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Schlagwort: Güterstand der Zugewinngemeinschaft

Türkisch-deutscher Erbfall: Verheiratete haben nach türkischem Recht keinen Anspruch auf Zugewinnausgleich im Todesfall

Bei Erblassern, die weder die deutsche Staatsangehörigkeit noch die eines EU-Mitgliedstaates besitzen, stellt sich die Frage, welches Erbrecht Anwendung findet. Zwischen Deutschland und der Türkei wurde so beispielsweise 1929 ein Konsularvertrag geschlossen, nach dem bei beweglichen Vermögen türkisches Recht und für Immobilien das Recht des Landes gilt, in dem sich diese befinden. Im Fall eines in Deutschland verstorbenen türkischen Staatsangehörigen musste dazu das Oberlandesgericht Hamm (OLG) entscheiden.

Ein Mann hinterließ nach seinem Tod eine Ehefrau und vier Kinder. Darüber hinaus hatte er aus seiner ersten geschiedenen Ehe noch fünf weitere Kinder. Ein Testament hatte er nicht erstellt, so dass die gesetzliche Erbfolge eintrat. Da der Mann und seine Ehefrau türkische Staatsbürger waren, stritten die Erben vor Gericht darüber, welches Recht für sein in Deutschland befindliches Grundstück Anwendung finden sollte. Die Kinder aus erster Ehe waren der Ansicht, dass die Ehefrau zu einem Viertel Erbin geworden war und jedes der Kinder daher zu je einem Zwölftel. Die Ehefrau trug hingegen vor, dass ihr Erbteil die Hälfte betrage, weshalb die Kinder des Erblassers nur zu einer Quote von je zu einem Achtzehntel Miterben seien. Sie machte geltend, dass die im deutschen Erbrecht geltende Vorschrift zum Zugewinnausgleich im Todesfall gelte, so dass sich ihr Erbteil um ein Viertel erhöhe.

Das OLG entschied, dass die Ehefrau nach dem deutschen Erbrecht ein Viertel des Nachlasses erhält und die neun Kinder drei Viertel des Nachlasses zu gleichen Teilen – also jedes Kind ein Zwölftel des Nachlasses. Eine Erhöhung des Anteils der Ehefrau lehnte es ab. Denn Voraussetzung hierfür wäre, dass die Eheleute zum Zeitpunkt des Erbfalls im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt hätten. Für ihre Eheschließung galt jedoch türkisches Recht, in dem es keinen gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft oder etwas Vergleichbares gibt.

Hinweis: Bei erb- und familienrechtlichen Angelegenheiten mit grenzüberschreitendem Bezug empfiehlt es sich, ausdrückliche Regelungen zu treffen, um ungewollte Rechtsfolgen und Streitigkeiten zu vermeiden. Sowohl bei der Eheschließung als auch für den Todesfall ist es möglich, eine Rechtswahl zu treffen und damit zu bestimmen, welches Landesrecht Anwendung finden soll.

Quelle: OLG Hamm, Beschl. v. 21.03.2019 – 10 W 31/17

Thema: Erbrecht

Nach dreijähriger Trennung: Eine vorzeitige Beendigung der Zugewinngemeinschaft ist vor Rechtskraft der Scheidung möglich

Schließen Ehegatten keinen Ehevertrag, leben sie im sogenannten Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Dieser Güterstand endet dann entweder durch den Tod eines Ehegatten oder mit der Rechtskraft einer Scheidung. Dass das aber auch anders sein kann, zeigt dieser Fall, den das Oberlandesgericht Dresden (OLG) zu beurteilen hatte.

Über sein Vermögen im Ganzen kann ein im Güterstand der Zugewinngemeinschaft verheirateter Ehegatte nur verfügen, wenn der andere Ehegatte damit einverstanden ist. Ist zum Beispiel ein Haus rein tatsächlich das wesentliche Vermögen eines Ehegatten, kann er dieses Haus also nur verkaufen, sofern der andere Ehegatte sich damit einverstanden erklärt. Auch eine Trennung ändert hieran nichts: Bis zur Scheidung kann der andere Ehegatte die Zustimmung verweigern und den Verkauf verhindern.

Doch was wäre eine Regel ohne Ausnahme? Diese sieht hier so aus, dass durch eine gerichtliche Entscheidung der Güterstand der Zugewinngemeinschaft vorzeitig aufgehoben werden kann. Diese gerichtliche Aufhebung kann (unter anderem) verlangt werden, wenn die Ehegatten bereits drei Jahre getrennt leben. Ob die Ehegatten gleichzeitig zum Beispiel im Rahmen des Scheidungsverfahrens darüber streiten, welcher Ehegatte welchen Zugewinn zu leisten hat, spielt dabei keine Rolle. Allein das Interesse, den Güterstand aufzuheben, um frei über das Vermögen im Ganzen verfügen zu können, reicht, damit eine solche Aufhebung erfolgt.

Als das OLG deshalb nach dreijähriger Trennung der beiden Parteien darüber zu entscheiden hatte, ob eine Zugewinngemeinschaft aufgehoben werden konnte, entschied es auf die Aufhebung und schenkte den Ausführungen der Ehefrau, die dies verhindern wollte, keine Beachtung.

Hinweis: Die vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft hat auch zur Folge, dass der Anspruch auf Zugewinnausgleich früher fällig wird – nämlich mit Rechtskraft des Beschlusses und nicht erst mit Rechtskraft der Scheidung. Da der Anspruch auf Zugewinnausgleich damit auch früher fällig ist, ist dieser auch früher zu verzinsen, was bei größeren Ausgleichsforderungen aufgrund der gesetzlichen Verzinsung von fünf Prozentpunkten über dem Basiszins eine nennenswerte Rolle spielen kann.

Quelle: OLG Dresden, Beschl. v. 11.05.2017 – 20 WF 563/17
Familienrecht