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Schlagwort: LAG Hamburg

Ausgezwitschert: Der Betriebsrat hat bei der betrieblichen Twitternutzung ein Mitbestimmungsrecht

Nach der Facebookentscheidung steht nun fest, dass auch bei Twitter der Betriebsrat ein Wörtchen mitzureden hat.


Eine Arbeitgeberin betrieb Kinos. Der Gesamtbetriebsrat meinte nun, der Twitteraccount, der unternehmensübergreifend für den Kinobetrieb genutzt wurde, sei mitbestimmungspflichtig. Denn über Twitter können angemeldete Nutzer Kurznachrichten verbreiten. Die Tweets der Arbeitgeberin sind für jedermann sichtbar. Antworten von angemeldeten Nutzern auf Tweets der Arbeitgeberin sind für die Arbeitgeberin und, sofern es sich nicht um geschützte Antworten handelt, zumindest für alle Twitternutzer einsehbar. Die Arbeitgeberin kann die Antworten nicht eigenständig löschen. Ebenso kann die Antwortfunktion auch nicht deaktiviert werden.

Deshalb hatte der Betriebsrat auch einen Unterlassungsanspruch aus § 81 Abs. 1 Nr. 6 Betriebsverfassungsgesetz. Danach hat der Betriebsrat bei der Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen, mitzubestimmen. Das Mitbestimmungsrecht ist darauf gerichtet, Arbeitnehmer vor Beeinträchtigungen ihres Persönlichkeitsrechts durch den Einsatz technischer Überwachungseinrichtungen zu bewahren, die nicht durch schutzwerte Belange des Arbeitgebers gerechtfertigt und unverhältnismäßig sind. Eine tatsächliche Überwachungsabsicht des Arbeitgebers ist nicht erforderlich. Die Antwortfunktion bei Twitter ermöglicht es den Twitternutzern, auf die Tweets der Arbeitgeberin Antworten zum Verhalten und zur Leistung der Arbeitnehmer auf Twitter einzustellen. Je nach dem Inhalt der Antwort kann die Arbeitgeberin diese namentlich und situationsbedingt einem bestimmten Arbeitnehmer zuordnen und zur Verhaltens- und Leistungskontrolle verwenden.

Hinweis: Möchte der Arbeitgeber Social Media betreiben, und kann auf dem jeweiligen Portal die Leistung von Arbeitnehmern beurteilt und bewertet werden, wird dem Betriebsrat in aller Regel ein Mitbestimmungsrecht zustehen.

Quelle: LAG Hamburg, Beschl. v. 13.09.2018 – 2 TaBV 5/18

Thema: Arbeitsrecht

Gericht zieht Reißleine: Nach mehreren 100 Prozessen innerhalb von zehn Jahren ist für Querulantin Schluss

Der Weg zu den Gerichten steht allen Bürgerinnen und Bürgern offen, es sei denn, sie versuchen, die Justiz zu missbrauchen.

Eine Frau hatte sich auf eine Stelle als Softwareentwicklerin beworben und wurde abgelehnt. Daraufhin fühlte sie sich aus mehreren Gründen diskriminiert und machte Ansprüche auf Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz geltend. Sie fühlte sich diskriminiert wegen ihres Alters, ihres Geschlechts und ihrer Herkunft und verlangte 14.000 EUR. Das Problem des Falls: Zuvor hatte sie in den vergangenen zehn Jahren allein am Landesarbeitsgericht Hamburg einige 100 Verfahren geführt. Diese waren überwiegend aussichtslos. Sie hatte enorme Gerichts- und Anwaltskosten verursacht.

Nun hat das Landesarbeitsgericht die Reißleine gezogen. Abgesehen davon, dass die Frau für die Stelle objektiv gar nicht geeignet war, unterstellten die Richter eine Prozessunfähigkeit: Die Frau wurde als reine Querulantin eingestuft. Die Richter gingen von einer krankhaften Störung der Geistestätigkeit aus. Die Frau war absolut uneinsichtig und übertrug den Kampf gegen den ursprünglichen Gegner auf andere Menschen und andere Instanzen. Sie war auch nicht mehr in der Lage, die Behandlung der Ansprüche durch die Gerichte nachzuvollziehen. Das hatte auch in einem vorherigen Verfahren bereits ein Gutachter bestätigt.

Hinweis: Ein Querulant ist also prozessunfähig, wenn er unzählige aussichtslose Verfahren wegen vermeintlicher Diskriminierung führt und dabei absolut uneinsichtig ist.

Quelle: LAG Hamburg, Urt. v. 09.08.2017 – 3 Sa 50/16

Thema: Arbeitsrecht

Beharrlicher Minusstundenbestand: Besserungsrenitenten Arbeitnehmern droht die außerordentliche fristlose Kündigung

Ein interessantes Urteil für alle Arbeitnehmer und Arbeitgeber, die ein Arbeitszeitkonto führen.

Zwischen einem Arbeitnehmer und dessen Arbeitgeber gab es erhebliche Schwierigkeiten, die auch bereits zu einer Vielzahl von Abmahnungen geführt hatten. Nun tat sich ein neues Problem auf: Nach einer geltenden Dienstvereinbarung durfte der Arbeitnehmer maximal 20 Minusstunden auf seinem Arbeitszeitkonto aufweisen. Diese Grenze überschritt er jedoch um ein Vielfaches. Es gab mehrere Gespräche wegen der Überschreitungen und auch eine Vereinbarung – die Minusstunden abzubauen, interessierte den jedoch Arbeitnehmer wenig. Schließlich kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos.

 

Gegen die Kündigung zog der Arbeitnehmer vor Gericht – und verlor. Dem Gericht zufolge hatte er seine Arbeitsleistung nicht erbracht und seine Vertragspflichten in schwerwiegender Weise verletzt. Selbst eine Abmahnung war hier nicht erforderlich. Der Arbeitnehmer hatte bereits in der Vergangenheit gezeigt, dass er sich von Abmahnungen nicht positiv beeinflussen lässt.

Hinweis: Macht ein Arbeitnehmer in beharrlicher und schwerwiegender Weise permanent Minusstunden, kann eine fristlose Kündigung also gerechtfertigt sein. Arbeitnehmer sollten also aufpassen.

Quelle: LAG Hamburg, Urt. v. 02.11.2016 – 5 Sa 19/16

  Arbeitsrecht

Halber Urlaubstag: Weder Verweigerung noch Rechtsanspruch sind bislang höchstrichterlich geklärt

Bislang sieht die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) noch keine halben Urlaubstage vor. Das könnte sich aber ändern.

Der Arbeitnehmer des Falls wollte halbe Urlaubstage nehmen. Er war als Percussionist in Vollzeit eingestellt und arbeitete bei einem Musical mit. Das wurde regelmäßig einmal pro Tag gespielt, nur samstags und sonntags gab es zwei Vorstellungen. Nur bis Oktober 2012 hatte die Arbeitgeberin ihm halbe Urlaubstage an diesen Doppelshowtagen gewährt. Der 57-jährige schwerbehinderte Arbeitnehmer trug vor, dass ihn die Doppelshows erheblich belasteten. Dann klagte er jene halben Urlaubstage ein, die ihm seine Arbeitgeberin verweigert hatte.

Das Landesarbeitsgericht Hamburg gab der Klage statt. Die Arbeitgeberin durfte die Gewährung halber Urlaubstage nicht grundsätzlich verweigern. Das gilt allerdings nur, soweit das Bundesurlaubsgesetz die Gewährung von zusammenhängendem Urlaub nicht zwingend vorschreibt. Einem Anspruch des Arbeitnehmers auf Gewährung von Teilurlaubstagen stehen also grundsätzlich keine Rechtsgründe entgegen. Es muss nur feststehen, dass pro Kalenderjahr ein Teilurlaub in Form von zwölf aufeinanderfolgenden Werktagen gewährt wird. Ob auf die Erteilung von halben oder anderen Teilurlaubstagen ein tatsächlicher Rechtsanspruch besteht, ist allerdings höchstrichterlich noch nicht abschließend geklärt, da das Bundesarbeitsgericht diese Rechtsfrage noch nicht entschieden hat.

Hinweis: Halbe Urlaubstage gibt es in vielen Betrieben nicht. Das könnte sich allerdings ändern, sobald das BAG zu dieser Frage endgültig Stellung genommen hat.

Quelle: LAG Hamburg, Urt. v. 21.09.2015 – 8 Sa 46/14
Thema: Arbeitsrecht