweis: Eine dagegen nicht wesentliche Frage ist zum Beispiel jene, wer das Kind beim Kindergarten oder einer entsprechenden Einrichtung abholt. Wenn also sich das Kind bei der Mutter aufhält und von dort zum Kindergarten gebracht sowie dort wieder abgeholt wird, kann sie ihren neuen Partner bitten, dies zu erledigen. Ist der Kindesvater dagegen, ist dies ohne Belang.
 
 
 

Quelle: OLG Karlsruhe, Beschl. v. 08.01.2020 – 20 UF 169/19

Thema: Familienrecht

Geltendmachung von Unterhalt: Ohne Ergänzungspfleger oder Übertragung der Entscheidungsbefugnis geht beim Wechselmodell nichts

Ist bei gemeinsamer elterliche Sorge nach der Trennung der Kindesunterhalt zu regeln, stellt sich automatisch die Frage, wer das minderjährige Kind vertritt, um den Kindesunterhalt gegen einen Elternteil geltend zu machen. Um zu vermeiden, dass ein Elternteil der Vertreter des Kindes als Antragsteller und gleichzeitig Antragsgegner ist, bietet das Gesetz zwei Optionen.

Wenn Eltern das paritätische Wechselmodell leben, wird entweder ein sogenannter Ergänzungspfleger eingeschaltet, der die Kindesinteressen wahrnimmt und es in einem Rechtsstreit zur Klärung des zu zahlenden Kindesunterhalts vertritt. Oder ein Elternteil beantragt zunächst, dass das Gericht ihm die Entscheidungsbefugnis überträgt, den Kindesunterhalt geltend zu machen, was eine teilweise Übertragung der elterlichen Sorge bedeutet. Es gibt keinen Vorrang des einen vor dem anderen Weg. Die Wahl, welches Verfahren eingeleitet wird, ist frei. Klar jedoch ist: Ohne Ergänzungspfleger oder Übertragung der Entscheidungsbefugnis kann der Kindesunterhalt nicht geltend gemacht werden.

Hinweis: Streit besteht in der Praxis öfter zu der Frage, ob tatsächlich ein Wechselmodell praktiziert wird. Hat ein Elternteil umfangreich Umgang, ist das noch nicht gleichbedeutend mit einem echten Wechselmodell. Denn dieses setzt eine nahezu jeweils hälftige Betreuung der Kinder voraus.

Quelle: OLG Brandenburg, Beschl. v. 17.09.2019 – 13 UF 154/19

Thema: Familienrecht