Verstirbt ein deutscher Staatsbürger im Ausland, stellt sich zur Regelung der Nachlassangelegenheiten meist die Frage, in welchem Land die Zuständigkeit des Nachlassgerichts gegeben ist. Der folgende Fall des Oberlandesgerichts Karlsruhe (OLG) wies hierbei einige interessante Besonderheiten auf.
Bei binationalen Ehen ist nicht nur im Familienrecht, sondern auch im Erbrecht entscheidend, welches Länderrecht bei der gerichtlichen Auseinandersetzung angewendet werden soll. Dass man dabei nicht erst in die Ferne schweifen muss, um festzustellen, dass unterschiedliche Länderrechte auch unterschiedliche Ansprüche mit sich ziehen, zeigt der folgende Fall. Denn dabei hatte der Bundesgerichtshof (BGH) zu entscheiden, ob das Erbrecht Österreichs oder Deutschlands anzuwenden sei.
Für Eheleute unterschiedlicher Nationalität kennt die europäische Erbrechtsverordnung sowohl die ausdrückliche Wahl des anwendbaren Rechts als auch eine nur stillschweigende Wahl, die wiederum gilt, sobald nichts Konkretes vereinbart wurde. So auch hier: Die Erblasserin, eine deutsche Staatsangehörige, war mit einem österreichischen Staatsangehörigen verheiratet, der bereits vorverstorben war. Zum Zeitpunkt der Errichtung von zwei jeweils eigenhändigen und unterschriebenen Urkunden mit der Überschrift „Gemeinschaftliches Testament“ lebten die Eheleute bereits seit längerer Zeit in Deutschland. In den wortgleichen Verfügungen von Todes wegen wurde festgehalten, dass diese wechselseitig verbindlich sein sollten und nur zu Lebzeiten gemeinschaftlich hätten aufgehoben werden können. Im Streitfall ging es nun um die Wirksamkeit einer späteren von der Erblasserin errichteten abweichenden Verfügung von Todes wegen – und die Frage, welches Recht Anwendung finden müsse. Diese Frage war deshalb von entscheidender Bedeutung, weil das österreichische Erbrecht – im Gegensatz zum deutschen Erbrecht – keine Bindungswirkung von gemeinschaftlichen Testamenten kennt. Hätten die Eheleute ausdrücklich oder stillschweigend vereinbart, dass österreichisches Recht Anwendung finden solle, hätte die Erblasserin ohne weiteres noch eine neue Verfügung von Todes wegen treffen können, nachdem ihr Ehemann vorverstorben war.
Doch ebenso wie das vorinstanzliche Oberlandesgericht München kam auch der BGH zu dem Ergebnis, dass auf den vorliegenden Fall deutsches Recht anzuwenden sei. Die Eheleute seien stillschweigend und übereinstimmend davon ausgegangen, dass deutsches Recht anzuwenden sei. Neben dem gewöhnlichen Aufenthalt der Eheleute in Deutschland spielten dabei auch Bezugnahmen auf spezifische deutsche Regelungen eine entscheidende Rolle. Der BGH hat insoweit klargestellt, dass an eine stillschweigende Rechtswahl durch die Erblasser keine zu hohen Anforderungen gestellt werden dürfen.
Hinweis: Zur Vermeidung von Schwierigkeiten bei der Auslegung von Verfügungen von Todes wegen empfiehlt sich im grenzüberschreitenden Bereich immer eine ausdrückliche Regelung der Frage, welches Recht auf die Verfügung Anwendung finden soll.