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Schlagwort: KG Berlin

Coronabedingte Geschäftsschließung: Berliner Kammergericht teilt die Mietrückstände von zwei Monaten hälftig auf

Dieser Fall des Kammergerichts Berlin (KG) musste sich mit ausstehenden Gewerbemietzahlungen durch Geschäftseinbußen aufgrund von Eindämmungsmaßnahmen beschäftigen. Und wer regelmäßig hier reinschaut, ahnt: Die Gerichte urteilen hierbei sehr unterschiedlich.

Ein Vermieter klagte seine Miete für die Monate April und Mai 2020 ein. Er hatte eine Gewerbeimmobilie vermietet, deren Mieterin das Geschäft wegen einer staatlich angeordneten Geschäftsschließung zur Eindämmung der Coronapandemie nicht öffnen durfte.

Hier urteilte das KG salomonisch: Bei einer derart staatlich angeordneten Geschäftsschließung kann die Gewerbemiete wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage auf die Hälfte herabzusetzen sein. Eine Existenzbedrohung des Mieters muss im Einzelfall nicht festgestellt werden. Insoweit hatte der Vermieter hier Anspruch auf die hälftige Zahlung der Miete.

Hinweis: Der Gesetzgeber hat zwischenzeitlich reagiert und eine umstrittene Regelung für Gewerberäume erlassen.  Zum einen wurde im Rahmen der sogenannten Störung der Geschäftsgrundlage eine gesetzliche Vermutung dahingehend verankert, dass coronabedingte Schließungsverordnungen zu einer schwerwiegenden Veränderung der vertraglichen Grundlage zwischen den Mietparteien führen und damit den Anwendungsbereich für eine Vertragsanpassung eröffnen. Zum anderen gilt für gerichtliche Verfahren über durch Covid-19 bedingte Mietanpassungen ein Vorrangs- und Beschleunigungsgebot.

Quelle: KG Berlin, Urt. v. 01.04.2021 – 8 U 1099/20

Thema: Mietrecht

Minderjährige Vermieter: Kammergericht bestätigt Forderung des Grundbuchamts, einen Ergänzungspfleger zu bestellen

Dass bei der Übertragung von Grundstücksvermögen auf minderjährige Kinder so einiges zu berücksichtigen ist, leuchtet den meisten ein. Denn Besitz verpflichtet bekanntermaßen, und dies manchmal sogar in erheblichem Umfang. Im folgenden Fall nahmen die Eltern prinzipiell richtig an, selbst am besten zu wissen, was sie ihren Kindern schenken. Dass dies jedoch nicht ganz so einfach ist, meinte nicht nur das Grundbuchamt, sondern im Anschluss auch das Berliner Kammergericht (KG).

An zwei Minderjährige sollte von den Eltern ein vermietetes Mehrfamilienhaus überschrieben werden. Das Grundbuchamt hatte allerdings für die Übertragung der Miteigentumsanteile die Hinzuziehung eines Ergänzungspflegers für erforderlich gehalten. Der sollte nämlich die minderjährigen Kinder vertreten und somit vor Schäden schützen. Die Eltern sahen das jedoch gar nicht ein und zogen gegen die Entscheidung des Grundbuchamts vor das Gericht – vergeblich.

Veräußert der Alleineigentümer eines Grundstücks einen Miteigentumsanteil an einen Dritten, tritt dieser neben dem Veräußerer in die bestehenden Mietverhältnisse ein. Das Grundbuchamt hat in Augen des KG zu Recht für die Übertragung der Miteigentumsanteile die Genehmigung durch einen noch zu bestellenden Ergänzungspfleger für erforderlich gehalten. Denn der Erwerb eines vermieteten Grundstücks ist rechtlich nicht immer nur vorteilhaft. Es besteht eine hinreichend konkrete Möglichkeit, dass Minderjährige auch mit Pflichten aus einem Mietvertrag belastet werden können.

Hinweis: Bei der Grundstücksübertragung ist der Minderjährigenschutz zu beachten, denn ein zehnjähriges Kind wird nachvollziehbarerweise kaum seinen Vermieterpflichten nachkommen können.

Quelle: KG Berlin, Urt. v. 15.12.2020 – 1 W 1461/20

Thema: Mietrecht

Entspannung trotz Abrissbirne? Massagesalon bekommt Mietminderung wegen Baulärms zugesprochen

Zum Leid vieler Menschen sind Klagen um Geräuschbelästigungen im nahen Umfeld rechtlich gesehen oftmals nur „viel Lärm um nichts“. Dass Baulärm jedoch durchaus Grund zur Minderung der Gewerbemiete geben kann, zeigt der folgende Fall des Berliner Kammergerichts (KG).

Mieter hatten Gewerberäume zur Nutzung als „Thai-Massagesalon“ gemietet. Dann ließ der Nachbar auf seinem Grundstück das vorhandene Gebäude abreißen und ein neues Gebäude errichten. Die Arbeiten dauerten ca. ein Jahr. Dafür verlangten die Mieter von ihrem Vermieter eine Mietrückzahlung in Höhe von 7.000 EUR für eine Mietminderung von 20 %. Schließlich klagten sie das Geld ein. Und damit lagen sie auch in den Augen des KG richtig.

Lärm und Erschütterungen von einer benachbarten Baustelle können im Hinblick auf den mietvertraglichen vereinbarten Nutzungszweck einen Mangel der Mietsache begründen, ohne dass es auf Abwehr- oder Entschädigungsansprüche des Vermieters gegen den Bauherrn ankommt. Die von den Mietern geltend gemachte Minderung um 20 % während der Abriss- und Neubauarbeiten am Nachbargebäude ist für den Zeitraum der Abriss-, Tiefbau- und Rohbauarbeiten berechtigt. Denn das Mietobjekt wurde von dem Bauvorhaben gravierend betroffen.

Hinweis: Egal, woher der Lärm auch kommt, stets sollten Betroffene ein genaues Protokoll führen, wann welche Lärmbelästigungen exakt aufgetreten sind.

Quelle: KG Berlin, Urt. v. 17.09.2020 – 8 U 1006/20

Thema: Mietrecht

Vererbung eines Gesellschaftsanteils: Zum Nachweis der Rechtsnachfolge im Handelsregister ist im Zweifel ein Erbschein vorzulegen

Bei der Vererbung von Gesellschaftsanteilen gelten einige Sonderregelungen, da hier nicht nur erbrechtliche Vorschriften, sondern auch solche aus dem Gesellschaftsrecht zu beachten sind. Wurde der Anteil wirksam vererbt, muss dies ins Handelsregister eingetragen werden, wofür die Erbfolge – wie beim Grundbuch auch – nachgewiesen werden muss. Wie genau diese Erfolge nachzuweisen ist, musste kürzlich das Kammergericht Berlin (KG) klarstellen.

Ein Verstorbener war Kommanditist einer Gesellschaft. Seine Erben beantragten beim Handelsregister nach dessen Tod ihre Eintragung und legten zum Nachweis der Erbfolge Eröffnungsniederschriften des Notariats vor. Das Registergericht lehnte die Eintragung jedoch ab und wies darauf hin, dass zum Nachweis der Erbenstellung die eingereichten Erbverträge und das Eröffnungsprotokoll nicht ausreichend seien. Es müsse vielmehr ein Erbschein eingereicht werden, da die Erbquoten unklar seien. Dagegen gingen die Erben gerichtlich vor.

Das KG führte aus, dass die Nachfolge durch Vorlage von öffentlichen Urkunden gegenüber dem Registergericht nachzuweisen ist. Der Nachweis einer Erbenstellung erfolgt dabei regelmäßig durch die Vorlage eines Erbscheins, ist aber auch durch die Vorlage der öffentlich beurkundeten Verfügungen von Todes wegen mit den entsprechenden Eröffnungsprotokollen möglich. Letzteres ist jedoch nur der Fall, wenn sich die Rechtsnachfolge aus den Urkunden ergibt, ohne dass weitere tatsächliche Ermittlungen erforderlich sind. Im vorliegenden Fall ergab sich aus dem Erbvertrag jedoch nicht der genaue Erbanteil, so dass eine Auslegung hier durchaus erforderlich war.

Hinweis: Der Gesellschaftsanteil eines Kommanditisten ist grundsätzlich vererblich, wobei dies durch den Gesellschaftsvertrag beschränkt oder ausgeschlossen werden kann. Nach den gesetzlichen Bestimmungen ist jede Änderung der Rechtsinhaberschaft eines Gesellschaftsanteils zum Handelsregister anzumelden.

Quelle: KG Berlin, Beschl. v. 23.07.2018 – 22 W 17/18

Thema: Erbrecht

Karitative Erben: Ist ein Testament formwirksam, darf darin auf eine nicht unterzeichnete Liste verwiesen werden

Bei der Errichtung von eigenhändigen Testamenten gibt es immer wieder Schwierigkeiten, weil ihre Wirksamkeit in Frage gestellt wird. Um wirksam zu sein, muss der Erblasser das Schriftstück beispielsweise eigenhändig schreiben und unterschreiben. Das Erfordernis einer solchen Niederschrift bedeutet aber nicht, dass in einem formwirksamen Testament nicht auf andere Schriftstücke Bezug genommen werden kann.

Eine Frau verfasste ein eigenhändiges Testament, das sie auch unterschrieb. Darin bestimmte sie, dass mildtätige Organisationen ihre Erben werden sollten. Diese Organisationen waren in einer Liste aufgeführt, die als Anlage zu einem früheren Testament bei einem Rechtsanwalt verwahrt wurde. Diese Liste war jedoch nicht von der Frau unterschrieben.

Das Gericht sah das Testament durchaus als wirksam an. Es stellte klar, dass es zulässig ist, auf andere Schriftstücke zu verweisen, solange das Testament selbst formwirksam und aus sich heraus verständlich ist. Das Gericht sah die Bezeichnung „mildtätige Organisationen“ als ausreichend bestimmt an und ging davon aus, dass die Liste, auf die Bezug genommen wurde, nur die Auslegung des bereits formgültig erklärten Willens war.

Hinweis: Um Streitigkeiten zu vermeiden, sollten eigenhändige Testamente möglichst nicht in ungewöhnlicher Form, also etwa auf unüblichem Papier, abgefasst werden. Wichtig ist zudem, dass sie klar und bestimmt sind, so dass ohne weiteres nachvollziehbar ist, wer Erbe werden soll. Bei größeren Vermögen empfiehlt es sich, ein notarielles Testament zu errichten, um Beweisschwierigkeiten zu vermeiden.

Quelle: KG Berlin, Beschl. v. 13.12.2017 – 26 W 45/16

zum Thema: Erbrecht

Notrufsäulen oder Fußgängeraufkommen: Es braucht Gründe für eine Glättesicherung über einen mittig gestreuten Gehwegstreifen hinaus

Dieses Urteil gibt Haus- und Grundstückseigentümern sowie Mietern, die für den Winterdienst verantwortlich sind, Hoffnung.

Vor einem Nobelhotel in Berlin kam ein Geschäftsmann bei Glatteis zu Fall und verletzte sich schwer. Er forderte wegen Verletzung der Räum- und Streupflichten zunächst ein Schmerzensgeld von 10.000 EUR, hielt aber insgesamt ein Schmerzensgeld von 75.000 EUR für angemessen. Außerdem meinte er, aufgrund des Unfalls nicht in der Lage gewesen zu sein, ein Darlehen über 200.000 EUR aufzunehmen, das kurzfristig zu einem Ertrag über 2 Mio. EUR und im weiteren Verlauf zu einer Ausschüttung von 35 Mio. EUR geführt hätte. Schließlich zog er vor Gericht.

Das Kammergericht Berlin urteilte allerdings, dass es Schadensersatz nach einem Glatteisunfall nur dann gibt, wenn der Geschädigte in einem Bereich gestürzt ist, für den eine Räum- und Streupflicht bestand. Den Anlieger einer Straße trifft nur die Pflicht, den Gehweg auf einem mittigen Streifen von ca. 1,5 m Breite zu räumen bzw. mit abstumpfenden Mitteln zu streuen. Einrichtungen (z.B. Notrufsäulen oder Parkscheinautomaten), die es erfordert hätten, darüber hinaus zu streuen, gab es nicht. Da es sich ferner nicht um den Haupteingang des Fünf-Sterne-Hotels handelte, sprach auch kein erhöhtes Fußgängeraufkommen für eine Erweiterung des gestreuten/geräumten Bereichs. Hier konnte das Gericht daher nicht feststellen, dass der Geschäftsmann in dem Bereich gestürzt war, für den eine Streupflicht bestand.

Hinweis: Grundstückseigentümer sowie zum Winterdienst verpflichtete Mieter sollten ihre genauen Pflichten vor Einbruch des nächsten Schneechaos in Ruhe prüfen. Es muss sicherlich nicht überall und alles geräumt und gestreut sein. Jeder Fall und jedes Grundstück sind dabei gesondert zu betrachten.

Quelle: KG Berlin, Urt. v. 07.11.2017 – 4 U 113/15

zum Thema: Mietrecht

„Wir schließen!“ Kammergericht genehmigt im Eilverfahren Räumungsverkauf trotz unklarer Kündigungslage

Nachdem Bauverzögerungen in einer Einkaufspassage bekannt wurden, zog sich eine Gewerbemieterin aus dem Mietverhältnis zurück und eröffnete ihren Räumungsverkauf. Ob sie einen solchen Verkauf starten darf, wenn die Vermieterin der Meinung ist, dass das Mietverhältnis nicht ordentlich gekündigt wurde, mussten die Berliner Gerichte klären.

Laut Mietvertrag war das Ende der Mietzeit mit Mai 2017 erreicht. Doch die Parteien schlossen einen Nachtrag ab, wonach das Einkaufszentrum innerhalb von max. zwölf Monaten renoviert werde, die Mietfläche reduziert werden und die Mietzeit weitere zehn Jahre nach Abschluss des Umbaus betragen sollte. Als der Mieterin jedoch bekannt wurde, dass der Umbau erst ein Jahr später beginnen und gut 14 Monate dauern sollte, kündigte sie das Mietverhältnis fristlos und führte im Juli 2017 einen Räumungsverkauf durch, den sie mit dem Hinweis „Wir schließen!“ bewarb. Die Vermieterin war jedoch der Meinung, dass das Mietverhältnis durchaus noch bestünde, und zog im Eilverfahren vor das Landgericht Berlin. Dieses gab dem Antrag statt.

Das Kammergericht (KG) war nun jedoch der Meinung, dass der Räumungsverkauf der Mieterin nicht untersagt werden darf. Seiner Ansicht nach bestand für die Vermieterin keinerlei Anlass, dass die Mieterin den unstreitig bereits mit Mai beendeten schriftlichen Hauptmietvertrag stillschweigend auf unbestimmte Zeit fortsetzen wolle. Die Mieterin hatte ihre Vermieterin sogar mehrfach aufgefordert, die Umbauarbeiten bis Ende Juni fertigzustellen.

Die Mieterin durfte ihren Räumungsverkauf also durchführen. Ob ihre außerordentliche Kündigung des Anschlussmietvertrags wirksam war, ließ das KG in dem Eilverfahren offen.

Hinweis: Langfristige Mietverträge können schnell dazu führen, dass die wirtschaftliche Existenz bedroht ist. Deswegen muss vor dem Abschluss solcher Verträge intensiv geprüft werden, ob sich das Vorhaben auch finanziell wirklich rechnet. Und bei der Prüfung der Verträge kann ein Rechtsanwalt behilflich sein.

Quelle: KG Berlin, Urt. v. 16.10.2017 – 8 U 135/17

Thema: Mietrecht

Welches Testament gilt? Der Widerruf eines Testaments per E-Mail ist unwirksam

Häufig ändern sich im Laufe des Lebens die Vermögensverhältnisse und familiären Beziehungen, so dass auch eine Änderung von letztwilligen Verfügungen notwendig wird. Dabei kann es jedoch dazu kommen, dass ältere Testamente übersehen oder diese nicht formgerecht widerrufen oder geändert werden.

Ein Mann verfasste im Jahr 2010 ein handschriftliches Testament und ersetzte dieses im Jahr 2011 durch ein neues handschriftliches Testament. In beiden Testamenten setzte er einen Testamentsvollstrecker ein, den er im Jahr 2012 telefonisch bat, das Testament zu vernichten, da er zu diesem Zeitpunkt alle seine Immobilien bis auf eine veräußert hatte. Der Testamentsvollstrecker vernichtet daraufhin nur das Testament aus dem Jahr 2010, da er von dem aus dem Jahr 2011 nichts wusste. Dieses hatte der Mann beim Nachlassgericht hinterlegt. Im Jahr 2013 teilte der Mann dem Testamentsvollstrecker dann per E-Mail mit, dass er nun auch seine letzte Wohnung überschrieben und somit nichts mehr von Wert zu vererben habe. Für den Rest gehe er von der gesetzlichen Erbfolge aus.

Das Gericht entschied, dass das Testament aus dem Jahr 2011 weiterhin gültig ist. Es wies darauf hin, dass die E-Mail von 2013 kein neues eigenhändiges Testament ist, da sie nicht eigenhändig ge- und unterschrieben war. Die E-Mail ist auch inhaltlich keine Widerrufserklärung, da der Erblasser den Testamentsvollstrecker bereits im Jahr 2012 angewiesen hatte, das bei ihm verwahrte Testament zu vernichten, was er auch getan hatte. Das Testament aus dem Jahr 2011 war nicht in seinem Besitz, so dass er dieses gar nicht vernichten konnte.

Hinweis: Ein eigenhändiges Testament kann grundsätzlich zu Lebzeiten des Erblassers jederzeit widerrufen oder geändert werden. Das kann durch einen reinen Widerruf erfolgen, durch die Errichtung eines neuen Testaments oder durch die Vernichtung der alten Testamentsurkunde. Bei der Errichtung eines neuen Testaments empfiehlt es sich, darin alle vorherigen Testamente zu widerrufen und sämtliche Schriftstücke zu datieren, so dass sich keine Unklarheiten ergeben.

Quelle: KG Berlin, Beschl. v. 15.04.2016 – 6 W 64/15
Thema: Erbrecht

Gemeinschaftliches Testament: Bindungswirkung verfällt bei Vorversterben des Schlusserben

Bei gemeinschaftlichen Testamenten ist der überlebende Ehegatte an die (wechselseitigen) Bestimmungen im Testament gebunden und kann nach dem Tod des Partners nicht mehr frei über sein Vermögen verfügen. Daraus ergeben sich in der Praxis häufig Probleme.

Ein Ehepaar hatte sich in einem gemeinschaftlichen Testament gegenseitig zu Alleinerben und die gemeinsamen Kinder als Schlusserben eingesetzt. Nach dem Tod der Ehefrau verfasste der Mann jedoch ein neues Testament, in dem er die gemeinsamen Kinder enterbte und seinen Bruder sowie ein Tierheim bedachte. Der Sohn verstarb vor dem Vater, so dass dessen Schwester nach dem Tod des Vaters geltend machte, Alleinerbin zu sein.

Das Gericht wies darauf hin, dass der überlebende Ehegatte nach dem Tod des anderen Ehegatten auch an die Schlusserbeneinsetzung gebunden ist und diese somit nicht eigenmächtig abändern kann. Im vorliegenden Fall war jedoch der Schlusserbe – also der Sohn – bereits verstorben. Das Gericht kam daher zu dem Schluss, dass im Testament für diesen Fall keine Regelung getroffen worden war und auch nicht die Abkömmlinge des Sohns automatisch an dessen Stelle treten. Der Erblasser kann vielmehr über den frei gewordenen hälftigen Erbteil (aber auch nur über diesen) gänzlich neu verfügen und somit die Tochter hinsichtlich dieses Erbteils enterben. Bezüglich des anderen Erbteils ist er jedoch an die Bestimmungen aus dem gemeinschaftlichen Testament gebunden, so dass die Tochter ein Anrecht auf diesen Teil hat.

Hinweis: Für den Fall, dass der eigentlich vorgesehene Erbe verstirbt oder das Erbe ausschlägt, empfiehlt es sich, in gemeinschaftlichen Testamenten auch Regelungen zu Ersatzerben aufzunehmen. Andernfalls gilt die gesetzliche Erbfolge, was unter Umständen nicht dem Willen der Erblasser entspricht. Im (seltenen) Fall, dass alle Schlusserben ausfallen, ist der überlebende Ehegatte jedoch von der Bindungswirkung des gemeinschaftlichen Testaments befreit und kann wirksam ein neues Testament errichten.

Quelle: KG Berlin, Beschl. v. 19.12.2014 – 6 W 155/14
Thema: Erbrecht

Allgemeine Geschäftsbedingungen: Die Vertragklauseln sind nur gültig, wenn sie allgemeinverständlich sind

Allgemeine Geschäftsbedingungen müssen aufgrund ihrer Bedeutung verständlich sein.

Eine Verbraucherzentrale klagte gegen die Geschäftsbedingungen des Instant-Messaging-Dienstes WhatsApp. Jeder, der WhatsApp nutzen möchte, muss sich naturgemäß zunächst registrieren und den Nutzungsbedingungen und der Datenschutzrichtlinie zustimmen. Beides war allerdings in englischer Sprache verfasst und mit Fachausdrücken versehen. Daher hielt der Verbraucherverband die Vertragsklauseln für unwirksam und klagte unter anderem auf die Unterlassung der Verwendung von nicht in deutscher Sprache verfügbaren allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB).

Das Kammergericht Berlin stimmte dem Verbraucherverband zu. Die AGB waren unwirksam. Kein Kunde muss einem umfangreichen und komplexen Regelwerk mit vielen Klauseln, das nur in einer fremden Sprache vorliegt, zustimmen.

Hinweis: Sobald ein Unternehmen auf seine AGB hinweist, sollte geprüft werden, ob diese überhaupt Bestandteil des Vertrags geworden und allgemeinverständlich sind und weder überraschend noch einseitig benachteiligen.

Quelle: KG Berlin, Urt. v. 08.04.2016 – 5 U 156/14
Thema: Sonstiges