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Schlagwort: Höchstgeschwindigkeit

Verfassungsbeschwerde erfolgreich: Mutmaßlicher Raser setzt Einsichtsrecht in gesamte Messakte durch

Welche Detailinformationen darf man einsehen, um einen gegen sich erhobenen Vorwurf entkräften zu können? Diese Frage wollte ein Mann beantwortet haben, dem anhand von Messgerätsdaten (Blitzer) ein Tempoverstoß vorgeworfen wurde. In zwei Instanzen wurde ihm die vollumfängliche Akteneinsicht jedoch verwehrt. Und da es sich hierbei um Grundsätzliches handelte, landete der Fall schließlich vor dem Verfassungsgerichtshof des Landes Baden-Württemberg (VerfGH).

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200 EUR statt 320 EUR: Bußgeldreduzierung wegen beengter Wirtschaftsverhältnisse und gestiegener Energiekosten

Der folgende Fall, den das Amtsgericht Dortmund (AG) zu behandeln hatte, zeigt, dass Gerichte bei ihrer Urteilsfindung einen gewissen Spielraum haben. Strafe muss zwar schmerzen – sonst wäre sie ja keine -, sie sollte aber keine unverhältnismäßigen Konsequenzen nach sich ziehen. Um das Fahrverbot kam die betagte Verkehrssünderin dennoch nicht herum, doch lesen Sie selbst.

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Vorsatz statt Fahrlässigkeit: Alarm an einer Pferdekoppel schließt Vorsatz bei Geschwindigkeitsverstoß nicht aus

Wer sich in einer Notlage wähnt, muss abwägen, ob er sich deswegen über geltende Regeln im Straßenverkehr hinwegsetzt. Denn das Prinzip des Vorsatzes wird auch in Ausnahmesituationen vor den Gerichten ganz sensibel bewertet, so wie es das Oberlandesgericht Zweibrücken (OLG) im folgenden Fall getan hat, bei dem ein Mann um das Wohl seiner Pferde fürchtete und deswegen die zulässige Geschwindigkeit erheblich überschritt.

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Absehen eines Fahrverbots: Darlegung und Begründung einer vorliegenden außergewöhnlichen Härte sind unabdingbar

Die Verhängung eines Fahrverbots von einem Monat kann für einige Arbeitnehmer schwere berufliche Folgen haben. In solchen Fällen kann daher vom Fahrverbot abgesehen werden, sofern Anhaltspunkte für eine außergewöhnliche Härte vorliegen. Dass hierfür aber mehr vonnöten ist als eine kritiklose Hinnahme des klägerseitigen Einwands eines drohenden Arbeitsplatzverlusts, zeigt der folgende Fall des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (OLG).

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„Geständiger“ Fahrzeughalter: Fahrtenbuchauflage bei berechtigten Zweifeln zu Angaben im Anhörungsbogen rechtens

Eine Fahrtenbuchauflage wird zumeist dann angeordnet, wenn durch behördliche Bemühungen nicht festgestellt werden konnte, wer den erfolgten Verkehrsverstoß begangen hat. Wie es sich aber mit einer solchen Maßnahme verhält, wenn es bei der Feststellung offensichtlich keinerlei Zweifel zu geben scheint, da der „Sünder“ geständig ist, zeigt das folgende Urteil des Verwaltungsgerichts Mainz (VG).

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Messgerät Riegl FG 21-P: Messungen mangels Foto- und Rohdatendokumentation nicht verwertbar

Technische Fragen nach Überschreitungen der zulässigen Höchstgeschwindigkeit sind oft im Fokus von Gerichtsentscheidungen. Ob Messungen von Überschreitungen der zulässigen Höchstgeschwindigkeit gänzlich ohne Speicherung der Rohmessdaten überhaupt verwertbar sind, musste das Saarländische Oberlandesgericht (OLG) bewerten.

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Bleifuß als erhöhter Fahrlässigkeitsgrad: Wer gleich mehrere Temposchilder missachtet, muss mit erhöhtem Bußgeld rechnen

Einmal ist keinmal? Nein – auch nicht im Verkehrsrecht! Wer der Meinung ist, dass es sich schon lohnen muss, wenn man bereits eine ausgeschilderte Höchstgeschwindigkeit überschritten hat, sollte sich den folgenden Fall zu Gemüte ziehen. Denn hier kennt das Oberlandesgericht Koblenz (OLG) genausowenig Spaß wie die Vorinstanz.

Im konkreten Fall hatte der Betroffene mit einem Pkw eine Bundesautobahn statt mit den dort zulässigen 100 km/h mit einer Geschwindigkeit von 121 km/h befahren. Die Geschwindigkeitsbeschränkung war vor der Messstelle dreimal beschildert, im Abstand von jeweils rund einem Kilometer. Die Bußgeldbehörde hatte den Verstoß mit der im Bußgeldkatalog festgesetzten Regelgeldbuße von 70 EUR geahndet. Auf den Einspruch des Betroffenen hatte das Amtsgericht (AG) die Geldbuße sogar auf 85 EUR erhöht und zur Begründung darauf verwiesen, dass der Betroffene mit gegenüber dem Regelfall erhöhter Fahrlässigkeit gehandelt habe, als er sein Fahrverhalten trotz mehrfach hintereinander aufgestellter Verkehrszeichen nicht angepasst habe. Hiergegen legte der Betroffene Rechtsbeschwerde ein.

Das OLG hat die Rechtsauffassung des AG bestätigt. Die im Bußgeldkatalog für fahrlässige Verstöße festgelegten Regelgeldbußen gingen von „gewöhnlichen“ Fallgestaltungen aus. Folglich kann von diesen abgewichen werden, wenn besondere Umstände vorliegen, die nicht dem durchschnittlichen Fahrlässigkeitsgrad entsprächen. Und genau dies war bei der mehrfachen Missachtung der Beschilderungen der Fall.

Hinweis: Die Regelgeldbußen gehen von einem durchschnittlichen Fahrlässigkeitsgrad aus. Bei der Missachtung einer Mehrfachbeschilderung ist dieser Maßstab überschritten. Passiert ein Fahrer hintereinander mehrere die Höchstgeschwindigkeit beschränkende Verkehrszeichen, ohne seine Fahrgeschwindigkeit anzupassen, handelt er – wenn nicht gar vorsätzlich – mit gesteigerter Fahrlässigkeit. Deshalb kann gegen ihn ein erhöhtes Bußgeld verhängt werden. Denn es werde durch den Fahrer zum einen die in der Mehrfachbeschilderung liegende besondere Warnung vor einer gefährlichen und unfallträchtigen Stelle ignoriert.

Quelle: OLG Koblenz, Beschl. v. 08.03.2021 – 4 OWi 6 SsRs 26/21

Thema: Verkehrsrecht

Straßenverkehrsordnung wirksam: StVO erfüllt sowohl in der Fassung von 2013 als auch in der 2020er-Novelle formelle Anforderungen

Wer die zulässige Geschwindigkeit um satte 46 km/h überschreitet, kann natürlich versuchen, gegen eine Geldbuße anzugehen. Ob es ratsam ist, dabei gleich die gesamte Straßenverkehrsordnung (StVO) in Zweifel zu ziehen, war Dreh- und Angelpunkt des folgenden Falls, den das Oberlandesgericht Braunschweig (OLG) zu bewerten hatte.

Das Amtsgericht Helmstedt hatte den Bleifuß bereits wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften zu einer Geldbuße verurteilt und zudem ein Fahrverbot von einem Monat angeordnet. Dagegen legte dieser eine Rechtsbeschwerde vor dem OLG ein – jedoch ohne Erfolg.

Der Senat teilte nämlich nicht die Ansicht des Verteidigers, dass die für die Entscheidung angewendete StVO in ihrer Fassung vom 06.03.2013 unwirksam sei. Es liege kein Verstoß gegen das sogenannte Zitiergebot vor, das den Gesetzgeber zur klaren Ausweisung des Grundrechtseingriffs verpflichten und dadurch eine Warnfunktion erfüllen soll. Denn nach Ansicht der OLG-Richter werde in der Verordnung ausreichend auf die Vorschrift des Straßenverkehrsgesetzes verwiesen, durch die das Verkehrsministerium zum Erlass der Verordnung ermächtigt werde. Auch die Novelle der StVO vom 20.04.2020, in der auch zahlreiche Änderungen der Bußgeldkatalogverordnung erfolgt seien, führe zu keinem anderen Ergebnis. Da die Bußgeldkatalogverordnung durch die StVO-Novelle 2020 hinsichtlich dieser konkreten Verkehrsordnungswidrigkeit nicht verändert worden sei, könne die alte Verordnung nach Ansicht des OLG angewendet werden. Davon abgesehen, hatte der Fahrer den Verkehrsverstoß sowieso vor Inkrafttreten der neuen StVO begangen.

Hinweis: Der Senat ließ in seiner Begründung aber erkennen, dass er die Änderungen aus dem Jahr 2020 in der Bußgeldkatalogverordnung wegen eines Verstoßes gegen das Zitiergebot für teilnichtig halte, und zwar hinsichtlich der neu eingeführten erweiterten Fahrverbote.

Quelle: OLG Braunschweig, Beschl. v. 04.12.2020 – 1 Ss (OWi) 173/20

Thema: Verkehrsrecht

Elf Mal geblitzt: Ab dem dritten Verstoß ist von Vorsatz auszugehen

Sich elf Mal in nur 68 Minuten blitzen zu lassen, scheint fürwahr rekordverdächtig. Ob das auch für das Strafmaß gilt, zeigt das folgende Urteil des Amtsgerichts München (AG).

Ein 24-Jähriger wurde innerhalb von 68 Minuten ganze elf Mal geblitzt, wobei er die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit mit seinem Auto um 34 bis 64 km/h überschritt. Summa summarum hätte dies eine Geldbuße von 3.760 EUR und ein dreimonatiges Fahrverbot ergeben. Doch selbst in einem solchen klar erscheinenden Fall ist das Gericht anzuhalten, zu differenzieren. Und das tat es auch.

Das AG verurteilte den offensichtlich passionierten Raser „nur“ wegen einer fahrlässigen und fünf vorsätzlichen Überschreitungen der Höchstgeschwindigkeit. Dabei ergaben sich Geldbußen von 64 EUR, 224 EUR, 224 EUR, 384 EUR, 224 EUR und 384 EUR, also insgesamt 1.504 EUR. Bei dem dreimonatigen Fahrverbot blieb es allerdings.

Das Gericht ist zugunsten des Betroffenen bei den ersten beiden Geschwindigkeitsüberschreitungen von Fahrlässigkeit ausgegangen. Spätestens jedoch ab der dritten Geschwindigkeitsüberschreitung ist seiner Ansicht nach von Vorsatz auszugehen. Dies ergibt sich daraus, dass der Betroffene während eines Zeitraums von 0.19 Uhr bis 0.33 Uhr zwei Geschwindigkeitsüberschreitungen von 34 und 39 km/h vorzuweisen hatte. Daraus ist ersichtlich, dass sich der Mann am Tattag während der insgesamt über eine Stunde dauernden Fahrt bewusst an keine Geschwindigkeitsbeschränkung innerhalb des Stadtgebiets gehalten hatte. Geschwindigkeitsüberschreitungen hatte er somit zumindest billigend und daher vorsätzlich in Kauf genommen. Spätestens nach 14 Minuten Fahrtstrecke ist dieser Entschluss auch hinreichend deutlich nach außen in Erscheinung getreten, so dass von einem vorsätzlichen Verhalten ausgegangen werden kann.

Im Hinblick auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen hat sich das AG entschlossen, von diesen Sätzen lediglich jeweils 40 % in Ansatz zu bringen. In Sachen Fahrverbot war der Rabatt des jungen Mannes jedoch auch in den Augen der Richter verbraucht – eine Reduzierung des dreimonatigen Fahrverbots kommt im Hinblick auf die Vielzahl der Geschwindigkeitsüberschreitungen sowie hinsichtlich der Vorahndungen des Betroffenen nicht in Betracht.

Hinweis: In Bußgeldverfahren kann bei Geschwindigkeitsüberschreitungen um mehr als 25 km/h zu klären sein, ob der Verstoß noch fahrlässig begangen wurde oder Vorsatz unterstellt werden kann. Von Bedeutung ist dies, weil bei vorsätzlicher Begehungsweise die Regelbuße verdoppelt wird.

Quelle: AG München, Urt. v. 01.03.2019 – 953 OWi 435 Js 216208/18

Thema: Verkehrsrecht

Enforcement Trailer „blitzt“: Die Geschwindigkeitsmessung aus einem eigens angefertigten Spezialanhänger heraus ist zulässig

Die zunehmende Technisierung unseres Lebens suggeriert, dass im Ernstfall menschliches Versagen immer mehr in den Hintergrund rücken und unser Dasein sicherer gestaltet werden könnte. Dass aber auch Einsatz moderner Technik nicht nur ebenso tückisch, sondern auch nur unter bestimmten Einsatzbedingungen zulässig sein kann, war der springende Punkt, das Oberlandesgericht Bamberg (OLG) mit dem folgenden Fall zu betrauen.

Einmal mehr stand hier ein Autofahrer vor Gericht, der die zulässige Höchstgeschwindigkeit übertreten hatte, und zwar diesmal auf Klägerseite. Der Mann beanstandete nämlich die Geschwindigkeitsmessung an sich, weil diese aus einem mobilen Spezialanhänger heraus erfolgt sei. Das verwendete PoliScanspeed-Messgerät, argumentierte er, sehe laut Gebrauchsanweisung lediglich den Einsatz „aus einem Kfz, auf einem Stativ oder in einer Messkabine“ vor. Demnach lag seines Erachtens nach hier keine verwertbare Messung vor. Das sah das Gericht jedoch anders.

Laut OLG steht der Anerkennung des Geschwindigkeitsmessverfahrens mit dem Messgerät als standardisiertes Messverfahren nicht entgegen, dass die Messung aus einem sogenannten Enforcement Trailer (einem eigens für das Messgerät vom Hersteller entwickelten und konstruierten mobilen Spezialanhänger) heraus erfolgt. Die Anerkennung war nicht allein deshalb zu versagen, weil die Gebrauchsanweisung für das verfahrensgegenständliche Messgerät (bislang) nicht ausdrücklich dahin angepasst bzw. ergänzt wurde. Auf die Frage, ob ein als Anhänger zugelassener Enforcement Trailer als Kraftfahrzeug oder Fahrzeug im Sinne der Fahrzeug-Zulassungsverordnung anzusehen ist, kommt es nicht an. Entscheidend ist insoweit allein, ob der Einsatz des Messgeräts aus dem dazu eigens angefertigten Anhänger heraus zu Verfälschungen der Messergebnisse führen kann. Und genau hierfür fehlte jeglicher Anhaltspunkt. Es wird vielmehr gewährleistet, dass die Richtigkeit des Ergebnisses durch diese Verwendungsweise nicht berührt wird, weil die innerstaatliche Bauartzulassung für das PoliScan-Gerät die Verwendung aus einem „Fahrzeug“ heraus vorsieht und nicht den Einsatz aus einem „Kraftfahrzeug“ heraus verlangt.

Hinweis: Anders als das hier urteilende OLG entschied das Oberlandesgericht Frankfurt in einem Beschluss vom 22.11.2018 (2 Ss-Owi 845/18), dass eine Messung aus einem „Enforcement Trailer“ nicht vorschriftsgemäß „aus einem Kfz, auf einem Stativ oder in einer Messkabine“ erfolgt. Für einen solchen Einsatz als „standardisiertes Messverfahren“ bedarf es einer Zulassungserweiterung durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt, damit die technischen Bedingungen bestimmt werden, die die Messrichtigkeit auch in dieser Verbauung garantiert. Interessant, wie künftig hierzu mehrheitlich entschieden wird.

Quelle: OLG Bamberg, Beschl. v. 12.03.2019 – 2 Ss OWi 67/19

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