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Schlagwort: Kontrollblick

Betriebsgefahr des Fahrzeugs: Haftungsverteilung bei Kollision an einer Tankstellenausfahrt

Wenn man nur rechts abbiegen darf, ist es doch wohl logisch, dass man seinen Blick nach links richtet, bevor man sich in den Fließverkehr einfädelt. Wer sich da zusätzlich rechts neben einen einreiht, ist ja wohl selbst schuld, wenn er zu Schaden kommt, sobald man anfährt! Oder etwa nicht? Das Landgericht Wiesbaden (LG) musste in diesem Fall Recht sprechen – und man ahnt, dass es ganz so schlicht nicht urteilte.

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Zu spät reagiert? Bundesgerichtshof beschließt Beweislastumkehr bei Schwimmbadunfällen

Unfälle in Schwimmbädern sind deshalb so gemein, da sie häufig Kinder treffen. Nun dreht der Bundesgerichtshof (BGH) die Beweislastumkehr an einer wichtigen Stelle um.

Einem Bademeister in einem Naturbad mit trübem Wasser war aufgefallen, dass sich eine Boje abgesenkt hatte. Doch dann vergeudete er leider wichtige Zeit: Er befragte zunächst Kinder, ob sie die Befestigung verknotet hätten und schickte einen Jungen zur Boje, um nach der Ursache zu tauchen. Als auch das nichts brachte, ging der Bademeister eine Schwimmbrille holen und begab sich selbst ins Wasser. Dort fand er dann unter Wasser ein zwölfjähriges Mädchen. Das konnte zwar gerettet werden – jedoch nur noch mit den Folgen einer Schwerstbehinderung.

Die Eltern meinten nun, bei einem pflichtgemäßen Handeln des Schwimmmeisters hätte nach ein bis zwei Minuten auffallen müssen, dass die Boje abgesenkt war. Eine sofortige Rettung wäre möglich gewesen und die Schäden wären nicht eingetreten. Der BGH entschied daraufhin, dass die Schwimmaufsicht verpflichtet war, den Badebetrieb im Wasser fortlaufend zu beobachten und mit regelmäßigen Kontrollblicken daraufhin zu überwachen, ob Gefahrensituationen auftreten. Zu den Aufgaben der Aufsichtspersonen in einem Schwimmbad gehört es, in Notfällen für rasche und wirksame Hilfeleistung zu sorgen.

Hinweis: Ein wichtiges Urteil. Das behinderte Mädchen und ihre Eltern werden die Klage nun vermutlich gewinnen. Der BGH hat die Angelegenheit an die Vorinstanz zurückverwiesen, da das vorinstanzliche Gericht noch feststellen muss, ob die eingetretenen Hirnschäden des Mädchens vermieden worden wären, wäre ihre Rettung schneller erfolgt. Für den Fall, dass sich dies nicht beweisen lässt, geht das aber nicht zum Nachteil des Mädchens, sondern zum Nachteil des Schwimmbads. Bei grob fahrlässigen Pflichtverstößen des Aufsichtspersonals eines Schwimmbads gibt es nun nämlich eine Beweislastumkehr. Das heißt: Nicht die Schuld, sondern die Unschuld muss in einer solchen Ausnahme bewiesen werden.

Quelle: BGH, Urt. v. 23.11.2017 – III ZR 60/16

zum Thema: Sonstiges