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Schlagwort: Kindesunterhalt

Unwissenheit schützt nicht: Unterhaltsschulden können lange vollstreckt werden

Wer nicht rechtzeitig etwas sagt, der kriegt auch nichts! So zusammengefasst verhält es sich oftmals, wenn Ansprüche verjährt sind. Im Folgenden musste das Oberlandesgericht Bremen (OLG) klären, ob es bei titulierten Kindesunterhaltsansprüchen einen für eine solche Verwirkung erforderlichen Zeitmoment gibt. Sprich: Erledigen sich Ansprüche aus einem derartigen Titel, wenn der Gläubiger sie nicht einfordert – und wenn ja, ab wann?

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Keine Unterhaltsvorschussleistungen: Ab 40 % Mitbetreuung durch anderen Elternteil gilt man nicht mehr als alleinerziehend

Wenn ein getrenntlebender Elternteil keinen Kindesunterhalt zahlt, springt die Unterhaltsvorschusskasse (UVK) beim Jugendamt ein. Allerdings gibt es diesen Vorschuss nur für Alleinerziehende – ein Zusammenleben der Eltern oder auch eine erneute Heirat schließen den Anspruch aus. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) musste kürzlich in einem Fall entscheiden, ob eine Mutter überhaupt als „alleinerziehend“ einzuordnen ist.

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Wer mehr betreut, zahlt weniger: Gesetzgebungsvorschlag zum Kindesunterhalt bei asymmetrischem Wechselmodell

Das Bundesjustizministerium hat im August 2023 ein Eckpunktepapier zur Reform des Unterhaltsrechts vorgelegt. Reformbedarf besteht, weil die bisherige „Düsseldorfer Tabelle“ als Normalfall vor Augen hat, dass nach einer Trennung ein Elternteil den Lebensmittelpunkt für die Kinder bietet (bisher klassisch: die Mutter) und der andere nur ein Umgangsrecht ausübt (bisher klassich: der Vater). In den letzten Jahren mehrten sich aber die Fälle, in denen auch nach der Trennung beide Elternteile die Alltagsbetreuung ausüben – sogar bis hin zu einer hälftigen Teilung. Da die Lösungen der Rechtsprechung in diesem sogenannten „asymmetrischen Wechselmodell“ uneinheitlich und oft ungerecht sind, will die Politik mit der Reform eine partnerschaftliche Betreuung minderjähriger Kinder fördern und die Betreuungsleistungen beider Eltern angemessen berücksichtigen. Das nun vorliegende Eckpunktepapier soll ein Anfang der Debatte sein.

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Verfahrenskostenhilfe verweigert: Eine solvente Mutter muss die Unterhaltsklage ihres Kindes gegen den Vater finanzieren

Wenn ein Kind seinen Vater auf Unterhalt verklagen muss, wird es rechtlich meist von seiner Mutter vertreten. Ob diese zu diesem Zweck Verfahrenskostenhilfe für ihr Kind beantragen kann, musste im Folgenden das Oberlandesgericht Brandenburg (OLG) entscheiden.


Ein bei der Mutter lebendes minderjähriges Kind verlangte – vertreten durch seine Mutter – Kindesunterhalt vom Vater. Da dieser nicht zahlen wollte, ging das Kind gerichtlich gegen ihn vor. Wegen der Verfahrenskosten beantragte es Verfahrenskostenhilfe, also die Übernahme der Kosten durch die Staatskasse – jedoch vergeblich.

Die Ablehnung durch das OLG hatte nichts mit der Frage der Erfolgsaussichten des Unterhaltsbegehrens zu tun. Eine solche Abwägung ist bei der Entscheidung zu Verfahrenskostenhilfen regelmäßig ausschlaggebend. Vielmehr entschied das Gericht aus einem anderen Grund zuungunsten des Kindes. Ein Ehegatte muss die Kosten eines Rechtsstreits gesetzlich finanzieren, den der andere in einer persönlichen Sache führen will, aber nicht zahlen kann. Und genau diese Regelung wird auf minderjährige Kinder auch angewendet. Lebt das minderjährige Kind wie in diesem Fall bei seiner ausreichend vermögenden Mutter, hat diese den Rechtsstreit ihres Kindes auch vorrangig vor der Staatskasse zu übernehmen.

Hinweis: Wäre die Mutter vermögenslos, stattdessen aber der Vater entsprechend solvent, hätte er nicht nur den geforderten Unterhalt zu zahlen, sondern auch von vornherein die Kosten des gerichtlichen Verfahrens gegen sich selbst zu tragen – eine durchaus skurril anmutende Besonderheit des Unterhaltsrechts.

Quelle: OLG Brandenburg, Beschl. v. 12.11.2018 – 13 UF 119/18

Thema: Familienrecht

Paritätisches Wechselmodell: Auch bei der Kindergeldzahlung zählen in erster Hinsicht Kindeswohlgesichtspunkte

Kindergeld wird gesetzlich geregelt immer nur an einen Elternteil ausbezahlt. Den Anspruch darauf hat der Elternteil, in dessen Haushalt das Kind lebt. Wie sich diese Regel beim paritätischen Wechselmodell verhält, in dem die Kinder hälftig beim einen und hälftig beim anderen Elternteil leben, zeigt die folgende Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle.

In dem Fall lebten die Kinder seit der Trennung ihrer Eltern je hälftig bei der Mutter und beim Vater. Kein Elternteil zahlte dem anderen Kindesunterhalt, sondern jeder versorgte die Kinder und übernahm auch alle Zahlungen während der Zeit, in der die Kinder bei ihm waren. In Sachen Kindergeld konnten sich die Eltern jedoch nicht so einfach einigen: Der Mann machte geltend, das Kindergeld sei ihm auszubezahlen, weil die beiden Eltern zwar in etwa gleich hohe Einkünfte hätten, er aber wirtschaftlich mehr für die Kinder leiste, das heißt, per saldo mehr zahle.

Dennoch entschied das Gericht, dass das Kindergeld an die Kindesmutter auszuzahlen ist – es bestimmte sie also zur Kindergeldbezugsberechtigten. Nach der maßgeblichen Regelung aus dem Einkommensteuergesetz ist die Entscheidung eine Ermessensentscheidung. Bei der Ermessensentscheidung stellte das Gericht nicht darauf ab, welcher Elternteil die höhere wirtschaftliche Belastung für die Kinder trage. Vielmehr ist hier entscheidend, welcher Elternteil die größere Gewähr dafür bietet, dass das Kindergeld auch tatsächlich zum Wohl des Kindes eingesetzt werde. Beim Vater unterstellte das Gericht aufgrund seines Verhaltens, dass er sich mehr unter Bezug auf seine formale Position als unter Kindeswohlgesichtspunkten um den Kindergeldbezug streite. Entscheidend bezog sich das Gericht dann aber vor allem darauf, dass bereits in der Zeit des ehelichen Zusammenlebens die Frau das Kindergeld erhalten hatte, der Mann danach nur wenige Monate. Aus Gründen der Kontinuität steht das Kindergeld deshalb der Frau zu.

Hinweis: Seit dem 01.01.2018 kann Kindergeld rückwirkend nur für maximal sechs Monate verlangt werden. Wenn wegen des Streits um den Kindergeldbezug kein Kindergeld bis zu dessen Beilegung ausbezahlt wird, sollte der Streit also rasch beendet werden. 
  
  

Quelle: OLG Celle, Beschl. v. 25.05.2018 – 19 UF 24/18

Thema: Familienrecht

Berufsbedingte Aufwendungen: Unterhaltspflichtiger Vater muss sich nicht an den Betreuungskosten für Tagesmutter beteiligen

Hat ein Elternteil nach Trennung und Scheidung Kosten, um die Kinder in der Zeit durch einen Dritten betreuen zu lassen, in der er zum Beispiel arbeitet, so stellt sich die Frage: Wie fließen diese Kosten in die Unterhaltsrechnung ein? Handelt es sich um für die Kinder anfallenden Mehrbedarf oder um berufsbedingte Aufwendungen des Elternteils, der so in die Lage versetzt ist, erwerbstätig sein zu können?

Diese Frage war offen und wurde vom BGH nunmehr entschieden. Worum geht es genauer? Die Kindesmutter hat ihre Kinder bei sich und betreut sie, der Vater zahlt Unterhalt. Die Kindesmutter beschäftigt eine Tagesmutter, die die Kinder von der Schule abholt, ihnen Essen macht, die Hausaufgabenbetreuung übernimmt und teilweise auch Hausarbeiten erledigt. Sie erhält dafür 450 EUR pro Monat. Die Mutter zahlt zudem 128 EUR an die Minijob-Zentrale. Einen eigenen Unterhaltsanspruch hat die Mutter nicht gegenüber dem geschiedenen Mann. Sie macht geltend, er habe sich an den monatlichen Kosten von zusammen 578 EUR zu beteiligen.

Sind die Kosten als Mehrbedarf der Kinder anzusehen, so wird der Vater an ihnen beteiligt, weil er Kindesunterhalt schuldet. Stellen die Kosten berufsbedingte Aufwendungen der Mutter dar, so ist dies nicht der Fall, da er der Mann seiner geschiedenen Frau gegenüber nicht (mehr) unterhaltspflichtig ist.

Der BGH hat sich für den zweiten Weg entschieden. Grundsätzlich sei ein Elternteil den Kindern gegenüber bar- und der andere naturalunterhaltspflichtig. Hier habe der Vater zu zahlen und die Frau zu betreuen. Wie die Frau es organisiere, die Betreuung zu gewährleisten und berufstätig zu sein, sei ihre Sache. Schalte sie wie geschehen eine Tagesmutter ein, so tue sie dies, um trotz bestehender Betreuungspflicht berufstätig sein zu können. Deshalb seien diese Kosten berufsbedingte Aufwendungen.

Hinweis: Hat der betreuende Elternteil noch einen eigenen Unterhaltsanspruch, so sind die Auswirkungen der hier vorgestellten Gerichtsentscheidung deutlich weniger gravierend. 
  
 
Quelle: BGH, Beschl. v. 04.10.2017 – XII ZB 55/17

Thema: Familienrecht

Betreuungsleistung entfällt: Mit Eintritt in die Volljährigkeit muss der Unterhalt des Kindes neu berechnet werden

Trennen sich Ehegatten, ist unter anderem der Kindesunterhalt zu regeln. Meist sind die Kinder zu diesem Zeitpunkt noch minderjährig. Der Elternteil, bei dem die Kinder leben, leistet seinerseits den Unterhaltsbeitrag durch die Betreuung der Kinder, der andere Teil zahlt. Was passiert, wenn die Kinder volljährig werden und der Betreuungsbedarf entfällt?

 

Im Gesetz ist geregelt, dass die Betreuung eines minderjährigen Kindes durch einen Elternteil den gleichen Wert hat wie die Zahlung von Unterhalt. Das bedeutet, dass es beim minderjährigen Kind zumeist nicht darauf ankommt, was der betreuende Elternteil verdient – der Unterhalt wird allein anhand der Einkünfte des unterhaltspflichtigen Elternteils bestimmt. Mit Eintritt der Volljährigkeit entfällt jedoch gemäß Gesetz der Betreuungsunterhalt. Das bedeutet, dass ab diesem Zeitpunkt beide Elternteile zur Zahlung von Unterhalt heranzuziehen sind. Etwa noch erfolgende Betreuungsleistungen sind nicht mehr zu beachten.

Aus diesem Grund hat mit Eintritt der Volljährigkeit eine Neubestimmung des Kindesunterhalts zu erfolgen. Etwa vorher erfolgte Unterhaltstitulierungen – sei es in der Form von Jugendamtsurkunden oder in der Form gerichtlicher oder sonstiger Beschlüsse – verlieren nicht ihre Gültigkeit. Es können aber deren Überprüfung sowie etwaige Änderung verlangt werden. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einer Ende 2016 verkündeten Entscheidung ausdrücklich klargestellt.

Es ist dabei laut BGH die Aufgabe des unterhaltsberechtigten und jetzt volljährigen Kindes, die Höhe des Einkommens jenes Elternteils darzulegen und zu beweisen, der bisher wegen der Betreuung keinen Unterhalt zahlen musste. Das gilt unabhängig davon, ob das Kind nach Eintritt der Volljährigkeit mehr Unterhalt für sich in Anspruch nehmen oder der bisher allein zahlungspflichtige Elternteil geltend machen möchte, ab sofort weniger Unterhalt zahlen zu müssen.

Hinweis: Wegen weiterer Unterschiede zwischen dem für Minderjährige oder Volljährige zu zahlenden Unterhalts ist es ratsam, rechtzeitig fachkundigen Rat einzuholen.

Quelle: BGH, Beschl. v. 07.12.2016 – XII ZB 422/15

Thema: Familienrecht

Der unbekannte Liebhaber: Ein Hotelier darf Auskünfte zur Ermittlung eines Kindesvaters verweigern

Eine Affäre kann ungewollte Folgen haben: Wird ein Kind gezeugt und geboren, entstehen Unterhaltspflichten. Erst einmal muss aber klar sein, wer der Vater des Kindes ist. Was, wenn dieser nicht bekannt ist und sich auch nicht ohne weiteres ermitteln lässt?

Mit dieser Frage hatte sich das Amtsgericht München auseinanderzusetzen. Die Frau und spätere Kindesmutter stieg mit einem Mann, von dem ihr nur der Vorname Michael bekannt war, für drei Nächte in einem von ihm gemieteten Hotelzimmer ab. Danach gingen beide wieder ihrer Wege, Telefonnummern oder Ähnliches wurden nicht ausgetauscht. Als die Frau daraufhin schwanger wurde, wollte sie „Michael“ nach der Geburt auf Kindesunterhalt in Anspruch nehmen und verklagte den Hotelbetreiber auf Bekanntgabe des vollständigen Namens nebst Adresse. Dieser weigerte sich. Im fraglichen Zeitraum hätten vier Hotelgäste mit dem Vornamen ein Zimmer gebucht. Es sei indiskret, die Daten aller vier Männer bekanntzugeben.

Dem Hotelbetreiber wurde Recht gegeben. Zwar hat die Frau ein berechtigtes Interesse daran, den Namen des Vaters ihres Kindes zu erfahren. Diesem Interesse steht aber das schutzwürdige Interesse der Betroffenen gegenüber, das zu wahren ist und im Zweifel den Vorrang hat. Die Betroffenen – das heißt die Hotelgäste – haben ein Recht auf informationelle Selbstbestimmung und damit allein die Befugnis, zu bestimmen, welche persönliche Daten der Hotelbetreiber an Dritte weitergeben darf. Damit verbunden ist auch das Recht auf Achtung der Privat- und Intimsphäre – das heißt hier das Recht, selber zu entscheiden, inwieweit geschlechtliche Beziehungen offenbart werden. Dieses Recht hat der Hotelbetreiber zu berücksichtigen, weshalb er Recht daran tat, die Daten seiner Hotelgäste nicht weiterzugeben.

Hinweis: Sobald eine Frau mehr als nur eine Nacht mit dem ihr sonst unbekannten Mann verbringt, ohne mehr als nur dessen Vornamen zu kennen, hat sie im Folgefall das Nachsehen. Dritte können nicht zur Mitwirkung eingespannt werden, um das Informationsdefizit zu beseitigen.   

Quelle: AG München, Urt. v. 28.10.2016 – 191 C 521/16

Thema: Familienrecht

Abitur-Lehre-Studium-Fälle: Nach Lehrabschluss ist ein Unterhaltsanspruch zur weitergehenden Ausbildung möglich

Der Anspruch auf Kindesunterhalt besteht bis zum Abschluss einer angemessenen Ausbildung des Kindes. Was aber ist als angemessene Ausbildung anzusehen bzw. wie viel Ausbildung ist zu bezahlen?

Mit dieser Frage hatte sich der Bundesgerichtshof (BGH) auseinanderzusetzen. Eine Tochter absolvierte nach dem Abitur eine Ausbildung zur Bankkauffrau. Sie schloss das Studium der Wirtschaftspädagogik an, um Lehrerin an einer berufsbildenden Schule zu werden. Als allgemeines Schwerpunktfach wählte sie die katholische Theologie mit dem Studienziel „Bachelor of Science“, um danach noch im Master-Studiengang den „Master of Education“ machen.

Fälle wie dieser gehören in die Rubrik „Abitur-Lehre-Studium-Fälle“. In diesen Konstellationen ist Unterhalt für die Zeit des Studiums von den Eltern (weiter) zu zahlen, wenn die einzelnen Ausbildungsabschnitte in engem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang stehen und sich sinnvoll ergänzen. Dazu, so der BGH, reicht es aus, wenn die praktische Ausbildung eine sinnvolle und nützliche Vorbereitung für das gewählte Studium ist oder die beiden Ausbildungen sich fachlich ergänzen bzw. eine Weiterführung oder Vertiefung bedeuten. Für den zur Entscheidung anstehenden Fall stellte sich die Frage, ob der Schwerpunkt katholische Theologie gegen den Zusammenhang bzw. die Einheit spreche.

Der BGH meinte, dass dies nicht unbedingt so zu sehen ist. Im Schwerpunktbereich würde nur ein Drittel der Leistungspunkte vergeben, im Fachbereich der Wirtschaftswissenschaften dagegen nahezu die Hälfte. Etliche Einzelheiten des Falls waren hier aber noch zu unklar, woraufhin der BGH diesen Fall deshalb nicht abschließend entschied, sondern die Sache zur weiteren Behandlung an das Vorgericht zurückverwies.

Hinweis: Tendenziell scheint der BGH seine bisher eher strenge Rechtsprechung zu lockern, wonach nur ganz ausnahmsweise nach Abschluss einer praktischen Ausbildung ein Unterhaltsanspruch für ein Studium besteht. Darauf haben sich Eltern künftig einzustellen.

Quelle: BGH, Beschl. v. 08.03.2017 – XII ZB 192/16
Thema: Familienrecht

Elternunterhalt: Einfluss der Erziehung des eigenen Kindes auf zu zahlenden Elternunterhalt

Die Bestimmung des an die eigenen Eltern zu zahlenden Unterhalts erfolgt nach besonderen Regeln. Wenn Kinder für ihre unterhaltsbedürftigen Eltern Unterhalt zu zahlen haben, sind die eigenen Kinder – also die Enkel der Unterhaltsbedürftigen – im Regelfall erwachsen und nicht mehr auf Unterhalt angewiesen. Was aber, wenn man doch gleichzeitig für ein Kind und die Eltern zu sorgen hat?

Dazu hat der Bundesgerichtshof (BGH) nun eine Entscheidung getroffen. Eine Tochter wurde auf Unterhalt für ihren Vater in Anspruch genommen, als dieser im Pflegeheim war. Die Frau selbst war alleinerziehende Mutter eines zwölfjährigen Sohns und vollschichtig erwerbstätig. Sie machte daher geltend, dass es zu ihren Gunsten zu berücksichtigen sei, dass sie sowohl arbeite als auch einen nicht unerheblichen Zeitaufwand in die Betreuung des Sohns investiere.

Der BGH hat in dieser Frage nun folgenden Weg eingeschlagen, um zu einer ausgewogenen Lösung zu finden: Zuerst ist zu ermitteln, was der Kindesvater und die Kindesmutter zusammengerechnet verdienen. Aus diesem addierten Einkommen ist anhand der Düsseldorfer Tabelle der Kindesunterhalt zu bestimmen, von dem dann noch die Hälfte des staatlichen Kindergeldes abzuziehen ist. Diese Summe ist dann dem Betrag gegenüberzustellen, den der Kindesvater allein auf der Basis seiner Einkünfte (ebenso unter Abzug des halben Kindergeldes) zu zahlen hat. Die Differenz zwischen dem gemeinsamen Betrag und dem, den der Vater allein bestreitet, kann die Mutter dann von ihrem Einkommen abziehen, bevor der Elternunterhalt bestimmt wird. Dass die Kindesmutter ihr Kind betreut, ist dagegen bei der Unterhaltsbestimmung nicht zu berücksichtigen. Die tatsächliche Betreuung wird nämlich nicht monetarisiert – kann also nicht in Geld umgewandelt und in diesem Fall somit auch nicht an- bzw. bei der Ermittlung des Elternunterhalts abgerechnet werden.

Hinweis: Ergänzend weist das Gericht darauf hin, dass jemand, der ein Kind betreut und vollschichtig arbeitet, ggf. „überobligatorisch“ arbeitet. Im Einzelfall könnte ihm also nicht abverlangt werden, was er tatsächlich leistet. Das einzuordnen und entsprechend vorzubringen, bedarf allerdings vertiefter Kenntnisse im Unterhaltsrecht. Auch unter diesem Aspekt ist Elternunterhalt deshalb ein Bereich, in dem anwaltlicher Rat angebracht ist.

Quelle: BGH, Beschl. v. 15.02.2017 – XII ZB 201/16
Thema: Familienrecht

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